Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Würzburg
Icon Pfeil nach unten
Stadt Würzburg
Icon Pfeil nach unten

Würzburg: Die wunderbare Ästhetik des Verfalls

Würzburg

Die wunderbare Ästhetik des Verfalls

    • |
    • |
    • |
    "Die Große Fülle" ist erstmals in der Öffentlichkeit zu sehen. Links die Künstlerin Ute Rakob, rechts Museumskurator Michael Koller.
    "Die Große Fülle" ist erstmals in der Öffentlichkeit zu sehen. Links die Künstlerin Ute Rakob, rechts Museumskurator Michael Koller. Foto: Kerstin Schmeiser-Weiß
    Einen Sonderplatz im "Labor" hat das Werk "Die Große Wunde". Im Hintergrund läuft das dazugehörige Video, das erstmals öffentlich gezeigt wird.
    Einen Sonderplatz im "Labor" hat das Werk "Die Große Wunde". Im Hintergrund läuft das dazugehörige Video, das erstmals öffentlich gezeigt wird. Foto: Kerstin Schmeiser-Weiß

    Ute Rakob setzt den Bleistift an und schreibt in klarer, schnörkelloser Schrift das Wort „Nachmittag“ direkt auf die weiße Wand. Durch die großen Fenster scheint die Sonne auf vier Bilder, die wie ein farbiges Fries nebeneinander im Museum am Dom (MAD) in Würzburg hängen und exakt das gleiche Motiv zeigen: bunte Fragmente und Scherben auf schwarzem Grund. Darüber die Worte Morgen, Mittag, Nachmittag und Abend. „Der einzige Unterschied ist der Lichteinfall“, erklärt die Künstlerin und deutet mit der Hand das Wandern der Sonnenstrahlen an. In der Ausstellung „Ute Rakob. Spuren der Zeit“, die bis 14. September 2025 zu sehen ist, gehen ihre Bilder ein Zwiegespräch mit den Werken der Dauerausstellung ein, schreiben die Veranstalter in ihrer Ankündigung. Für Dr. Jürgen Emmert, Leiter der Abteilung Kunst, ist die Ausstellung ein doppelter Glücksfall, denn Rakob hat 37 ihrer Arbeiten der Stiftung Kunstsammlung der Diözese Würzburg geschenkt.

    Sie male „den Vergang, in ihm die Momente von Schönheit“, sagt Rakob selbst über ihre Kunst. In ihrer Arbeit „Die Große Fülle“, die den Beginn der Ausstellung markiert und erstmals in der Öffentlichkeit zu sehen ist, scheint ein duftiges weißes Tuch auf dem Boden zu liegen. Aus der Nähe sieht man, dass es teilweise mit Erde bedeckt ist und schon länger liegen muss. Doch die Ästhetik täuscht. „Da lag diese Plastikfolie“, erzählt Rakob. Bei ihrem Anblick sei ihr der Gedanke gekommen: „Die Welt ist rund, und sie ist voller Plastik.“ Plastik, das die Landschaft und die Meere vermüllt. In Rakobs Werk verbinde sich die der Aspekt der Zerstörung mit einer „wunderbaren Ästhetik“, und das mache die Ausstellung gerade für ein kirchliches Museum besonders, sagt Museumskurator Michael Koller laut Mitteilung.. Er ist seit 2009, als Rakob zum ersten Mal im Museum am Dom ausstellte, mit der Künstlerin in freundschaftlichem Kontakt. Wenn er über ihre Werke spricht, fallen häufig die Worte „Ästhetik“, „Magie“ und „Schönheit“.

    Vögel sind ein auch häufiges Motiv. „Ich habe schon als Kind Vögel gezeichnet“, erzählt Rakob. In der Sonderausstellung sind immer wieder Vögel zu finden, etwa als Vogelpärchen wie „Brecht’s Vögel“ oder als Zeichnungen von „Vogelschwingen“. Doch Fliegen bedeutet nicht nur Freiheit, sondern auch Risiko. „Nikes Schwinge“, inspiriert von einem Stück Blech mit Brand-, Schnitt- und Altersspuren, gefunden in einer Ruine in Italien, zeigt den abgeknickten Flügel der griechischen Göttin. Koller hat es in Nachbarschaft zu „Der Tod des Ikarus“ von Bernhard Heisig platziert. In zufälligen Fundstücken, in Abfall, der am Wegesrand liegt, entdecke Rakob Verletzlichkeit und Zerfall, Bedrohung und Zerstörung von Schöpfung, aber auch Magie und Schönheit, ist im Folder zur Ausstellung zu lesen.

    Einen Sonderplatz im „Labor“ des Museums hat Rakobs wohl wichtigste Arbeit: „Die Große Wunde“ –ursprünglich ein Tuch, das zu vielen unterschiedlichen Schattierungen von Rot verblichen ist. „Es war ein Fundstück aus Italien, ein rotes Häufchen am Wegesrand, das ich geschüttelt und mitgenommen habe“, erzählt sie. Erstmals ist das dazugehörige Video mit dem Titel „Werden und Vergehen“ zu sehen, das sie zusammen mit Sebastian Fröhlich entwickelt hat. Knapp sechs Minuten kann man dabei zusehen, wie aus Zeichnungen ihr Hauptwerk entsteht, langsam farbig wird und wieder vergeht – so wie auch das echte Tuch immer weiter ausbleiche. Am Ende „soll sich alles in Licht auflösen“, sagt sie.

    Die „KunstKantine“ am Dienstag, 8. Juli, um 12.30 Uhr steht unter der Überschrift „Schönheit im Verfall“. Museumskurator Michael Koller führt Interessierte durch die Sonderausstellung „Ute Rakob. Spuren der Zeit“. Die Führung dauert rund eine halbe Stunde. In der Reihe MAD_Senior*in führt Koller am Mittwoch, 16. Juli, um 15 Uhr durch die Sonderausstellung. Die rund einstündige Führung hat den Titel „Ich male den Vergang. In ihm die Momente von Schönheit“. Die Sonderausstellung endet am Sonntag, 14. September, um 14 Uhr mit einer Finissage mit Kunstgespräch. Sie steht unter dem Motto „Näher dran geht nicht“. Interessierte können sich in ungezwungener Atmosphäre mit Ute Rakob über ihre Kunst austauschen. Michael Koller moderiert die Veranstaltung. (afk)

    Hinweis: Die Sonderausstellung ist bis zum 14. September 2025 dienstags bis sonntags von 12 Uhr bis 17 Uhr zu sehen. Ein Folder mit Informationen zu Ute Rakob und ihrer Kunst, farbigen Abbildungen sowie einer Liste der Begleitveranstaltungen liegt kostenlos am Empfang des Museums aus. Weitere Informationen sowie Eintrittspreise gibt es im Internet unter www.museum-am-dom.de.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare

    Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.

    Registrieren sie sich

    Sie haben ein Konto? Hier anmelden