Die Polizei wird saniert – und Interessantes kommt ans Licht. Bereits im Vorfeld des Baus der Tiefgarage westlich des Polizeigebäudes in der Augustinerstraße hatten in den Jahren 2013 und 2014 umfangreiche archäologische Untersuchungen stattgefunden. Unter dem ehemaligen Klostergarten konnten die Archäologien wie berichtet Reste einer über zwölfhundert Jahre zurück reichenden Besiedlung aus der Zeit vor der Klostergründung aufdecken und dokumentieren.
Seit Mitte April sind nun weitere Ausgrabungen östlich des Polizeigebäudes im Gange. Zwar wird in diesem Bereich keine Tiefgarage gebaut, doch sind auch hier im Zuge der Umgestaltung Eingriffe in den Boden geplant. Und di werden „zur Beseitigung der noch im Untergrund steckenden historischen Reste führen“, schreibt Bettina Schmincke vom staatlichen Bauamt Würzburg in einer Presseinformation. Also: erneut ein Fall für die Archäologen.
Klostergründung 1259
Erst durch die Kriegszerstörungen und den Wiederaufbau in den 1950er Jahren ist das heute vertraute Bild einer Freifläche zwischen dem Polizeigebäude und der Augustinerstraße entstanden. Zuvor war dieser Bereich bebaut. Spätestens in der Zeit um 1100 waren hier die ersten Wohnhäuser errichtet worden. 1259 gründeten Mönche das Augustinerkloster.
Sie rissen die bisherigen Wohnhäuser ab oder bauten sie um, so dass sie ihre Klosterbauten nach ihren Vorstellungen gestalten konnten. In der rund 550 Jahre andauernden Klosterzeit kam es immer wieder zu Veränderungen und Neubauten. Bald nach dem Umzug der Augustiner in die Gebäude des ehemaligen Dominikanerkonvents am Dominikanerplatz im Jahr 1813 wurden die leer stehenden Klosterbauten wieder mit neuem Leben gefüllt, als hier ein Gymnasium entstand. Auch dies führte wieder zu Um- und Neubauten. Einen tiefen Einschnitt bildeten dann die Schäden durch die Bombardierungen 1945.
Alle diese unterschiedlichen Nutzungen – bürgerliche Wohnhäuser, Klosterbauten, Schule – haben ihre Spuren im Boden hinterlassen. Zwar wurden nach dem Krieg die Trümmer beseitigt, doch Grundmauern und Kellerräume stecken unter dem ehemaligen Parkplatz noch immer im Boden. So war es keine Überraschung, dass bereits wenige Zentimeter unter der heutigen Oberfläche die ersten Mauerzüge zum Vorschein kamen, schreibt Schmincke.
Ordnung in die Mauer-Verwirrung
Hauptarbeit der Archäologen ist es jetzt, die historischen Hinterlassenschaften freizulegen und zu dokumentieren. Vor allem gilt es, Ordnung in das auf den ersten Blick verwirrende Bild der vielen verschiedenen Mauerzüge zu bringen. Nicht alle jetzt bereits frei liegenden Mauern gehören zu Gebäuden, die gleichzeitig gestanden haben. Die Verwendung unterschiedlicher Materialien wie Kalkstein, Sandstein und Ziegel und vor allem die im Laufe der Jahrhunderte ganz unterschiedlich zusammengesetzten Mörtel erlauben es den Forschern, verschiedene Bauphasen voneinander zu unterscheiden.
So fällt einer der ältesten Mauerzüge durch einen fast braunen Mörtel auf. Hierbei handelt es sich um ein Gebäude, das noch aus der Zeit vor der Klostergründung stammt. Vermutlich zu den frühen Konventsbauten gehört ein anderer großer Komplex. Hier ist ein späterer Umbau erkennbar, bei dem die bisherigen Mauern verstärkt wurden, um ein Kellergewölbe einbauen zu können. Weitere Kellerräume stammen erst aus der Schulzeit.
Überraschungen erwartet
Unscheinbare kleine Fundstücke, wie etwa Scherben von zerbrochenen Keramikgefäßen, helfen den Archäologen, die Erdschichten, aus denen sie stammen, genauer zu datieren. Die bisher ältesten Stücke sind auch hier mindestens 800 Jahre alt, sagt Schmincke. Die Arbeiten stehen erst am Anfang, und so rechnen die Ausgräber mit Überraschungen und noch älteren Funden. Es wird viel Schutt zu bewegen sein, um diesem Stück von Alt-Würzburg zumindest einen Teil seiner Geschichte zu entlocken. Nur eines ist sicher: wenn die Archäologen fertig sind, müssen die freigelegten Strukturen in Abstimmung mit der Denkmalpflege zugunsten der Neugestaltung des östlichen Vorplatzes weichen.
In der Zwischenzeit wächst der dreigeschossige Erweiterungsbau des denkmalgeschützten Hauptgebäudes in die Höhe. Die oberste Geschossdecke des Neubaus wird voraussichtlich Ende Juni 2015, Fassaden und Dächer werden vor den Wintermonaten fertig gestellt sein, so dass der Nutzer – die bisherigen Polizeiinspektionen Würzburg-Ost und West, vereint als „Polizeiinspektion Würzburg-Stadt“ – wie geplant ab Herbst 2016 einziehen kann.