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Winterhausen: 50 Jahre Abwasser-Zweckverband Ochsenfurt: Vom "Ungeheuer" zur Vorzeige-Kläranlage

Winterhausen

50 Jahre Abwasser-Zweckverband Ochsenfurt: Vom "Ungeheuer" zur Vorzeige-Kläranlage

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    Über drei Millionen Kubikmeter klares, gereinigtes Abwasser werden jährlich aus den Nachklärbecken der Kläranlage Winterhausen in den Main geleitet.
    Über drei Millionen Kubikmeter klares, gereinigtes Abwasser werden jährlich aus den Nachklärbecken der Kläranlage Winterhausen in den Main geleitet. Foto: Gerhard Meißner

    Das Abwasser von 33.000 Bürgerinnen und Bürgern sowie unzähligen Firmen aus 13 Städten und Gemeinden fließt heute in die Verbandskläranlage in Winterhausen. Deren Geschichte begann vor genau 50 Jahren mit der Gründung des Zweckverbands zur Abwasserbeseitigung im Raum Ochsenfurt, kurz AVO. Dass das Klärwerk auch künftigen Umweltstandards gewachsen ist, sei vor allem der Weitsicht der Gründerväter zu verdanken, sagt Geschäftsleiter Martin Michel. Mit einem kleinen Festakt feierte der AVO nun seinen runden Geburtstag.

    Der Rundgang durch die Kläranlage beginnt dort, wo der große Hauptsammler das Werk erreicht. Ein Rechen fischt grobe Anteile aus dem Abwasser. Essensreste sind darunter, die verbotenerweise ins Klo geworfen wurden und hin und wieder sogar ein Gebiss, wie eine Sammlung kurioser Fundstücke beweist. Der Weg des Abwassers geht weiter in die beiden eierförmigen Faultürme. Unter Luftabschluss produzieren die Bakterien dort Biogas, das in zwei Blockheizkraftwerken in Strom und Wärme verwandelt wird.

    Als "Ungeheuer vor der Haustür" wurde die Verbandskläranlage des AVO bei Winterhausen einst von Kritikern bezeichnet.
    Als "Ungeheuer vor der Haustür" wurde die Verbandskläranlage des AVO bei Winterhausen einst von Kritikern bezeichnet. Foto: Gerhard Meißner

    Mit Photovoltaik soll Kläranlage vollkommen energieautark werden

    Rechnerisch wird so im Jahresmittel bereits heute mehr Energie erzeugt, als die Kläranlage verbraucht, erklärt Martin Michel. Um zu jeder Jahreszeit energieautark zu werden, soll demnächst eine große Photovoltaikanlage installiert werden. Platz dafür ist auf den Treibhäusern, in denen bis vor kurzem noch der Klärschlamm getrocknet wurde. Inzwischen wird dieser mit der Abwärme der Blockheizkraftwerke getrocknet und zu Pellets gepresst, die sich gut zur Verbrennung eignen, um aus der Asche wertvollen Phosphatdünger gewinnen zu können.

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    Nach dem sogenannten Ausfaulen unter Luftabschluss, durchläuft das Abwasser mehrere Becken, in denen wieder Luft eingeblasen wird. 99 Prozent der organischen Verunreinigungen werden so eliminiert, so Michel. Am Überlauf der Nachklärbecken ist aus den einstigen Fäkalien glasklares Wasser geworden - pro Jahr rund 3,6 Millionen Kubikmeter.

    Beim Rundgang durch die Verbandskläranlage Winterhausen erläutert Geschäftsleiter Martin Michel (rechts) die unterschiedlichen Reinigungsstufen.
    Beim Rundgang durch die Verbandskläranlage Winterhausen erläutert Geschäftsleiter Martin Michel (rechts) die unterschiedlichen Reinigungsstufen. Foto: Gerhard Meißner

    Welche lange Vorgeschichte dem Bau des Klärwerks vorangegangen ist, skizziert Ochsenfurts Altbürgermeister Peter Wesselowsky, der dem AVO 23 Jahre lang vorstand, gemeinsam mit dem ehemaligen Geschäftsleiter Wolfgang Haaf. 1974 war es Wesselowskys Vorgänger Karl Remling, der die umliegenden Gemeinden vom Nutzen einer gemeinsamen Kläranlage überzeugt. Neun Jahre sollten bis zum ersten Spatenstich in Winterhausen vergehen.

    Schuld daran waren nicht zuletzt die Widerstände und Klagen verschiedener Gemeinden und Bürger. Die Gemeinde Winterhausen fürchtete, in ihren Entwicklungsmöglichkeiten eingeschränkt zu werden und stattdessen den Gestank des Klärwerks abzubekommen. Als "verbrecherisches Projekt" und "Ungeheuer vor der Haustür" wurde die Anlage damals gebrandmarkt. Auch Eibelstadt und Würzburg gingen vor Gericht. Erst 1980 wies der Bayerische Verwaltungsgerichtshof alle Klagen ab und machte den Weg zu Planfeststellung frei.

    Aus dem Nähkästchen der AVO-Geschichte plauderten bei der Jubiläumsfeier der langjährige Vorsitzende Peter Wesselowsky (vorne) und der frühere Geschäftsleiter Wolfgang Haaf. 
    Aus dem Nähkästchen der AVO-Geschichte plauderten bei der Jubiläumsfeier der langjährige Vorsitzende Peter Wesselowsky (vorne) und der frühere Geschäftsleiter Wolfgang Haaf.  Foto: Gerhard Meißner

    Mit dem Bau der Hauptsammler hatte der Zweckverband schon 1976 begonnen. "Wir haben gebaut und wussten noch nicht einmal, wo die Kläranlage steht", erinnert sich Wesselwosky. Insgesamt sechs Standorte standen damals noch zur Debatte, berichtet Wolfgang Haaf. Insgesamt 36 Millionen D-Mark hat der Bau gekostet. 70 Prozent davon kamen als Zuschuss.

    Im einst stark verschmutzten Thierbach fühlen sich heute sogar Forellen wohl

    Als Peter Wesselowsky 1986 nach dreijähriger Bauzeit den Schieber des Abwasserzulaufs aufdrehen durfte, war dies für viele Gewässer in der Region ein Aufatmen. Winterhausen und Sommerhausen hatten bis dahin ihre Abwässer noch ungeklärt in den Main geleitet, so Haaf. Der Thierbach zwischen Hopferstadt und Ochsenfurt galt als stark belastet. Heute sei das Wasser so sauber, dass sich sogar Forellen im Thierbach wohlfühlen.

    Seitdem ist der AVO stetig gewachsen. Mit dem Betritt des Abwasserzweckverbands Marktbreit 2008 überschritt das Einzugsgebiet die Grenze zum Landkreis Kitzingen und dehnte sich mit dem Beitritt von Oberickelsheim sogar nach Mittelfranken. Aktuell stehen Riedenheim und Bütthard davor, dem AVO beizutreten und auch die Gemeinde Hemmersheim habe Interesse bekundet, so Geschäftsleiter Martin Michel.

    Das Gelände in Winterhausen biete noch genügend Reserven, um beispielsweise eine vierte Reinigungsstufe anzugliedern, über deren Einführung auf politischer Ebene bereits seit Jahren diskutiert wird. Dort sollen unter anderem Medikamentenrückstände und Mikroplastik eliminiert werden, die zunehmend zum Problem für die Gewässer werden.

    "Der AVO ist ein sehr positives Beispiel, wie die Zusammenarbeit von Kommunen gelingen kann", sagt Ochsenfurts Bürgermeister Peter Juks, der seit 2014 den Vorsitz im Zweckverband führt. Er versichert, dass der AVO für weitere Mitglieder offen sei.

    Der AVO in ZahlenDer Zweckverband zur Abwasserbeseitigung im Raum Ochsenfurt (AVO) umfasst ein Einzugsgebiet von 253 Quadratkilometern, das durch den Beitritt von Riedenheim und Bütthard auf 310 Quadratkilometer anwachsen wird. Das entspricht der Größe des Stadtgebiets von München. Das Kanalnetz hat eine Gesamtlänge von rund 300 Kilometern, davon 80 Kilometer Hauptsammler des AVO. Insgesamt 21 Pumpwerke sorgen dafür, dass das Abwasser nach Winterhausen gelangt. Rund 3,65 Millionen Kubikmeter Abwasser werden dem Klärwerk pro Jahr zugeleitet. Die Reinigungskosten pro Kubikmeter betragen rund einen Euro. Aktuell beschäftigt die Kläranlage 18 Mitarbeitende.Quelle: AVO

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