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Forscher mit Unternehmergeist

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Forscher mit Unternehmergeist

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    Er habe "bei seinen Zeitgenossen Achtung, bei einen Nachfahren aber dankbare Erinnerung verdient", heißt es in einem Nachruf auf Prof. Dr. phil. und Dr. med. Johann Georg Pickel.

    Tatsächlich war er ein außergewöhnlicher und kreativer Gelehrter in seiner Zeit. Forscherdrang, Ideenreichtum und Unternehmergeist paarten sich in dem gebürtigen Sommeracher.

    Hier war er am 20. November 1751 als Sohn wohlhabender Handelsleute zur Welt gekommen. In Würzburg besuchte er die höhere Schule und Universität. Er studierte die so genannten "Freien Künste" und Medizin und promovierte 1778 als 27-Jähriger in Philosophie und Medizin.

    Fachwelt staunte über Apparate

    Erstmals erregte er Aufsehen, als er beim 200. Jubiläum der Würzburger Universität 1782 der staunenden Fachwelt seine medizinischen Apparate vorstellte.

    Daraufhin ernannte ihn der Landesherr, Fürstbischof Franz Ludwig von Erthal, zum ordentlichen Professor der Chemie und Pharmazie an der medizinischen Fakultät.

    Mit seiner Antrittsrede von dem "Nutzen und Einfluss der Chemie auf das Wohl des Staates und auf verschiedene Künste und Wissenschaften" schlug die Geburtsstunde der Chemie als selbstständiges Fach an der Universität.

    Pickel gilt als Pionier des fränkischen Bäderwesens. Er entdeckte die nach ihm benannte Mineralquelle im späteren Ludwigsbad bei Wipfeld und die Salpeterhöhle in Bad Homburg (v. d. H.).

    Mit seiner Hilfe konnte die Bockleter Mineralquelle und die Bad Kissinger Saline ausgebaut und der Ertrag gesteigert werden.

    Pickel war der Wegbereiter der Leuchtgasbeleuchtung in Deutschland, 1786 erzeugte er in der schönen Rokoko-Apotheke des Juliusspitals in Würzburg durch trockene Destillation von Knochen in Glasgefäßen brennbares Gas.

    Damit beleuchtete er sein Labor. Diese Entdeckung trug wesentlich zur raschen Ausbreitung von Gasbeleuchtung ohne Docht in Europa bei.

    Um den Weinbau hat sich der Professor mit seinem Verfahren zur Beräucherung der Weinberge bei Frost verdient gemacht. Er konstruierte ein "Vernebelungsgerät zur Beräucherung der Weinberge bei Frostgefahr". Das Pickelsche Verfahren zum Schutz gegen Frost hatte sich bis in die 70er Jahre unserer Zeit erhalten. Hohn und Spott dagegen trug ihm 1804 sein gescheiterter Versuch ein, einen Gasballon nach Art der Brüder Montgolfier auf dem Würzburger Residenzplatz aufsteigen zu lassen.

    Pickel war ein erfolgreicher und geschäftstüchtiger Unternehmer. Er entwickelte zahlreiche Medikamente, Farbstoffe und medizinische Bedarfsartikel in seiner chemischen Fabrik im Würzburger Stadtteil Sanderau.

    Wegen ihrer Qualität waren gebranntes Magnesia, Weinsteinsäure, Soda-, Glauber- und Bittersalz der ausländischen Konkurrenz überlegen. Er schuf den Farbstoff "Pickelgrün" und verbesserte das "Englisch-Rot".

    Neben Bauchbändern, Bandagen, Inhalationsapparaten und Thermometern konstruierte Pickel den ersten biegsamen dauerhaften lackierten Blasenkatheder und eine Klistierspritze zum Abführen mittels Tabakrauchs.

    Sogar einen "Rettungsapparat zur Wiederbelebung von Scheintoten" verkaufte Pickel. Er verbesserte den Blitzableiter und betätigte sich gerne als Feuerwerker.

    Pickel, der 1784 in Sommerach Catharina Sulzbeck, Tochter des Würzburger Direktors der Chirurgie, geheiratet und elf Kinder hatte, erhielt zahlreiche Ehrungen. 1828 wurde anlässlich seines 50. Doktorjubiläums eine goldene Münze geprägt. 1832 erhielt er das "Ludwigskreuz" und 1837 den Titel "Geheimer Medizinalrat". Ein Jahr zuvor war er mit 85 Jahren in Pension gegangen.

    Am 20. Juli 1838 ist er laut Todesanzeige "früh 3 Uhr an Schlagfluss" in Würzburg gestorben, wo er in der Franziskanergasse 3 wohnte. Hier wie in Sommerach erinnern noch Straßennamen an Professor Pickel.

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