Oberbürgermeister Christian Schuchardt zeigt sich besorgt wegen der Jagd auf homo-, bi- und transsexuelle Menschen in Tansania. Seinem Amtskollegen in Würzburgs tansanischer Partnerstadt Mwana, James Bwire, hat er jetzt geschrieben, das Festhalten an fundamentalen Menschenrechten sei die Grundlage für den Austausch zwischen den Partnerstädten.
Britische Medien wie Independent und Guardian berichten, in Tansania werde die gleichgeschlechtliche Liebe als Verstoß "gegen die Ordnung der Natur" mit bis zu 30 Jahren Haft geahndet. Laut Amnesty International hat das tansanische Gesundheitsministerium die Aids-Beratung für Homosexuelle unter Strafe gestellt. 2017 berichtete unter anderem die kenianische CapitalNews über die Ankündigung von Tansanias Präsidenten John Magufuli, Menschen und Nichtregierungsorganisationen zu bestrafen, wenn sie für die Rechte Homosexueller eintreten, selbst wenn das bedeute, dass Tansania, eines der ärmsten Länder der Welt, seine Unterstützung aus dem Ausland verliere.
Bürger sollen Schwule und Lesben melden
Trotzdem schreibt der OB in seinem Brief, bislang sei ein "friedliches Zusammenleben" möglich gewesen. Sein Pressesprecher Georg Wagenbrenner erklärt das mit diplomatischen Notwendigkeiten.
Seit drei Wochen eskaliert der Gouverneur der Region Dar es Salam, Paul Makonda, die bedrohliche Lage weiter. Er fordert die Bürger auf, Schwule und Lesben zu melden, und schickt Spezialeinheiten aus, sie zu jagen. Die Europäische Union hat deshalb ihren Vertreter aus Tansania zurückgerufen, wegen der, so begründete sie, "Verschlechterung der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit".
Schuchardts Appell an OB von Mwanza
Schuchardt appelliert an Mwanzas OB und John Paul Wanga, den Gouverneur der Region Ilemena, zu der Mwanza gehört, nicht die LGBT-Menschen zu bekämpfen, sondern die Ursachen des Hasses gegen sie. Würzburger und Deutsche, unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung, seien irritiert und besorgt wegen der Jagd auf LGBT-Menschen (von "Lesbian, Gay, Bi- and Transsexuals"). Tansania dürfe das nicht unterschätzen.
Der OB empfiehlt den Menschen in Mwanza/Ilemela, dem Präsidenten zu folgen, der sich von der Hatz distanziert habe, und bittet sie, ein friedliches und tolerantes Miteinander zu pflegen. Magufuli allerdings nahm nichts zurück. Lediglich das tansanische Außenministerium versuchte zu relativieren. Auch diese Wendung begründet Wagenbrenner mit Diplomatie.
Menschenrechte sind keine innere Angelegenheit
Schuchardt bittet um Verzeihung für seine Einmischung, "aber Menschenrechte", so schreibt er, "sind keine innere Angelegenheit". Sein tiefster Wunsch sei, dass kein Schatten falle auf die 52 Jahre alte Städtepartnerschaft. Sein Engagement für LGBT-Menschen Schuchardt ist nicht neu. So kritisierte er 2016 in einer Rede zum Christopher Street Day (CSD), dem schwul-lesbischen Politfest, das freien Bekennen zur eigenen Sexualität sei hierzulande "alles andere als selbstverständlich", und forderte "Toleranz, Respekt, Verständnis und Akzeptanz für unterschiedliche Lebensentwürfe" in Deutschland.