Gute Kontakte zu einem Kokain-Händler in Amsterdam hatte ein 29 Jahre alter Würzburger Dealer, zu dessen Kundschaft Kreise der Münchner Schickeria ebenso wie Konsumenten im Großraum Würzburg gehörten. Eine Große Strafkammer des Landgerichts Würzburg hat den selbst drogenabhängigen nigerianischen Staatsangehörigen nun wegen drei Drogengeschäften, jeweils Einfuhr von und Handel mit Kokain, zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt und ihn zur Therapie in eine Entziehungseinrichtung geschickt.
Besonders übel nahm das Gericht dem Mann, dass er bei seinen letzten drei Geschäften, bei denen er je um die 200 Gramm Kokain verkaufte, einen für ihn arbeitenden Kurier in Lebensgefahr brachte. Der Landsmann hatte dabei das in sogenannte Bodypacks – das sind speichel- und magensaftresistente, kondomähnliche Kunststoff-Fingerlinge – verpackte Kokain beim Lieferanten in Amsterdam geschluckt, so viele wie ihm möglich. Nach seiner Ankunft in Würzburg musste der Kurier in einer vom Angeklagten speziell für seine Rauschgiftgeschäfte angemieteten Wohnung ein Vollbad nehmen und durfte die Badewanne erst verlassen, als er „leer“ war. Zum Zeitpunkt seiner Abfahrt in Amsterdam war der Kunde in Würzburg darüber informiert worden, wie viele Fingerlinge der Kurier diesmal geschluckt hatte. In einem Fall waren es laut Gericht 30 Beutel zu je zehn Gramm. Der Lohn für die Kurierfahrt habe 500 Euro plus Spesen betragen.
Job in einer Druckerei
Für seine Drogengeschäfte war der angeklagte Afrikaner gut getarnt: Er hatte einen Job in einer Druckerei und fiel dort nur angenehm auf. Jahre zuvor war er bereits in Norwegen zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden, als er von Würzburg aus Kokain nach Skandinavien lieferte. Die Verurteilung habe den Mann allerdings wenig beeindruckt, so das Gericht. In sein Urteil bezog es jetzt eine frühere Freiheitsstrafe mit ein.
Der Vorsitzende Richter Hans Brückner betonte, dass die von der Staatsanwaltschaft angedachte Freiheitsstrafe im zweistelligen Jahresbereich ohne ein Geständnis des Angeklagten durchaus realistisch gewesen wäre. Dass der 29-Jährige die umfangreichen Geschäfte mit Amsterdam zugegeben hat, habe die Beweisaufnahme erheblich beschleunigt. So kam auch zur Sprache, dass der Mann und andere Dealer bei früheren Geschäften noch eine nur 1,40 Meter große, 56 Jahre alte Frau aus Ghana für den Transport des Kokains von Amsterdam nach Würzburg eingesetzt hatte – in der Annahme, Rauschgiftfahnder würden sich für die zierliche ältere Frau nicht interessieren. Die 56-Jährige konnte oder wollte jedoch die Bodypacks beim Lieferanten in Holland nicht schlucken, trug die Lieferungen deswegen am Körper und flog damit bei einer Kontrolle am Frankfurter Hauptbahnhof auf. Sie und der andere Kurier sind bereits zu Freiheitsstrafen zwischen drei und vier Jahren verurteilt worden.
Wegen der großen Mengen an Kokain, die die Afrikaner in der Münchner Schickeria absetzten, war in diesem Fall das Bayerische Landeskriminalamt für die Ermittlungen zuständig gewesen. Bei der Telefonüberwachung der Dealer waren sie auf die Würzburger Nummer des Angeklagten gestoßen. Er soll mindestens einmal pro Woche in München gewesen sein. Am Telefon hatten er und die anderen Dealer Code-Worte für die Bestellungen verwendet. War etwa die Rede von „vier Kindern“ oder „vier Minuten“, so bedeutete das 40 Gramm Kokain, sprachen sie von „fünf Freunden“, meinten sie 50 Gramm.