E ines muss man der Bundesregierung lassen: Auf das schreckliche Seebeben im Indischen Ozean hat sie bislang schnell, umsichtig und klar reagiert, ohne dabei jedoch berechnend, kalt und emotionslos zu wirken. Psychologisch ist dies wichtig, weil spendenwillige Bürger sich in der allgemeinen Wirrnis auf diese Art gut geführt und damit gut aufgehoben fühlen. Unterschätzen sollte man diesen Aspekt deshalb nicht.
Der Bundeskanzler hat seinen Urlaub abgebrochen, ist ins Krisenzentrum nach Berlin geeilt und hat eine Reihe wirklich guter Vorschläge gemacht. Auch sein Außenminister Fischer macht bisher eine gute Figur. Beide delegieren dort, wo andere - etwa Staatssekretär Klaus Scharioth - den Job vor laufenden Kameras mindestens ebenso gut machen, wie sie es selber getan hätten.
Beide, der Rote und der Grüne, zeigen in diesen Tagen somit perfektes Krisenmanagement, geleitet von einem untrüglichen Instinkt dafür, wann zu viel Präsenz und zu viele Versprechungen den Vorwurf heraufbeschwören könnten, diese Bundesregierung wollte aus der dramatischen Lage quasi politisches Kapital schlagen. Diese Versuchung ist groß. Man muss deshalb hoffen, dass beide ihr auch künftig widerstehen.
Der erste gelungene Hilfssprint ist das eine, nun kommt die eigentliche Bewährungsprobe, nämlich über eine längere Distanz zu helfen. Für die Spender und für die Helfenden in den jeweiligen Geberländern und in den zehn vom Seebeben betroffenen Ländern eine gigantische Aufgabe. Hier wachsen den Vereinten Nationen unter Kofi Annan herkulische Aufgaben zu, die man ohne zu übertreiben als Beginn einer neuen Weltinnenpolitik beschreiben darf.
Segensreiche Globalisierung, so heißt da das Schlüsselwort, ein Begriff, dem von vielen Menschen bislang eher Negatives beigemessen wurde. Wir haben heute ein weltweit hervorragend funktionierendes Kommunikationssystem, wir haben ein Netzwerk aus Handel und Finanzwelt, das, wenn wir es denn wollen, präzise funktioniert wie das sprichwörtliche Schweizer Uhrwerk.
War die UNO doch seit dem von ihr abgelehnten Einmarsch der USA in den Irak von einem Teil der Welt an den Pranger gestellt, darf sie nun zeigen, dass sie mehr ist als eine Einrichtung, die sich mit kriegerischen Konflikten und Terror zu befassen hat: die UN als der weltumspannende Menschen-Helfer bei Katastrophen, Hunger und Krankheiten. Man muss hoffen, dass ihr das Krisenmanagement im Indischen Ozean von bislang nicht gekannter Größenordnung gelingt. Es entscheidet mit über ihre weitere Reputation und damit auch über ihre tatsächliche Macht.