In der Regierungskoalition zwischen CSU und Freien Wählern gibt es Zoff um die Reform des Bayerischen Jagdgesetzes. Besonders umstritten: der erleichterte Abschuss des Wolfes sowie Änderungen beim Abschuss von Rehwild. Nachdem jüngst ein Spitzentreffen mit Ministern, Verbandsfunktionären und Parteivertretern keine Einigung brachte, soll es weitere Gespräche geben. Was sind die strittigen Punkte? Ein Überblick.
Das Thema Jagd liegt in Bayern seit eineinhalb Jahren in der Zuständigkeit des Wirtschaftsministeriums, also bei Minister Hubert Aiwanger (Freie Wähler). Zuvor wurde es vom Landwirtschafts- und Forstministerium unter der Führung von Ministerin Michaela Kaniber (CSU) verantwortet. Die Staatsforsten allerdings sind im Wirtschaftsministerium angesiedelt. Allein in dieser Aufgabenverteilung sehen Beobachter Konfliktpotenzial.
Welchen Standpunkt vertreten die Ministerien?
Dem Wirtschaftsministerium zufolge ist beim Bayerischen Jagdgesetz der Reformbedarf groß. «Die Vorschläge dazu wurden dem Koalitionspartner CSU bereits vor über einem Jahr mitgeteilt, eine Zustimmung fehlt bis heute», sagt Aiwanger. Der Minister will zeitnah weitere Gespräche führen und geht von einer Lösung aus. Auch wenn - so sagt er - einige Akteure bei dem runden Tisch versucht hätten, «eine Einigung auf Reformen gezielt zu hintertreiben».
Gegenwind kommt aus dem Forstministerium: «In der derzeitigen Form ist der Gesetzentwurf nicht zustimmungsfähig, wie wir und nahezu alle beteiligten Verbände seit Monaten immer wieder betonen», teilt Kaniber mit. Der Runde Tisch am 20. Mai habe gezeigt, dass kein Punkt konsensfähig sei. «Ich gehe davon aus, dass das Wirtschaftsministerium die von den Verbänden und unserem Ministerium vorgebrachten Punkte ernst nimmt und die vielen Fragen nachbearbeitet und den Konsens sucht.»
In der Koalition – und zwar bei CSU und Freien Wählern – reiben sich manche die Augen, wie die Diskussion derart entgleisen konnte. Es sei ja beileibe kein Thema, das für die Menschen im Freistaat von entscheidender Bedeutung sei, heißt es. Vielleicht wäre es hilfreich gewesen, wenn Hubert Aiwanger schon die ersten Eckpunkte gemeinsam diskutiert hätte, hört man in beiden Fraktionen. Die Erwartungen sind jedenfalls groß, dass die Debatte in ruhigeres Fahrwasser kommt und es irgendwann eine Lösung gibt.
Nicht ausgeschlossen ist freilich auch, dass das Ganze am Schluss im Koalitionsausschuss oder zwischen Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und Aiwanger persönlich geklärt werden muss.
Streitpunkt 1: Abschuss von Rehwild
Ein Streitpunkt ist die behördliche Abschussplanung für Rehwild. Diese soll nach dem Willen Aiwangers - und auch des Bayerischen Jagdverbandes (BJV) - teilweise entfallen. Die Abschusspläne geben vor, wie viel Rehwild geschossen werden muss, um Wälder vor Wildverbiss zu schützen. Allerdings habe diese Maßnahme bisher nicht zu einer signifikanten Verbesserung beim Verbiss geführt, heißt es im Reformentwurf.
Aiwangers Vorschlag ist, dass alle Jagdgenossenschaften - so sie das wollen, in ihren Revieren künftig Rehwild ohne Abschussplan jagen dürfen. Jäger und Waldbesitzer sollen bei gemeinsamen Waldbegehungen vor Ort selbst über Handlungsbedarf entscheiden können. Die Zeit drängt, so der Minister: «Wir dürfen nicht weiter Zeit verlieren mit Diskussionen und Wortinterpretationen, sondern müssen Fakten schaffen.»
Naturverjüngungen und gesunde Wildbestände seien notwendig. «Dazu müssen die Wälder nach besserer Beratung besser durchforstet werden damit mehr Licht reinkommt für junge Bäume und die müssen dann durch richtige Bejagung vor zu viel Verbiss bewahrt werden. Das ist Ziel meiner Jagdgesetz-Änderung», sagt Aiwanger.
Das Forstministerium will an der Abschussplanung festhalten, weil sich Jäger sonst auch dort davon befreien könnten, «wo nachweislich zukunftsfähige Wälder in Gefahr sind». Ein zukunftsfähiges Jagdgesetz müsse in Zeiten der Klimakrise das Aufwachsen zukunftsfähiger Wälder sicherstellen, das Eigentum achten sowie den Arten- und Tierschutz verbessern, heißt es von Kaniber. «Der vorliegende Gesetzentwurf erfüllt diesen Anspruch nicht.»
Streitpunkt 2: Umgang mit dem Wolf
Zweiter Streitpunkt: Wolf und Goldschakal sollen aus dem Naturschutzgesetz ins Jagdrecht überführt werden. Ziel ist ein Bestandsmanagement, insbesondere des Wolfes. So sollen Weidetiere besser geschützt werden.
Das Wirtschaftsministerium moniert, dass die CSU eine Aufnahme des Wolfes ins Bayerische Jagdrecht ablehne. Die CSU wolle den Wolf in der Zuständigkeit des Naturschutzes belassen. Dann hätten Jäger in Bayern weiterhin weniger Möglichkeiten zur Bestandsregulierung, selbst wenn nun auf EU-Ebene der Schutzstatus für den Wolf abgesenkt werden würde.
Forst- und Landwirtschaftsministerin Kaniber fordert zwar grundsätzlich ebenfalls einen leichteren Abschuss beim Wolf. Mit Aiwangers Gesetzesentwurf ist sie aber nicht einverstanden: «Der Wolf gehört ins Jagdrecht, aber auf Bundesebene. Ich setzte mich seit Jahren für ein aktives Bestandsmanagement ein. Eine Regelung für ganz Deutschland spart Normen und Bürokratie und sorgt für Rechtsklarheit.» Der Bund wolle dem Koalitionsvertrag entsprechend den Wolf in das Bundesjagdgesetz aufnehmen. Zudem müsse in Deutschland der günstige Erhaltungszustand beim Wolf festgestellt werden.
Was sagen Jagdverband, Waldbesitzer und Bund Naturschutz?
Der Bayerische Jagdverband hält die Novelle des Jagdgesetzes für notwendig. Beim Wolf spricht sich BJV-Präsident Ernst Weidenbusch für die Aufnahme ins bayerische Jagdrecht aus. Er fürchtet bei der Aufnahme des Wolfes in das Jagdrecht in Berlin massive Verzögerungen bei der Umsetzung. «Wir würden uns deshalb wünschen, dass Bayern entschlossen handelt und den Wolf jetzt ins Jagdrecht aufnimmt.» Der BJV befürwortet die weitgehende Abschaffung der Abschusspläne und fordert parallel eine Anpassung des Bayerischen Waldgesetzes. Aus dem müsse der Passus «Wald vor Wild» gestrichen werden.
Mehr Eigenverantwortung und Handlungsspielraum beim Rehwild-Abschuss für Jäger und Grundbesitzer fordert auch der Bayerische Waldbesitzerverband. Der will aber am Grundsatz «Wald vor Wild» festhalten und hält eine Verlängerung der Jagdzeiten auf Schalenwild (unter anderem Rehwild) für erforderlich, die der Jagdverband wiederum ablehnt.
Der Bund Naturschutz hält den Gesetzentwurf teils für rechtswidrig. Es handele sich um einen «Generalangriff auf streng geschützte Arten», und zwar über den Wolf hinaus. Und eine Aufnahme des Wolfes ins Jagdrecht sei nicht nötig, weil der Wolf in Ausnahmefällen bereits jetzt geschossen werden darf. Der BN fürchtet, dass durch die Bejagung des Wolfes die Zahl der Nutztier-Risse gar ansteigen könnte - weil möglicherweise weniger andere Maßnahmen zum Herdenschutz ergriffen würden. Das Aus für die bisherige Abschussplanung lehnt der BN mit Blick auf den Erhalt klimaresilienter Wälder ab.
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