„Seid laut!“ heißt das neue Buch des Würzburger Studentenpfarrers Burkhard Hose, in dem er für ein politisch engagiertes Christentum eintritt. Über das Buch und sein Engagement sprachen mit ihm am Donnerstag in der Aula des Friedrich-List-Gymnasiums (FLG) vor einem rund 90-köpfigen Publikum, das vorwiegend aus Schülern und Lehrern bestand, Paula Greb und Katharina Scheblein. Die beiden Q12-Schülerinnen gehören dem „Klub Rassismus ablehnender Schülerschaft“ (KRASS) des Gymnasiums an, der in diesem Jahr den Würzburger Friedenspreis erhielt; Hose bekam den Preis im Jahr 2014.
Gespräche mit Zeitzeugen, mit Juden, die die NS-Diktatur überlebt hätten, seien für ihn eine wichtige Motivation gewesen, das Buch zu schreiben, sagte Hose. In Würzburg seien damals Menschen vor aller Augen deportiert worden, mitten durch die Stadt; auch die christlichen Kirchen hätten dazu zu lange geschwiegen.
Und wie politisch darf ein Pfarrer sein? Laut Hose, der eigenen Angaben zufolge einige Jahre im Vorstand der Würzburger Grünen aktiv war, darf man in einer solchen Position kein politisches Mandat übernehmen. Dennoch sagte er: „Zu politisch gibt's für mich eigentlich nicht.“
Nach Hoses Einschätzung gibt es kein unpolitisches Verhalten. Selbst wenn man den Mund halte oder wegsehe, was viele in den letzten Jahren getan hätten, habe dies politische Folgen. Beispielsweise die, dass man jetzt merke, dass Demokratie nicht selbstverständlich sei.
Kreuzpflicht empfindet er als „Heuchelei“
Der „Neuen Rechten“ und deren Betonung des Nationalen stellte Hose das Christentum gegenüber, dessen Anspruch „immer ein universaler“ sei. Damit eckt er bei dem einen oder anderen an: An seinem diesjährigen Geburtstag habe ihm ein anonymer Anrufer vorgehalten, er sei „eine Schande für Deutschland“.
Dass der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) das Anbringen von Kreuzen in staatlichen Behörden angeordnet hat, habe ihn „negativ berührt“, bekannte Hose. Deshalb habe er Söder in einem Brief mitgeteilt, dass er dies als Heuchelei empfinde und ihn gebeten, den Missbrauch des Christlichen zu unterlassen und auf die Abschiebungen von Menschen nach Afghanistan zu verzichten.
Das Kreuz, dem Jesus zum Opfer geworden sei, sei ehemals Symbol der Macht gewesen, so Hose. Mit dem Glauben an die Auferstehung Jesu sei es aber zu einem Hoffnungszeichen geworden, zu einem Symbol der Solidarität mit den Schwachen. Söder jedoch habe das Kreuz aus einer Position der Macht heraus benutzt; dadurch sei es zu einem Zeichen der Ausgrenzung geworden.
Solidarität und Mitmenschlichkeit
Vor dem Hintergrund, dass Menschen auf der Flucht immer skeptischer beobachtet würden, habe er mit seinem Buch einen positiven Beitrag zum Zusammenleben in der Welt bringen wollen, erläuterte Hose. Jesus habe Reichtum kritisiert, sein Evangelium sei nicht konservativ und brav, sondern stehe für Solidarität und Mitmenschlichkeit. Und genau das stehe auf dem Spiel, wenn man darüber diskutiere, ob man Menschen im Mittelmeer ertrinken lassen solle.
Er setze sich in seinem Buch dafür ein, die prophetische Tradition im Christentum wiederzubeleben, so Hose. Die Propheten waren seinen Worten zufolge „sehr wache und aufmerksame Zeitgenossen, die nicht weggeschaut haben“, die gegen oberflächliche Religiosität gewesen seien. Es gehe um mehr Gerechtigkeit in der Welt und das Bewusstsein, „dass wir von Dingen leben, die andere Menschen nicht haben“.
Keine Überschneidung von Religion und Politik
Momente seines Lebens, die er nachklingen lasse – beispielsweise Begegnungen mit Geflüchteten – seien für ihn Quelle der Inspiration, machte Hose deutlich. Eine der christlichsten Aussagen sei für ihn der Satz „Die Würde des Menschen ist unantastbar“, festgeschrieben in Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland.
Allerdings sollte es seiner Ansicht nach keine institutionelle Überschneidung von Politik und Religion geben. Seine Botschaft sei, dass christliche Werte einen positiven Beitrag zur Gesellschaft leisten könnten. Wenn das Christentum jedoch instrumentalisiert werde, werde es problematisch.
Die Kirche hat nach Hoses Einschätzung ein Demokratiedefizit und verhalte sich teilweise diskriminierend, beispielsweise mit dem Zölibat. Solche Verhaltensweisen müssten überwunden werden. Es sei an der Zeit, den Klerikalismus zu bekämpfen.