Der Theatermacher Bernd Kreußer ist tot. In Geroldshausen, wo er mit seiner Familie lebte, liegt er begraben. Seine Angehörigen, Freunde und Weggefährten – wohl um die 200 Trauernde – feierten ihn auf dem Friedhof unter einem blauen Himmel mit einem leisen, anrührend schönen Fest.
Wach, kritisch, nie verletzend
Kreußer war, gemeinsam mit seiner Frau Jutta Schmitt, Gründer und Leiter des Plastischen Theater Hobbit in der Münzstraße. Er war Puppenspieler, Holzschnitzer, Bühnenbildner, Dramaturg, Regisseur und Manager zugleich. Zum Auftakt der Trauerfeier beschrieb Würzburgs Kulturreferent Muchtar Al Ghusain Kreußer als „klug, er war wach und aufmerksam, er war kritisch, aber zurückhaltend, deutlich, aber nie verletzend“. Kreußer sei bedeutend gewesen für Würzburgs Kulturleben „und darüber hinaus ein bedeutender Künstler und ein feiner Mensch“.
Kreußer, am 22. März 1952 geboren in Dettelbach, ist aufgewachsen im Geist der 68er-Bewegung. Eva-Maria Barklind-Schwander, eine Freundin und Wegbegleiterin, schilderte ihn als einen, der alles in Frage stellte, der sich materiellem Wohlstand und sozialer Sicherheit ebenso verweigerte wie den gesellschaftlichen Werten der Elterngeneration. Er wollte, sagte Barklind-Schwander, „Leben neu denken und neu leben“.
1976 lernt Kreußer die bildende Künstlerin Jutta Schmitt kennen. Die beiden ziehen nach Geroldshausen. Kreußer wird Puppenspieler. Auf Reisen, unter anderem durch Indien, Afghanistan, Pakistan, Iran, durch die USA und die Mongolei lernt das Paar andere Kulturen und Künste kennen. Mit ihrer mobilen Bühne treten sie in ganz Europa auf. Das Reisen prägt sie, sie prägen ihr Umfeld. Auf dem Friedhof verabschiedeten sich seine Freunde – unter anderem die Musiker Rainer Schwander, Bernhard von der Goltz und Jürgen Benz – von ihm mit musikalischen, poetischen und philosophischen Elementen aus vielen Teilen der Welt, auch aus der buddhistischen, islamischen und christlichen Mystik.
Kreußer und Schmitt führen manche ihrer Stücke – „Üchtel Üchtel“ oder „Fitzliputzli“ zum Beispiel – so oft auf, dass sie beinahe zum Synonym für ihr Theater werden. Kreußer entwickelt das Puppenspiel zu einer eigenständigen, durchaus auch eigenartigen Kunst. Mit dem brachialen Kasper oder der lebhaften Augsburger Puppenkiste hat er nichts im Sinn. Al Ghusain beschreibt seine Theaterarbeit als „leise, zart, aber ehrlich, mit kraftvollen Bildern, lebendigen Figuren und künstlerischer Kraft“. Man möchte hinzufügen: mit poetischer Kraft.
Künstler ohne Kompromisse
Kreußer und Schmitt werden in den 80er-Jahren künstlerisch sesshaft, erst gemeinsam mit Thomas Heinemann im Theater am Neunerplatz, dann, 1990, mit dem Plastischen Theater Hobbit in der Münzstraße. In den früheren 80ern beginnt Kreußer seine Auseinandersetzung mit der Malerei. Aktuell ist im Foyer des Marienkrankenhauses Kassel eine Ausstellung mit Werken von ihm und von Jutta Schmitt zu sehen. „Über-Leben“ heißt sie.
Al Ghusain sagt über Kreußer, er sei einer gewesen, der keine Kompromisse eingehen wollte. Er „wollte seine Freiheit bewahren“ und habe dafür „ein Leben in relativer Armut in Kauf genommen“. Dennoch gründeten Kreußer und Schmitt eine Familie; sie bekamen drei Kinder. Kreußer starb kurz vor seinem 62. Geburtstag an Lungenkrebs.