„Zwei kleine Italiener, die träumten von Napoli, von Gina und Marina, die warten schon lang auf sie ...“ Das sang Conny Froboess 1962 und erreichte damit beim Grand Prix de la Chanson den sechsten Platz. Zu jener Zeit war der kleine Nuccio Antonino Pecoraro in San Michele di Ganzaria auf Sizilien gerade mal sechs Jahre alt. Emanuele La Rosa, der aus dem zwölf Kilometer entfernten Ort Caltagirone stammt, war noch gar nicht geboren. Heute sind sie Stadträte in Würzburg.
Die beiden träumen im Moment auch weniger von ihrer sizilianischen Heimat, sondern dass sie wieder einen Sitz im Würzburger Stadtrat bekommen. Unerfüllbare Träume sind das allerdings ganz und gar nicht. Erstens gehören beide schon dem Gremium an. Antonino Pecoraro inzwischen seit 18 Jahren, Emanuele La Rosa seit fünf Jahren. Beide sind auf ihren Stadtratslisten keine Außenseiter. La Rosa hat bei der CSU Platz 16, Pecoraro ist bei den Grünen auf dem relativ sicheren Listenplatz 12. Beide haben ein Wählerklientel hinter sich, das sie zuversichtlich stimmt.
Wir sprachen mit den beiden Sizilianern. Dabei ging es nicht um politische Differenzen, sondern um die Frage, warum sich zwei Italiener in Deutschland politisch engagieren. Und das tun sie beide mit dem Ziel, die Integration voranzubringen, und sie investieren ehrenamtlich sehr viel Zeit. Pecoraro war Mitbegründer des Ausländer- und Integrationsbeirats in Würzburg und lange Jahre Vorsitzender. Er gehört dem Vorstand Bayerischer Ausländerbeiräte an. La Rosa ist bei der CSU Vorsitzender der Arbeitsgruppe Integration.
Beide sind wichtige Bindeglieder in dieser Gesellschaft. Da drängt sich die Frage auf, wie denn ihre Herzen schlagen. Deutsch? Italienisch? Eine schwere Frage für beide. Nachdem ein Doppelpass möglich ist, haben sie inzwischen auch einen deutschen Pass. Darauf sind sie stolz. Keiner von beiden möchte aber seinen italienischen Pass zurückgeben.
Das hängt an den Wurzeln, die sie in die alte Heimat haben, und an den vielen Verwandten dort. Doch das ist es nicht allein. La Rosa ist gastronomisch gut unterwegs und Pecoraro hat beruflich eine feste Aufgabe bei der Caritas als Migrations- und Flüchtlingsberater. Das Herz ist auf beiden Seiten, sagt Pecoraro, „das ist möglich“. Er kenne viele Menschen in Deutschland und in Italien, die er gern habe, da müsse man nicht trennen. Im Erwerb des deutschen Passes sieht er aber auch einen wichtigen Akt, der sagt: „Ich bin in Deutschland“. Auch La Rosa sagt, sein Herz schlage für beide Länder, letztendlich ist er aber auch stolz, Deutscher zu sein.
So einig das klingt, die Ausgangsvoraussetzungen sind unterschiedlich. La Rosa ist zwar in Sizilien geboren, kam aber im zarten Alter von einem Jahr nach Würzburg, wo Papa bei MERO und Mama an der Uni arbeiteten. Er ging in die Mönchbergschule und musste sogar Unterricht in italienischer Sprache nehmen, um auch einen italienischen Abschluss zu machen. Er ist Gastronom und hat sich auf Catering verlegt. Er bedient unter anderem die Kantinen im Stürz-Verlag und im Mainfranken Theater. La Rosa spricht perfekt deutsch, mit leichtem Würzburger Dialekt.
„Der Erwerb meines deutschen Passes war ein wichtiger Akt.“
Hingegen kam Antonino Pecoraro erst 1979 nach Deutschland. Er hat die harte Tour als Gastarbeiter hinter sich und als Eisverkäufer in Rheinland-Pfalz begonnen, war in einer Ziegelfabrik, zur Übernachtung im Vierbettzimmer mit Strohbetten. Auch in Würzburg hatte er später Jobs als Hilfsarbeiter, machte dann das Fachabitur und eine Ausbildung als Nachrichtengerätemechaniker. Danach folgte die Tätigkeit bei der Caritas in Würzburg.
Dass zwei Sizilianer im Würzburger Stadtrat vertreten sind, ist ein Phänomen. Wer wählt sie und warum? Die Würzburger Italiener können es allein nicht sein. Es sind rund 700. Allerdings gibt es darüber hinaus inzwischen mindestens tausend Italiener, die schon in der zweiten und dritten Generation hier in Würzburg leben. Ihr Engagement für die ausländischen Mitbürger hat Pecoraro und La Rosa sicher bekannt gemacht. Es wird also sehr viele Wähler mit Migrationshintergrund geben, die den beiden ihre Stimme geben. Aber beide sind überzeugt, dass sie auch von vielen deutschen Freunden Unterstützung für ein Stadtratsmandat erhalten.
Eine deutsch-italienische Mischung würde Pecoraro auch in der Kommunalpolitik für gut halten. Da kommen zwei Welten zusammen. In Italien ist Kommunalpolitik sehr farbig und sehr laut, in Würzburg ist alles sehr geordnet und strukturiert, mit vielen Kilo Papier.
Emanuele La Rosa wird da noch etwas deutlicher. Politik in Italien sei eine Katastrophe, sagt er. Dann schlägt aber wieder das andere Herz: „Wir haben große wirtschaftliche Probleme in Italien, aber wir sind auch nach Deutschland in der EU das Land mit den meisten Exporten. Wir haben die Kraft, das selbst zu schaffen“. Das ist Forza Italia.
Schaffen wollen beide auf jeden Fall eine Partnerschaft mit einer italienischen Stadt. Es gibt kein Land, mit dem Würzburg so viele Verbindungen hat, sagen sie. Die Stadt sollte im Süden Italiens liegen.