Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Schweinfurt
Icon Pfeil nach unten
Gerolzhofen
Icon Pfeil nach unten

Gerolzhofen: Als Klosterschwestern noch zum Gerolzhöfer Stadtbild gehörten

Gerolzhofen

Als Klosterschwestern noch zum Gerolzhöfer Stadtbild gehörten

    • |
    • |
    Ein Überbleibsel der Zeit, als Klosterschwestern in Gerolzhofen noch zum Stadtbild gehörten: Diese Madonna aus der ehemaligen Schwesternstation im Kindergarten wurde nun dem Stadtmuseum geschenkt.
    Ein Überbleibsel der Zeit, als Klosterschwestern in Gerolzhofen noch zum Stadtbild gehörten: Diese Madonna aus der ehemaligen Schwesternstation im Kindergarten wurde nun dem Stadtmuseum geschenkt. Foto: Klaus Vogt

    Sie ist ein besonderes Erinnerungsstück an eine längst vergangene Zeit, als in Gerolzhofen noch Nonnen in der Kinder- und Krankenpflege tätig waren: Eine Madonna, die einst im Gebetsraum der Erlöserschwestern im Kindergarten an der Grabenstraße stand. Jetzt wurde das bestens erhaltene Kunstwerk aus Gips von privater Hand dem Stadtmuseum Gerolzhofen geschenkt. Die Schwestern hatten die Madonna, als sie die Stadt verließen, aus Verbundenheit einer alteingesessenen Familie überlassen.

    Erik Soder von Güldenstubbe, ehemaliger Archivar der Diözese Würzburg, hat sich im Rahmen seiner Dissertation über die "Schwestern des Erlösers" in Würzburg auch mit dem Engagement der Nonnen in der Stadt Gerolzhofen beschäftigt. Fast ein Jahrhundert lang wirkten die Schwestern aus dem Würzburger Mutterhaus in einer ganzen Reihe von sozial-caritativen Einrichtungen innerhalb der Stadt, hat Soder von Güldenstubbe recherchiert. Ihre Leistungen sind kaum in Worte zu fassen.

    Im Dienstbotenspital

    Die erste Station der "Töchter vom heiligsten Erlöser" in Gerolzhofen mit eigener Oberin entstand bereits im Jahr 1875 im so genannten "Pfründner- und Dienstbotenspital", einem Krankenhaus und Altenheim im von Fürstbischof Julius Echter errichteten Bürgerspital neben der Spitalkirche, dort, wo heute die Stadtbibliothek und das Stadtarchiv untergebracht sind. 1897 waren hier zehn Männer und sechs Frauen als Pfründner untergebracht. Meist waren es alleinstehende "Dienstboten", also ehemalige Knechte und Mägde, die wegen Krankheit oder Alter nicht mehr arbeiten konnten und so die Höfe ihrer früheren Arbeitgeber verlassen mussten. Auch arme Kranke wurden zu einem Pflegesatz von 70 Pfennig pro Tag im Spital aufgenommen. 

    Erlöserschwestern pflegten im Pfründnerspital arme und kranke Dienstboten, ehemalige Mägde und Knechte.
    Erlöserschwestern pflegten im Pfründnerspital arme und kranke Dienstboten, ehemalige Mägde und Knechte. Foto: Stadtarchiv Gerolzhofen

    Am 1. Oktober 1956 musste wegen steigendem Schwestermangel die Filiale im Pfründnerspital aufgegeben werden. Der damalige Bürgermeister Franz Kreppel schrieb an die Kongregation: "Es drängt mich, Ihnen im Namen der ganzen Stadt Gerolzhofen recht herzlich zu danken für die jahrzehntelange aufopfernde Tätigkeit in unserem Bürgerspital. Für die Stadt Gerolzhofen ist die Auflösung dieser Schwesternniederlassung ein schwerer Schlag, zumal das Bürgerspital mit weltlichen Kräften kaum durchzuhalten sein dürfte."  

    Im Distriktskrankenhaus

    Eine weitere Station der Erlöserschwestern mit einer eigenen Oberin wurde im Distriktskrankenhaus, der heutigen Geomed-Kreisklinik, ab dem 16. Januar 1881 mit fünf Nonnen betrieben. Zu ihren Aufgaben zählte das Führen des gesamten Haushalts der Klinik und die Pflege der Kranken. In dem Ursprungsbau mit seinen 44 Räumen standen 30 Betten zur Verfügung. Im Jahr 1895 beispielsweise wurden von den Nonnen gegen Zahlung eines Pflegesatzes 220 kranke Personen versorgt, hinzukamen weitere 160 Männer und Frauen, die wegen Armut sogar unentgeltlich gepflegt wurden. Zum 1. April 1954 zog sich der Orden – ebenfalls wegen Schwesternmangels – aus dem Gerolzhöfer Krankenhaus zurück.

    Im Armenhaus

    Das dritte soziale Betätigungsfeld der "Schwestern des Erlösers" mit eigener Oberin war von 1898 bis 1927 im so genannten Armenhaus in der Steingrabenstraße. 1927 wurde die Station wegen der schwachen Belegung des Armenhauses aufgehoben.

    Ambulante Krankenpflege

    Zusätzlich übernahmen Nonnen von 1905 bis 1972 die häusliche ambulante Krankenpflege in der Stadt. Seit dem Jahr 1910 gibt es dazu eine eigene, vierte Station der Erlöserschwestern in der Häfnergasse. Das Haus gehörte dem Gerolzhöfer Verein für ambulante Krankenpflege. Drei Nonnen besorgten die Pflege. Die überlieferte Bilanz beispielsweise für das Jahr 1930 ist beeindruckend: Die Schwestern versorgten 578 kranke Personen, leisteten 96 Tagespflegen, hielten 227 Nachtwachen bei Schwerkranken und absolvierten 5247 Krankenbesuche mit Dienstleistungen. Am 15. Mai 1972 wurde diese Station aufgehoben.

    In der Landwirtschaftsschule

    Und schließlich führten Ordensfrauen von 1928 bis 1936 auch noch den Haushalt der Landwirtschaftsschule und des dazugehörigen Schülerheims in Gerolzhofen. Diese fünfte Station wurde am 31. März 1936 aufgelöst, nachdem unter den Nazis der so genannte Reichsnährstand das Eigentum an der Landwirtschaftsschule übernahm und die Ordensfrauen weichen mussten. 

    Erlöserschwestern  übernahmen im Gerolzhöfer Kindergarten, hier ein historisches Bild auf der Treppe vor dem Eingang, über Jahrzehnte die Betreuung der Buben und Mädchen.
    Erlöserschwestern  übernahmen im Gerolzhöfer Kindergarten, hier ein historisches Bild auf der Treppe vor dem Eingang, über Jahrzehnte die Betreuung der Buben und Mädchen. Foto: Stadtarchiv Gerolzhofen

    Im Kindergarten

    Die Tätigkeit der Erlöserschwestern, die bei der breiten Bevölkerung sicherlich noch am besten im Gedächtnis ist, ist ihr Einsatz im Kindergarten. Anno 1880 wurde diese (sechste) Schwesternstation in Gerolzhofen gegründet, und zwar in der "Kinderbewahranstalt" an der Grabenstraße, die später dann in "Kindergarten" umgetauft wurde. Aufgelöst wurde die Station im Kindergarten erst am 31. Juli 1971.

    In den Archiven lassen sich die Namen der Schwestern recherchieren, die in den letzten Jahrzehnten bis zur Schließung in Gerolzhofen im Kindergarten gewirkt haben: Sr. M. Syra Schorr (1945 - 1951),  Sr. M. Liebgardis Krug (1951 -1 955), Sr. M. Ledreda Friedel (1952 - 1953), Sr. M. Lidwina Fuchsberger (1954), Nähschwester Sr. M. Afra Karpf (1954 - 1970), Sr. M. Adelinde Oppelt (1955 - 1956), Sr. M. Alinda Schüßler (1956 - 1957), Sr. M. Helmtrud Betz (1957 - 1958), Sr. M. Trudwina Fasel (1958 - 1962), Nähschwester Sr. M.Genersosa Kaiser (1960 - 1962), Handarbeitslehrerin Sr. M. Calinica Popp (1950 - 1971) und die auch jüngeren Generationen noch gut bekannte Kindergärtnerin Sr. M. Renate Schmachtenberger (1962 - 1971).

    Die Schwestern des Kindergartens hatten ihre Privaträume im Dachgeschoss des Gebäudes. Von dort gelangten sie in ein kleines Zimmer im Eckturm des Kindergartens, wo sie einen Gebets- und Andachtsraum eingerichtet hatten. In diesem Raum stand die Madonna, die jetzt dem Stadtmuseum überlassen wurde. Bei der Auflösung der Schwesternstation kam die Figur in Privatbesitz.

    In der Handarbeitsschule

    Am Kindergarten angegliedert war von 1895 bis 1945 auch eine Handarbeitsschule, wo jeweils ein Jahr dauernde halbtägige Kurse für Mädchen ab dem 15. Lebensjahr angeboten wurden. Zwei geprüfte Handarbeitslehrerinnen der Erlöserschwestern waren hier tätig. Pro Kurs, der in einem Zimmer im Dachgeschoss des Kindergartens stattfand, nahmen durchschnittlich 24 Frauen und Mädchen teil. In der Nazi-Zeit wurde der Unterricht in der Mädchenhandarbeit im Jahr 1941 von der Regierung von Unterfranken gekündigt. Als Ersatz sollte eine weltliche Bezirkshandarbeitslehrerin eingestellt werden.

    Nach dem Krieg konnte die private Nähschule der Nonnen im Kindergarten anno 1945 wieder eröffnet werden. Auch die Volksschullehrerinnen erhielten durch einen Beschluss der amerikanischen Militärregierung wieder die Erlaubnis zum Unterricht an den Schulen im Raum Gerolzhofen.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden