Beim vereinbarten Termin zum Nachmittagskaffee in seiner Wohnung in der Keesburgstraße erscheint Manfred Scherk im dunklen Anzug mit Weste, weißem Hemd und Krawatte. Hätte doch nicht sein müssen bei so einem zwanglosen Treffen, um kurz vor seinem 80. Geburtstag über seine Laufbahn zu plaudern. „Auf korrekte Kleidung lege ich wert“, sagt er, „jeden Tag“. Der Hauch von staatsmännischem Habitus hat ihn auch nach einigen Jahren Distanz von Schule und Kommunalpolitik nicht verlassen. Das passt so überzeugend zu ihm wie er früher seine Arbeit geleistet hat.
Seit Jahren ist Manfred Scherk schwer krank. Daraus macht er kein Hehl und nennt das auch ganz klar als Grund, warum er frühzeitig aus der Politik ausgestiegen ist. Es wird aber auch sehr schnell klar, dass seine echte Leidenschaft für seinen Beruf als Pädagoge und Politiker, die er früher konsequent gepflegt hat, auch heute noch alle Lebensgeister wecken kann. Da ist er sehr stolz auf sein Lebenswerk, das sich in einer Vitrine im Wohnzimmer in Orden und Auszeichnungen von der Stadt und vom Freistaat konzentriert. Sie alle zu nennen würde den Rahmen sprengen. Von der Stadt hat er fast alles, was es zu vergeben, darunter der Ehrenring, der Freistaat hat ihn mit dem der Silbermedaille für Verdienste um die kommunale Selbstverwaltung geehrt, vom Bund hat er das Verdienstkreuz am Bande.
Auch wenn er wegen seiner Krankheit von allen Ämtern Abschied genommen hat, wirkt er glücklich mit seinen drei Kindern und fünf Enkelkindern. Alles harmonisch mit seiner Ehefrau Ingeborg. Sie weiß natürlich seit Jahrzehnten, was ihr Mann geleistet hat und verlässt den Termin wegen anderer Aufgaben.
Im lockeren Gespräch mit Manfred Scherk wird zunächst nicht ganz klar, wo er seine Lebens-Prioritäten gesetzt hatte. Die Familie gilt als sicher. Dann wird bald klar, Schwerepunkte lagen im schulischen Bereich. Nach dem Lehramtsstudium kam ein Zusatzstudium im Hör-, Sprach-, und Sehgeschädigtenbereich an der Ruperto-Carola-Universität in Heidelberg. Danach baute er in Würzburg die staatliche Sondervolksschule für Schwerhörige auf und leitete diese von 1965 bis 1979. Als die Schule an den Bezirk überging, wurde er Rektor der Gustav-Walle-Hauptschule und war das 17 Jahre bis zu seiner Pensionierung.
Sein erfolgreiches pädagogisches Konzept mit klaren Worten an seine Schüler bewährte sich auch im kommunalpolitischen Bereich. Mit klaren Worten und ohne Hektik wusste er sich immer Gehör zu verschaffen. Manfred Scherk war von 1968 bis 2002 für die SPD im Würzburger Stadtrat. Der SPD gehört er seit 1962 an. Er bekennt sich nach wie vor zu den Sozialdemokraten, wo er immer zum konservativen Flügel zählte. In einer ganzen Reihe von Gremien in der Stadt, aber auch beim Bayerischen Städtetag war er für Umweltbelange zuständig und ein fachlich geschätzter Partner.
2002 aus der Kommunalpolitik auszusteigen war für ihn allein eine Frage der Gesundheit. Wegen des gesellschaftlichen Anspruchs im Stadtrat zu bleiben, sei nicht sein Wille und auch nicht der seiner Frau Inge gewesen, die seine politische Arbeit voll mitgetragen habe.
Wenn Scherk dann im Gespräch häufig lacht, geht es eigentlich nie um Politik, sondern um kleine Geschichtchen aus dem Schulleben. „Das waren meine Kinder“ sagt er, „ich spreche nicht von Schülern“. Dann schiebt er noch nach, dass er doch nicht genau wisse, wo die größere Begeisterung gelegen habe, bei der Schule oder bei der Politik. Und er glaubt: „fast bei der Schule“.