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WÜRZBURG: „Sklavenlohn“ damit Fleisch billig wird

WÜRZBURG

„Sklavenlohn“ damit Fleisch billig wird

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    Schwerstarbeit im Schlachtbetrieb.
    Schwerstarbeit im Schlachtbetrieb. Foto: FOTO Thomas Obermeier

    Eigentlich wird nichts richtig widersprochen. Geschäftsführer Karl Heinz Balmes weiß offenbar gar nicht, was den Kopfschlächtern oder in der Fleischzerlegung bezahlt wird. Dafür wird ein Subunternehmer beschäftigt, mit dem für das Schlachten ein Stücklohn vereinbart ist. „Was die für Löhne zahlen, geht mich nichts an“, sagt er. Auch über Stückpreise möchte er nicht reden, er hat scheinbar auch keine Telefonnummer des Subunternehmers und legt unhöflich auf. Der Subunternehmer ist die Eirich Dienstleistungs GmbH in Altertheim. Stefan Eirich, der im Internet als Inhaber angegeben ist, geht über mehrere Tage nicht ans Telefon.

    Grund unserer Recherchen ist eine gemeinsame Feststellung des Bayerischen Fleischerhandwerks und der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten NGG, die den immer ruinöser werdenden Wettbewerb im Fleischerhandwerk anprangern. Bei Fleisch und Wurst heißt es nur noch billig, billig. Dafür sorgt dann die großindustrielle Verarbeitung, die nicht mehr fragt, wo die Tiere herkommen und wer sie verarbeitet. In den Großbetrieben wie dem Würzburger Schlachthof werden Werkvertragsfirmen eingesetzt, die mit Dumpinglöhnen arbeiten.

    Was dort wirklich passiert, scheint ein richtiger Sumpf zu sein. Der Würzburger NGG-Geschäftsführer Ibo Ocak spricht von Leiharbeitern, die zu „Sklavenkonditionen“ beschäftigt sind – für eine Arbeit, die hart an die Schmerzgrenze geht. Von den Kopfschlächtern wisse eigentlich niemand richtig, wie sie bezahlt werden. Jedenfalls weit unter geltenden Tarifen und mit Arbeitszeiten „bis zum Gehtnichtmehr“. Die Forderung ist deshalb ein Mindestlohn von 7,50 Euro die Stunde.

    Dem kann sich auch der Obermeister der Fleischerinnung Würzburg Horst Schömig anschließen. Er ist außerdem stellvertretender Landesinnungsmeister und Mitglied der Tarifkommission. Er kennt die Verhältnisse am Schlachthof in Würzburg aber auch eher nur auf der Basis von Gerüchten. Er weiß, dass in der Zerlegung Hunderte Leute aus ganz Europa angekarrt werden. Da werde wohl ab drei Euro aufwärts für die Stunde gearbeitet. „Wir arbeiten mit Fachkräften, die wir entsprechend bezahlen“, keiner im Handwerk würde sich irgendjemanden aus der Ukraine holen, das habe mit Qualität nichts mehr zu tun.

    Über die Abläufe im Würzburger Schlachthof habe man keinen Einblick, zum Schlachten und Zerlegen komme keiner der einheimischen Metzger rein. Die geben ihr Vieh ab und holen es am anderen Ende wieder ab, dazwischen laufe alles am Fließband. Mit den Leuten gebe es keinen Kontakt, die Metzger dürfen die Räume nicht betreten.

    Ein Kopfschlächter erzählt

    Wir konnten mit einem Mann reden, der bis März diesen Jahres am Würzburger Schlachthof als Kopfschlächter gearbeitet hat. Er sagt, das sei einmal ein sehr ehrenwerter Beruf gewesen, sie waren „die Könige unter den Metzgern“, weil sie ihr Handwerk besonders gut beherrscht haben. Doch das Niveau sei seit vielen Jahren laufend gesunken. Zuletzt hatte er das Gefühl, er sei „unter lauter Bekloppten“, keiner habe den Beruf mehr richtig gelernt. Da hatte er im Groll das Handtuch geschmissen und wartet bis heute noch auf rund 2000 Euro Lohn.

    Dabei war er mit 8,50 Euro Stundenlohn sogar noch gut dran, es gab allerdings keine Nacht-, Sonn- oder Feiertagszuschläge. Die Löhne wurden immer weiter gesenkt, daran sei auch die Südfleisch mit schuld gewesen, als sie die Stückpreise immer weiter gedrückt hatte. Die guten Mitarbeiter hätten mit der Zeit alle aufgehört. Nachgerückt seien dann Osteuropäer, die für immer weniger Geld gearbeitet haben.

    Unser Gesprächspartner, der auch Mitglied in der Vorstandschaft des Bayerischen Fleischergesellen-Verbandes ist, erinnert sich, dass er mit einem Stundenlohn von 13,50 Euro angefangen hatte, bevor die alte Truppe Zug um Zug „rausgekündigt“ wurde. Dabei handelte es sich vorwiegend um Deutsche. Als ein Betriebsrat gegründet werden sollte, löste sich die Firma einfach auf, alle wurden gekündigt und unter „miesen Bedingungen“ wurden zwischen Tür und Angel neue, schlechtere Verträge für eine neue Firma geschlossen.

    Das Niveau der Arbeit soll teils so gesunken sein, dass die neuen Gruppen täglich Schäden anrichteten, die mehrere Tausend Euro betrugen. Vor allem Tierhäute, die einen Wert haben, wurden zerstochen vorgefunden. Als alles am Boden lag, wurde vom gleichen Firmeninhaber eine neue Firma gegründet. „Da dringt nichts nach außen“, so der ehemalige Mitarbeiter, der auch von der Gewerkschaft enttäuscht ist, die sich viel zu wenig auch um seine Angelegenheit gekümmert habe.

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