Am Hauptbahnhof Würzburg ist vor wenigen Wochen der Lokschuppen III abgebrochen worden. In seiner Rundform mit Drehscheibe im Vordergrund war das zwar ein imposantes Bauwerk. Aber ausnahmsweise hatten zuvor schon die Denkmalpfleger abgewinkt und kein Interesse daran gezeigt. Ein „hundsordinärer Reichsbahnschuppen“, meinte vor eineinhalb Jahren Ulrich Kahle vom Landesamt für Denkmalpflege. Also weg damit. Doch damit beginnt jetzt erst der Ärger. Was alle Beteiligten seit vielen Jahren wussten.
Der Untergrund des 3700 Quadratmeter großen maroden Schuppens ist hoch belastet. Nicht nur mit Öl und Schmierstoffen, wie man vermuten möchte, sondern vor allem mit dem stark giftigen Herbizid Bromacil. Es schadet auch dem menschlichen Organismus, wenn es dorthin gelangt. Die Kontaminierung ist längst nachgewiesen, stellt der Geschäftsführer der Kreisgruppe Würzburg im Bund Naturschutz (BN), Steffen Jodl, fest. Das schon seit 1990 verbotene Gift konnte sogar in das Grundwasser eindringen. Der Nachweis dort sei der Stadt, dem Wasserwirtschaftsamt und auch der Trinkwasserversorgung Würzburg GmbH schon seit vielen Jahre bekannt.
„Spritzzüge“ gegen Unkraut
Mindestens seit 2009 sei auch klar, dass diese Verschmutzung vom Lokschuppen ausging. Es war bekannt geworden, dass im Bereich des Lokschuppens, der in der engeren Schutzzone der Bahnhofsquellen liegt, vor rund 20 Jahren die „Spritzzüge“ mit einer Bromacil-Brühe befüllt worden sind. Sie waren zur Unkraut-Bekämpfung auf den Bahn-Gleiskörpern unterwegs.
Dass die Bahn über Jahre im Wasserschutzgebiet mit Spritzmitteln arbeiten konnte, sei ein Skandal, sagt BN-Mann Jodl. Und nun wurde auch noch bekannt, dass die Deutsche Bahn (DB) in der städtischen Trinkwasserschutzverordnung ausdrücklich ausgenommen wurde. Alle Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Eisenbahnbetrieb sind praktisch sanktioniert. Diesen Umstand nennt Jodl genauso schlimm wie den Spritzmitteleinsatz. Er fordert eine umfassende Boden- und Grundwassersanierung sowie eine Schutzgebietsverordnung ohne Ausnahmen.
Auf Anfrage meinte der Leiter der DB-Pressestelle Bayern Franz Lindemair (München), man gehe von einem „unsachgemäßen Hantieren im Bereich des Lokschuppens aus, das ursächlich für die Verschmutzung ist.“ Allerdings werde das Altherbizid seit mindestens 1990 nicht mehr verwendet. Die DB habe in den Jahren ab 2001 durch Untersuchungen die Verunreinigungen erkannt. In den folgenden Jahren gab es Abstimmungen mit den zuständigen Behörden. Vor allem mussten Genehmigungen eingeholt werden, „ein Prozess, der sich über mehrere Jahre hinzog.“ Nachdem die Ursache durch Untersuchungen klar ist, versichert Lindemair, dass in den kommenden Wochen das Erdreich auf bis zu sechs Meter Tiefe abgetragen wird. Heute würden nur noch Herbizide ausgebracht, die vom Julius-Kühn-Institut in Braunschweig für den Gleisbereich zugelassen sind.