Die Probleme für die geplante neue Straßenbahn ans Hubland sind offensichtlich gravierender, als die Würzburger Straßenbahn GmbH (WSB) Anfang der Woche bei einer Pressekonferenz eingeräumt hat. Dies geht aus einem Brief von WVV-Geschäftsführer und WSB-Chef Thomas Schäfer an Oberbürgermeister Georg Rosenthal hervor, der dem Stadtrat am Donnerstag vorgelegt wurde.
Darin macht Schäfer deutlich, dass die zeitliche Verzögerung des Straba-Projekts (wir berichteten) die erhoffte 60-prozentige Bundesförderung des 83 Millionen Euro teuren Trassenbaus in Frage stellt. Noch am Montag wurde der Zeitplan von Schäfer und dem WSB-Aufsichtsratsvorsitzenden Matthias Pilz anders dargestellt, als jetzt auf eine aktuelle Nachfrage der Main-Post. „Wir schaffen es nicht zur Landesgartenschau 2018“, hatte Grünen-Fraktionschef Pilz am Montag gesagt. Und: „Im Idealfall werden wir frühestens Ende 2019 mit dem Bau fertig sein.“ Nun will Pilz damit nicht ausgedrückt haben, dass er an eine Inbetriebnahme 2019 „glaubt“. Und WVV-Chef Schäfer sagt: „2019 halte ich nicht für machbar.“ Welchen Zeitpunkt hält er dann für realistisch? „Das kann ich nicht sagen.“ Das Problem: Um 2019 fertig sein zu können, müsste man die Straßen während der Landesgartenschau 2018 umbauen, also Schienen vom Barbarossaplatz über den Residenzplatz bis ans Hubland legen. Auch Oberbürgermeister Georg Rosenthal will sich auf keinen Zeitpunkt der Fertigstellung mehr festlegen. Ist das Verpassen des Ziels Landesgartenschau für ihn eine politische und persönliche Niederlage? Oberbürgermeister Georg Rosenthal meint Nein: „Bei solchen Großprojekten muss man mit derartigen Verzögerungen rechnen.“ Dass der Termin 2018 nicht eingehalten wird, habe sich abgezeichnet, sagt er auf die Frage, seit wann er das weiß. Auf die Entwicklung des neuen Stadtteils Hubland wirke sich die Verzögerung nicht negativ aus. Laut OB, Pilz und Schäfer ist die Tatsache, dass der Stichtag für die Bundesmittel für ÖPNV-Großprojekte verpasst wird (siehe Info), nicht problematisch: „Wir machen im Planfeststellungsverfahren weiter“, sagt Schäfer. Vier Millionen Euro hat die WSB bislang in die Entwicklung der neuen Straba investiert, aktuell sind weitere 300 000 Euro eingeplant. Die Gesamtkosten der so genannten Linie 6 belaufen sich laut WVV-Sprecherin Kristina Kessler für Trasse und Fahrzeuge auf rund 120 Millionen Euro. Bis zum Abschluss der Planfeststellung – „frühestens Ende 2014“ (Kessler) – erwartet Schäfer ein neues Förderprogramm des Bundes. „Der Städtetag ist aktiv dabei, eine Anschlussfinanzierung zu sichern“, sagt dazu der OB. Pilz ist sich sicher, dass WVV-Konzern und Stadt Würzburg mit der Fortführung der Planung kein Risiko eingehen. Die Finanzierbarkeit des Projektes werde überprüft, wenn man mit dem Bauen anfangen kann. Ob es überhaupt einen Zuschuss vom Bund gibt, hängt vom so genannten standardisierten Bewertungsverfahren ab, das volkswirtschaftlichen Nutzen und Kosten des Projekts gegenüberstellt. Im Moment ist der Nutzen mit dem Faktor 1,06 größer als die Kosten. Dies könnte sich aber durch Auflagen im Planfeststellungsbeschluss wieder drehen. Darauf weist die WVV in einer Mitteilung vom Donnerstag hin. Laut Sprecher Johannes Hardenacke ist die Regierung von Unterfranken noch auf dem Stand, dass die Inbetriebnahme bis Dezember 2019 geplant ist. Würde eine weitere Verzögerung durch die Gefährdung der Fördermittel auch das Planfeststellungsverfahren gefährden? Hardenacke: „Im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens ist bei der Frage der sogenannten Planrechtfertigung auch zu prüfen, ob das Vorhaben überhaupt realisierbar ist. In diesem Zusammenhang spielt auch die grundsätzliche Finanzierbarkeit des Vorhabens eine Rolle.“ Spätestens zum Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses dürften dem Vorhaben keine unüberwindbaren finanziellen Schranken entgegen stehen. „Die jetzt im Raum stehende mögliche Verschiebung der Inbetriebnahme führt daher nicht zur Einstellung des Planfeststellungsverfahrens.“ Der Stadtrat sollte am Donnerstagabend über die neuen Informationen zur Straßenbahnplanung diskutieren (Bericht folgt).
Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG)
Das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) läuft am 31. Dezember 2019 aus. In welcher Höhe der Bund nach diesem Stichtag ÖPNV-Projekte (zum Beispiel Straßenbahnen) bezuschusst, steht aktuell in den Sternen. Um eine Fortführung des Gesetzes wird gerungen. Das GVFG gibt es seit 1971. Es regelt die Zuschüsse für den Bau und Ausbau kommunaler ÖPNV-Vorhaben in Verdichtungsräumen – bei förderfähigen Kosten von mehr als 50 Millionen Euro. Der Fördersatz beträgt bis zu 60 Prozent. Mit diesen Geldern hat bisher auch die WVV für die neue Straßenbahn ans Hubland kalkuliert. Nur müsste dafür bis zum 31. Dezember 2019 abgerechnet sein. Für Teilleistungen, die später eingereicht werden, gibt es im Moment keine Förderzusage. Zwar liegt ein Gesetzentwurf vor, der die Bezuschussung auch über den Stichtag hinaus ermöglichen soll. Dieser Entwurf steckt jedoch derzeit im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat. Juristen glauben nicht mehr an eine Entscheidung vor der Bundestagswahl Ende September dieses Jahres.