Jeder kennt sie: Die Schiffe der "weißen Flotte", die in den Sommermonaten täglich Touristen auf dem Main zwischen dem Alten Kranen in Würzburg und der Mainpromenade in Veitshöchheim hin und her transportieren. Was wenige wissen: Es sind eigentlich zwei Firmen, die Schiffstouristik Kurth & Schiebe und die Veitshöchheimer Personenschifffahrt. Eine der beiden, Kurth & Schiebe, kann jetzt ein zweifaches Jubiläum feiern.
Alles begann 1953 mit einem gemieteten Ausflugsboot. Daraus wurde mehr.
Denn vor 70 Jahren, im Jahr 1953, begann Paul Schiebe nach seiner Rückkehr aus der russischen Kriegsgefangenschaft mit einem gemieteten Boot, Ausflügler auf dem Main zu transportieren. Daraus wurde mehr. Am 1. Mai 1973, also vor genau 50 Jahren, gründeten seine Kinder, Tochter Ursula mit Mann Steffen Kurth und ihr Bruder Georg Schiebe mit seiner Frau Margit, die Schiffstouristik Kurth & Schiebe, die bis heute fährt. "Uns gehört das Geschäft zusammen", sagt Ursula Kurth. Ihr Bruder war beim Gespräch durch Krankheit verhindert.
"Ich war ja mit 14 bereits auf dem Wasser."
Ursula Kurth - heute 82 Jahre alt
1962, Ursula war gerade 22 Jahre jung, machte sie das Kapitänspatent für die Binnenschifffahrt, erzählt sie. Sieben Jahre hätte die Ausbildung eigentlich gedauert, drei Jahre fuhr sie als Schiffsjunge, dann als Matrosin. "Zwei Jahre hat man mir geschenkt, weil die Ausbilder mich alle kannten und wussten, was ich kann", erinnert sie sich. "Ich war ja mit 14 bereits auf dem Wasser." 40 Mark hat sie damals im Monat verdient, 20 Mark musste sie als Kostgeld zu Hause abliefern. "Das würde heute keiner mehr machen", ist sie sich sicher.

Schon 1960 hatten sich Steffen und die im Mainviertel aufgewachsene Ursula kennengelernt. "Mein Vater war Diplomingenieur in Eibelstadt auf der Werft", erklärt er, wie ein Berliner aus Köpenick zu einer Binnenschifferin aus Würzburg kam und sie heiratete. "Zum Entsetzen meiner Schwiegereltern", sagt er und lacht. In Eibelstadt nämlich wurde die "Trumpf", heute die "Alte Liebe", in den 1960er Jahren vergrößert, zuerst von 80 auf 218 Personen. Später folgten weitere Umbauten und Erweiterungen. Heute trägt die "Alte Liebe" bis zu 400 Personen, die "Stadt Würzburg" darf 250 Personen transportieren.

"Damals haben wir aber noch nicht daran gedacht, das Geschäft einmal zu übernehmen"
1964 wurde geheiratet, 1965 machte er sein Kapitänspatent. "Damals haben wir aber noch nicht daran gedacht, das Geschäft einmal zu übernehmen", erzählt sie. Aber als 1973 der Schwiegervater dem Schwiegersohn die "Stadt Würzburg" zum Kauf anbot, griff der zu. Kurz danach kauften sie zusammen mit dem Bruder die "Alte Liebe". "Dann haben wir die Firma Kurth & Schiebe gegründet, die Firma gehört uns Vieren", erinnert sich Ursula Kurth.

Viel hat sie erlebt in den Jahren. Zweimal rettete sie Menschen vor dem Ertrinken im Main und bekam die Lebenrettungsmedaille. "Die Goldene Nadel habe ich heute noch." Auch Prominente ließen sich auf dem Main schippern. "Den Henry Kissinger und seine Nancy habe ich persönlich bedient", berichtet Ursula Kurth. Auch der frühere Bundeskanzler Helmut Kohl und Sorayah , die Ex-Kaiserin von Persien, die in München begraben liegt, waren bei ihnen zu Gast.

Ihre 26-jährige Nichte Anna möchte im kommenden Jahr ihr Kapitänspatent machen
Am 21. April feierten die beiden ihren 59. Hochzeitstag. Eine Tochter lebt in München. Aber die Nachfolge scheint gesichert. Derzeit führt Sohn Oliver Kurth, selbst als Kapitän am Ruder, die Geschäfte, zusammen mit seiner Frau Kerstin, die sich um das Kaufmännische kümmert. Und auch Nichte Anna Schiebe, die 26-jährige Tochter des Bruders und Schwagers, möchte im kommenden Jahr ihr Kapitänspatent machen, erzählt Ursula Kurth. "Dann höre ich auf", sagt Ehemann Steffen.

Die Saison für die Linienfahrten nach Veitshöchheim dauert von 1. April bis 31. Oktober
Immerhin ist er bereits 82 Jahre alt, ebenso wie seine Frau. "Wir haben uns immer fit gehalten", sagen sie beide. "Wir sind immer nur dorthin in den Urlaub gefahren, wo man auch Tennis spielen konnte." Auch heute sind sie noch aktiv. "Jeden Montagnachmittag sind wir beim Seniorentanz in Heilig Kreuz in der Zellerau, sagt er. "Seit 18 Jahren!"
Das Verhältnis zu den "Nachbarn", der Veitshöchheimer Personenschifffahrt, sei gut, sagen sie. "Man verträgt sich und hilft sich gegenseitig." Die Saison für die Linienfahrten nach Veitshöchheim dauert von 1. April bis 31. Oktober. "Aber ein Schiff ist immer unter Dampf", erklärt Steffen Kurth. Schließlich fährt man auch im Winterhalbjahr für Firmenfeiern oder Hochzeiten. Und die alljährliche Silvesterfahrt mit dem großen, an Bord zubereiteten Buffet sei bereits wieder ausgebucht, freuen sich beide. Gefeiert wird am 1. Mai gemeinsam mit den Fahrgästen. Jeder bekommt zum Ticket ein Glas Sekt, für die kleinen Gäste gibt's ein Eis.