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ZELLERAU: Ein Pazifist mit Zigarette

ZELLERAU

Ein Pazifist mit Zigarette

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    Mit Kippe: Stadtheimatpfleger Hans Steidle erinnert mit einer Solidaritäts-Zigarette an den Schriftsteller und passionierten Raucher Leonhard Frank.  HEIKE THISSEN
    Mit Kippe: Stadtheimatpfleger Hans Steidle erinnert mit einer Solidaritäts-Zigarette an den Schriftsteller und passionierten Raucher Leonhard Frank. HEIKE THISSEN Foto: Foto:

    Stadtheimatpfleger Hans Steidle schmunzelt jedes Mal, wenn er die Zeller Straße im Mainviertel hinaufgeht. Schuld daran ist eine wenig beachtete Bronzetafel an einem Mauervorsprung unterhalb der Deutschhauskirche. Sie zeigt den Würzburger Schriftsteller Leonhard Frank bei einer seiner Lieblingsbeschäftigungen. Beim Schreiben? Nein! Beim Rauchen! „Das ist ein politisch unkorrektes Bild von Leonhard Frank und darum gefällt es mir so gut“, sagt Steidle lächelnd und zündet sich selbst eine Gedenkzigarette an. „Das mache ich meistens, wenn ich hier vorbeikomme.“

    Dass die Plakette ausgerechnet dort hängt, wo die meisten Menschen mit dem Auto Gas geben, um den Berg zu erklimmen, und nur wenige zu Fuß vorbeikommen, hat seinen Grund: Nebenan, in der Zeller Straße 34, stand einst das Geburtshaus von Leonhard Frank. „Es wird immer erzählt, er sei im Mainviertel aufgewachsen. Doch das stimmt nicht. Seine Eltern sind mit ihren vier Kindern oft umgezogen und Frank hat den Großteil seiner Kindheit in der Altstadt verbracht“, stellt Hans Steidle richtig. Am 4. September 1882 kam Leonhard Frank auf die Welt, bereits ein Jahr später zog die Familie aus der Zeller Straße weg. Anfang des 20. Jahrhunderts musste sein Geburtshaus einer breiteren Straße Platz machen.

    Zur selben Zeit dürfte der junge Mann mit dem Rauchen begonnen haben. „Frank studierte von 1904 bis 1910 Grafik und Malerei in München. Da war er so bettelarm, dass er mit dem Rauchen anfing, um den Hunger zu übertünchen“, erklärt Hans Steidle. Das mit dem Hunger änderte sich, als er 1914 mit seinem Romandebüt „Die Räuberbande“ einen Erfolg landete. Das mit dem Rauchen behielt er bei. So begleitete ihn die Zigarette für den Rest seines Lebens: im Schweizer Exil während des Ersten Weltkrieges genauso wie in den 1920er-Jahren, in denen er sehr erfolgreich Bücher schrieb und einen Preis nach dem anderen verliehen bekam, und auch im Exil während des Dritten Reiches, als der überzeugte Pazifist und Unterstützer der Linken sich erst durch Europa und dann in die USA nach New York flüchtete. Als er 1950 nach Deutschland zurückkehrte, haderte er mit den Menschen und ihrem Verhalten.

    Dass unter anderem eine Darstellung mit Zigarette an ihn erinnert, kam so: Als der Würzburger Verschönerungsverein 1997 die Künstlerin Renate Jung damit beauftragte, das Porträt anzufertigen, überlegte diese, wie sie den Schriftsteller wohl am besten darstellen könnte. Sie fragte den Kunsthistoriker Heiner Reitberger, der mit Frank freundschaftlich verbunden war und zu der Zeit das lebende Gewissen der Stadt war. „Er riet mir zur obligatorischen Zigarette. Die war mir auch als diagonales Kompositions-Element willkommen.“

    Unter dieser kritischen Beratung entstand ein sehr lebendiges Porträt von Leonhard Frank, das ihn zeigt, wie er war. Und nicht so, wie ihn Nichtraucher-Aktivisten vielleicht gern sehen würden.

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