Statt Mainfranken Theater hieß es damals Ludwigsbahnhof, allerdings nur kurze Zeit, dann hatte die Anlage im Herzen von Würzburg ihre Funktion verloren, denn die Bahn brauchte erheblich mehr Kapazitäten als der Sackbahnhof liefern konnte. Später wurde aus dem Bahnhof eine Veranstaltungshalle. 1960 kamen die Bagger, das Gebäude wich einem Theater-Neubau.
Viele Jahre lang gab es als Erinnerung an frühere Zeiten kein vernünftiges Modell der großartigen Bahnstation und jetzt könnte Würzburg plötzlich zwei bekommen: eines gehört der Stadt Gemünden und soll 15 000 Euro kosten, das andere hat ein privater Modellbauer geschaffen und der will es der Stadt für Ausstellungen kostenlos überlassen.
Modell 1: Durch Zufall werden die Kommunalpolitiker des Bürgerforums im November auf ein Modell des Ludwigsbahnhofes aufmerksam. Es ist ein Relikt aus dem geschlossenen Verkehrsmuseum, das im Gemündener Huttenschloss untergebracht war. Der damalige Museumsleiter Prof. Dr. Hans-Peter Schäfer hatte es bei einer Profi-Firma nach den Plänen des damaligen Architekten Gottfried von Neureuther in Auftrag gegeben. 1999 war der Bahnhof im Maßstab 1:87 – fünf Meter lang und 1,40 Meter breit – ans Museum geliefert worden. Als Museumsstücke verkauft werden, winkt das Bahnmuseum in Nürnberg ab: Kein Interesse.
Spendenaktion initiiert
Die Stadträte Charlotte Schloßareck, Reiner Hartenstein und Thomas Schrenk wollen nun das große Modell nach Würzburg holen. Im Rahmen einer Spendenaktion haben sie schon ein Drittel der Kaufsumme beisammen, der Bahnhof ist schon als Leihgabe in Würzburg. Bei der Auftaktveranstaltung im Verbindungshaus Cimbria in der Huttenstraße war Schäfer selbst da und erzählte den etwa 40 Besuchern einiges über die Geschichte des Bahnhofes und des Modells.
Zehn Jahre nach seiner Fertigstellung hatte der Ludwigsbahnhof im Jahr 1856 seine wichtige Funktion verloren. Nach der ersten Bahnlinie Bamberg-Schweinfurt kamen weitere Strecken hinzu, der Sackbahnhof konnte den Verkehr nicht mehr bewältigen. 1865 wurde daher eine neue Station am Schalksberg eröffnet, der jetzige Standort. Die Stadt Würzburg kaufte den Ludwigsbahnhof vom bayerischen Staat und nutzte das große Gebäude für politische Veranstaltungen, Winzerfeste, Obstmärkte und den Sport. Kickers-Chronist Rainer Adam versorgte die Redaktion mit besonderen Informationen und Bildern. So bot der Verein FC Würzburger Kickers beispielsweise das Ludwigs-Hallen-Tennis ab dem Jahr 1910 an. In stilvollen aber unbequemen Kleidern schlugen Damen und Herren den Ball übers Netz.
Modell 2: in zehnjähriger Arbeit baut der Würzburger Modellbau-Fan und Vorsitzende des Modellsportclubs Taubertal, Willi Treiblmair, nach Plänen aus dem Bahnmuseum in Nürnberg, die alte Würzburger Station nach, aus Plastikreststoffen. Schon mehrfach hat das noch größere Modell, es umfasst auch Nebengebäude, Festung und eine fahrtüchtige Eisenbahn in der Spur H0, bei Ausstellungen für Furore gesorgt. Zuletzt war das Werk in der Partnerstadt Bray und County Wicklow mit großem Erfolg ausgestellt worden. Und Treiblmair würde der Stadt sein Werk unentgeltlich zur Verfügung stellen. Nach seinem Ableben will er die ganze Anlage der Stadt Würzburg vermachen.
Zwei Modelle, ein Bahnhof. Wie reagieren nun die Politiker des Bürgerforums auf die unverhoffte Konkurrenz? „Wir wussten bis vor wenigen Tagen nichts von dem anderen Modell,“ sagt Hartenstein. „Wir verhandeln schon seit November mit der Stadt Gemünden. Und wir wollen das in Würzburg haben.“ Die Spendenaktion der Würzburger Stadträte läuft also weiter. Am liebsten sähen die Politiker des Bürgerforums den Ludwigsbahnhof im Foyer des Mainfranken Theaters, also an der Stelle, an der er früher stand.
Stadt sieht sich nicht in der Pflicht
Nun haben beide Parteien allerdings die Rechnung ohne die Stadt gemacht. In einem Gespräch mit Oberbürgermeister Georg Rosenthal wurde eines nämlich deutlich: „Wir haben dauerhaft keine Ausstellungsmöglichkeiten für so große Modelle. Das geht mal für vier Wochen.“ Und dem Standort Theater erteilt der OB eine klare Absage. Im Foyer gäbe es große Brandschutzprobleme, da kein zweiter Rettungsweg vorhanden ist. Rosenthal sieht die Beschaffung als Privatinitiative und die Käufer in der Pflicht, zu schauen, wo das Modell hinkommt. Die Stadt werde die laufenden Kosten und das Risiko dafür nicht übernehmen.