Glückskekse liegen auf den Tischen. Keine trockenen, sondern richtig saftig sollen sie sein, erzählt die Tischnachbarin, die gleich drei davon im Laufe eines langen Abends verspeist. Vielleicht auch wegen der Botschaften, die sich darin verbergen. Denn bei der CSU, die in Gelchsheim einen neuen Kreisvorstand wählen will, gibt es nicht die üblichen Sprüche wie beim Asiaten. Es sind tiefgehende Weisheiten zu Europa, die im gebackenen Teig darauf warten, gelesen und verstanden zu werden. Beispielsweise: "Europa ist nicht nur eine Institution, sondern ein Lebensgefühl." Christian Doleschal soll diese Weisheit von sich gegeben haben. "Christian, wer?", fragen sich die eingefleischten CSU-Mitglieder am Tisch und bemühen die Internetsuche ihres Smartphones. Das Ergebnis: Doleschal ist ein CSU-Politiker aus der Oberpfalz und dort Spitzenkandidat für die Europawahl.
Grüne Stimmzettel im schwarzen Gau
Während die Oberpfalz bei der vergangenen Landtagswahl eher ein durchschnittliches CSU-Ergebnis zwischen 38 und 45 Prozent einfuhr, ist die Welt in Gelchsheim, im "Herzen des Ochsenfurter Gaus" (Bürgermeister Hermann Geßner), noch in Ordnung. "Der Gau ist schwarz und war immer schon schwarz geprägt", sagt Geßner zu den 189 Delegierten. Und recht hat er. 53,6 Prozent der Wählerstimmen hatte die CSU hier bei der Landtagswahl im Oktober 2018 bekommen - bayernweit kam die Partei auf 36,7 Prozent.
Passender könnte der Ort für eine CSU-Kreisvertreterversammlung also nicht gewählt werden. Nur die grünen Stimmkarten auf den Tischen irritieren zunächst und sorgen bei dem einen oder anderen für ein leichtes Schmunzeln, die Delegierten gewöhnen sich aber schnell daran. Müssen sie auch, denn in Gelchsheim steht ihnen ein Wahlmarathon bevor.
Wie geht die politische Karriere für Thomas Eberth weiter?
Zuerst geht es um den Kreisvorsitzenden. Thomas Eberth hat 2015 mit 39 Jahren das Amt von Eberhard Nuß übernommen. 98,1 Prozent der Stimmen bekam er damals in Eibelstadt, zwei Jahre später in Rimpar bekam er 100 Prozent. Und in Gelchsheim? Wird Eberth, der keinen Gegenkandidaten hat, wieder ein Traumergebnis einfahren? Als Wahlleiter Waldemar Brohm das Ergebnis verkündet, reißt Eberth die Arme hoch. 187 Delegierte hatten einen Stimmzettel abgegeben, für den 43-Jährigen stimmten 177, also 94,7 Prozent. Eberth ist mit dem Ergebnis "sehr zufrieden", sagt er. "Der Rückhalt bei den Funktionsträgern ist da – und das stärkt mir den Rücken", kommentiert er.
"Ich bin kein junger Marschierer mehr, aber auch kein Auslaufmodell."
Manfred Ländner, CSU-Landtagsabgeordneter
Wie es mit seiner Karriere jetzt weitergehen wird, ließ er aber unkommentiert. Eberth wird nicht nur innerhalb der CSU als Nachfolger von Landrat Eberhard Nuß gehandelt, der bei der Kommunalwahl am 15. März 2020 nicht mehr antritt. "Am 1. Juli gibt es eine Ortsvorsitzenden-Konferenz, danach gibt es Namen", sagt Eberth und bleibt im Ungefähren. Am 26. Juli ist dann die Nominierung des Landrats-Kandidaten. "Das ist wie beim Klöß'-Essen, einer nach dem anderen."

Während Thomas Eberth noch ein "junger Marschierer" ist, möchte Manfred Ländner, im vergangenem Jahr 60 geworden, das nicht mehr von sich behaupten. "Aber ich bin auch kein Auslaufmodell", sagt er. Ländner will loslassen und nach 28 Jahren im Amt nicht mehr als stellvertretender Kreisvorsitzenden kandidieren. "Ich will aber auch nicht still sein", sagt er und spricht eine halbe Stunde später deutliche Worte zur Umweltpolitik der Grünen.
Verjüngungskur für die Landkreis-CSU
Zu Eberths Stellvertretern werden Waldemar Brohm (93,7 Prozent), Martina Schmidt (93,1 Prozent), Marc Zenner (88,9 Prozent) und Martin Umscheid (85,2 Prozent) gewählt. Robert Wild bleibt Schatzmeister. Birgit Börger und Heiko Lörner werden als Schriftführer bestätigt. Beisitzer im Kreisvorstand sind: Björn Jungbauer, Rosi Schraud, Karoline Wallrapp, Martina Wild, Verena Wagner, Paul Lehrieder, Christiane Blasczyk, Antia Feuerbach, Thomas Haaf, Erni Aumüller, Heiko Menig, Stephan Haas, Karl Hügelschäffer und Roman Menth.

Sieben Frauen, sieben Männer als Beisitzer - das dürfte den wiedergewählten Kreisvorsitzenden freuen. Denn Eberth möchte mehr Frauen in Parteiämter und Mandate bringen und die CSU im Landkreis breiter aufstellen. Auch die "Überalterung" bereite ihm Sorge. 252 der 1897 Mitglieder sind über 80 Jahre, 80 Prozent aller Mitglieder sind männlich, 19 Prozent weiblich. Das Durchschnittsalter liegt bei 61,4 Jahren. "Wir müssen den Menschen erklären, dass sich Politik nicht von alleine macht", sagt Ebert auch im Hinblick auf die anstehenden Kommunalwahlen im März. Allein dafür muss die CSU rund 1100 Menschen finden, die bereit sind auf den unterschiedlichen Listen zu kandidieren. "Das wird nun die große Aufgabe des Kreisvorstandes ein." Aber dazu fand sich keine Weisheit in den Glückskeksen.