Viele Journalisten können gut schreiben oder moderieren, tun sich aber schwer, wirtschaftspolitische Zusammenhänge zu verstehen. Viele Ökonomen kennen wirtschaftliche Theorien bis ins Detail, aber es gelingt ihnen nicht so recht, ihr Wissen auch verständlich für Otto Normalbürger zu vermitteln. Gefragt sind also Leute, die sowohl wirtschaftlich als auch journalistisch kompetent sind. Sie auszubilden ist Ziel des Lehrangebots Wirtschaftsjournalismus, das im Sommersemester neu in die Masterstudiengänge Economics und Medienkommunikation an der Universität Würzburg aufgenommen wird.
Die Idee, dieses Lehrangebot auf den Weg zu bringen, stammt von zwei Professoren ganz unterschiedlicher Fakultäten: Peter Bofinger ist Volkswirt und Wirtschaftsweiser, Holger Schramm ist Medienwissenschaftler am Institut Mensch-Computer-Medien. Gemeinsam haben sie bei der regionalen Wirtschaft Interesse für den Studienschwerpunkt geweckt. Dank Förderung durch die „Vogel-Stiftung Dr. Eckernkamp“, die Industrie- und Handelskammer (IHK) und die Sparkasse Mainfranken hat die Universität eine sogenannte Stiftungsprofessur eingerichtet. Erster Inhaber ist der renommierte Fernsehjournalist Kim Otto (siehe Infobox).
Sein Ziel sei es, so Otto vor der Presse, pro Semester 20 Studenten der Medien- und Wirtschaftswissenschaften zusätzlich zu qualifizieren. Neben der Medientheorie wird die Praxis großgeschrieben. Dabei sollen die Studierenden die ganze Vielfalt kennenlernen, die Zeitungen, Zeitschriften, Fernsehen, Radio und Onlinemedien zu bieten haben. „Es geht uns um Qualitätsjournalismus“, so der Professor.
Ein Aspekt, den auch die Stifter betonen. Insbesondere in der Finanz- und Wirtschaftskrise habe sich gezeigt, „dass der Bedarf an wirtschaftspolitischem Journalismus, kompetenter Recherche und verantwortlicher Aufbereitung groß ist“, sagt der langjährige Verleger Kurt Eckernkamp („Vogel Business Media“). Eine fundierte Ausbildung trage dazu bei, ökonomische Zusammenhänge „verständlich, glaubwürdig und medial zeitgemäß“ darzustellen. Eckernkamps Stiftung fördert den Studiengang in den nächsten fünf Jahren mit 150.000 Euro.
100.000 Euro kommen von der Sparkasse. „Wirtschaftliche Bildung ist ein hohes Gut, sie gehört zu unserem öffentlichen Auftrag“, unterstreicht Vorstandsvorsitzender Bernd Fröhlich. 82.500 Euro steuert die IHK bei. „Ein Investment zur Stärkung der Region“, so die Überzeugung von Hauptgeschäftsführer Ralf Jahn. Er sieht gute Berufschancen für Wirtschaftsjournalisten auch in den Pressestellen von Unternehmen.
Seitens der Universität zeigte sich Präsident Alfred Forchel vor der Presse dankbar für die Unterstützung aus der heimischen Wirtschaft. Allein mit eigenen Mitteln wäre das 500.000 Euro-Projekt nicht zu stemmen gewesen. Nach fünf Jahren müsse man dann sehen, inwieweit das Angebot fortgesetzt werden kann. Beispielhaft sei das neue Lehrangebot auch, weil hier zwei Fakultäten, die für Wirtschaftswissenschaften und die für Humanwissenschaften, zusammenarbeiten.
Kim Otto
Erster Inhaber der Stiftungsprofessur für Wirtschaftsjournalismus an der Universität Würzburg ist Kim Otto (Jahrgang 1968). Der gebürtige Essener hat Politikwissenschaft, Volkswirtschaftslehre, Jura und Journalistik studiert. Beim Westdeutschen Rundfunk (WDR) hat Otto volontiert, seit 2001 arbeitet er dort für das ARD-Politikmagazin„Monitor“ und die ARD/WDR-Reihe „die story“.
Für seine Recherchen wurde Otto 2007 mit dem renommierten Grimme-Preis ausgezeichnet. Er hatte aufgedeckt, dass in Bundesministerien externe Personen an der Gesetzgebung mitarbeiten, die von Konzernen bezahlt werden. Über das Thema schrieb er gemeinsam mit Sascha Adamek den Sachbuch-Bestseller „Der gekaufte Staat“ (2008). Aus der Feder der beiden stammt auch das Buch „Schön reich – Steuern zahlen die anderen: Wie eine ungerechte Politik den Vermögenden das Leben versüßt“ (2009).
Seit 2007 lehrte Otto an der Macromedia Hochschule für Medien und Kommunikation (MHMK) in Köln das Fach Politikjournalismus.