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Wie ein großes Maul, das alles auffrisst

Ochsenfurt

Wie ein großes Maul, das alles auffrisst

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    Aus heiterem Himmel brach die Katastrophe über die Thailand-Urlauber Otmar, Helene und Ramona Stöcklein
(von links) herein.
    Aus heiterem Himmel brach die Katastrophe über die Thailand-Urlauber Otmar, Helene und Ramona Stöcklein (von links) herein. Foto: FOTO ANTJE ROSCOE

    Ein völlig unbestimmtes, aber irgendwie "blödes Gefühl" hatte Ramona diesmal ohnehin gehabt, als die Familie mit Vater Otmar, Mutter Renate und Tante Helene am 21. Dezember nach Phuket in Thailand aufbrach. Und auch Helene Stöcklein wundert sich noch immer, dass sie diesmal das Gefühl hatte, ihren Wallfahrts-Rosenkranz mitnehmen zu müssen: "Ich habe bestimmt nicht gedacht, dass etwas passiert, aber ich habe ihn mitgenommen und mich dann besser gefühlt."

    "Wir sind gewetzt so schnell wie möglich."

    Otmar Stöcklein, Thailand-Tourist aus Essfeld

    Im Sommer wird bei der Erdbau-Firma Stöcklein durch gearbeitet, erklärt Otmar Stöcklein, "da freut man sich immer auf den Urlaub im Winter, irgendwo, wo es schön warm ist." Thailand war schon sechs Jahre ein lohnendes Ziel, zuletzt Khao Lak.

    Ein auf Stelzen stehender Hotel-Bungalow in der zweiten Reihe von Patong Beach war diesmal das Domizil. Als das Unheil zwischen 930 und 10 Uhr nahte, war Helene Stöcklein gerade Richtung Pool unterwegs, um sich massieren zu lassen. Der Rest der Familie wollte zu genau dem Schneider gehen, auf dessen Atelier Minuten später ein Reisebus lag. Doch da kamen schon die Leute vom Strand hoch gerannt. Gleichzeitig waren Schüsse zu hören - Warnschüsse von Polizisten wie die Stöckleins heute meinen.

    Als die Leute aber aus dem Gebüsch und von überall her gerannt kommen, glauben Stöckleins an einen Terroranschlag. Im nächsten Moment stürzt vor ihnen eine Hotelmauer ein. Dabei war die Wasserbewegung gar nicht als Wasser erkennbar, schildert Ramona die dunkelgraue Masse, die ihr eher wie ein Panzer vorkam. Das Wasser sei dann wie ein großes Maul gewesen, das alle auffrisst. "Da sind wir natürlich gewetzt, so schnell wie möglich", sagt Otmar Stöcklein. 150 Meter sind es zurück zum Hotel, das erhöht liegt, das Wasser immer hinterher. In der Lobby treffen sie eine sehr erleichterte Helene Stöcklein, der das Wasser schon um die Füße spülte. Die Flucht geht weiter, weg vom Wasser Richtung Dach. "Wie auf der Titanic" sei sie sich vorgekommen, berichtet Ramona. 1,20 Meter hoch steht das Wasser diesmal im Hotel.

    Als die Flut abgelaufen war, will die Familie wieder nach unten gehen, doch da kommt schon die zweite Welle und mit ihr die ersten Toten. Von einer Thailänderin, die von der Flut im dritten Stock durch ein Fenster geschleudert worden war, berichten sie und zeigen Fotos von einem Hotel-Pool, in dem sich dann drei Autos befanden. Eine dritte, 15 Meter hohe Welle wird angekündigt. Das Hotel-Personal flüchtet und da bekommt auch Otmar Stöcklein ein beklemmendes Gefühl. "Wir hauen ab", lautet seine Entscheidung. Die vier schaffen es zu ihrem Bungalow, raffen ihre Sachen zusammen, dann bricht schon wieder Panik aus. Jedes mal, wenn das Meer wieder geschwappt kommt, fliehen ganze Horden in die höheren Lagen "und wir hinterher. Da hat man die Panik der Leute richtig gemerkt", schildert Otmar Stöcklein das Chaos und kommt sich vor wie "in einem Flüchtlingstreck im Krieg." Richtiges Glück haben sie, als sie einen Pickup-Fahrer anhalten können und der sie mitnimmt. Auf einer Terrasse in 1,5 Kilometer Entfernung beobachten sie das Meer und glauben da noch, dass nur ihr Strand betroffen ist. Das ganze Ausmaß der Katastrophe begreifen sie erst zu Hause in Deutschland.

    Zu ihrem Reise-Veranstalter "Thomas Cook" bekommen sie über Tage keinen Kontakt. Stöckleins fühlen sich allein gelassen. Zu Hause verbreitet sich bereits das Gerücht, dass Stöckleins vermisst seien. Am 30. Dezember endlich antwortet jemand bei der angegebenen Hotline. Hektik und Chaos bis sie tatsächlich im Flugzeug in die Heimat sitzen.

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