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GREUSSENHEIM: Landschaftspfleger mit Biss

GREUSSENHEIM

Landschaftspfleger mit Biss

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    Futtern gegen die Verbuschung: Der Appetit von Sybille Kuhns 28 Burenziegen sorgt dafür, dass das artenreiche „Wilzi“ in Greußenheim in Schuss bleibt.
    Futtern gegen die Verbuschung: Der Appetit von Sybille Kuhns 28 Burenziegen sorgt dafür, dass das artenreiche „Wilzi“ in Greußenheim in Schuss bleibt. Foto: Foto: Elfriede Streitenberger

    Sie sind gefräßig, witterungstolerant und robust – die Burenziegen von Sybille Kuhn (52) aus Greußenheim. Seit 15 Jahren weiden die Ziegen das fast neun Hektar große Naturschutzgebiet „Wilzi“ am Herchenberg im Auftrag des Landratsamtes Würzburg und schützen es so vor Verbuschung und Vergrasung. Neben der Lieferung von hochwertigen Lebensmitteln wird die Ziege zunehmend in der Landschaftspflege eingesetzt. Sie ist besonders geeignet, Flächen frei zu halten und leistet damit auch einen Beitrag zur Biotopflege und somit zum Naturschutz.

    Ab Anfang Mai, wenn die Geißen mit ihren Jungen von der Kinderstube im Wiesengrund zur „Wilzi“ getrieben werden, wird es trubelig im Berg. Die „Wilzi“ ist eine alte Hutefläche, begrenzt von Kiefernwald im Norden und Osten. Die Trockenrasenfläche besticht durch ihre wilde Schönheit mit dichten Wacholder- und Schlehenbüschen und alten Obstbäumen. Der Kalkmagerrasen ist sehr artenreich. Dort finden sich Enzian, Hügel-Meister, die gewöhnliche Küchenschelle und andere Pflanzen. Entstanden ist die Fläche durch Rodung und anschließender Nutzung im 14. Jahrhundert. Noch bis Mitte des 19. Jahrhunderts war die Steillage „Wilzi“ Anbaufläche für Wein. Ob der Weinbau eingestellt wurde, weil im Bruderkrieg Bayern gegen Preußen 1866 die Weinberge zum Kriegsschauplatz wurden oder ob es die Reblaus war, die 1864 Einzug hielt und mehr als zwei Drittel der Reben in Europa vernichtete, ist nicht bekannt. In den folgenden Jahrzehnten wurde das Grünland unterschiedlich genutzt. Zeiten der Beweidung und Mahd des Grünlandes wechselten einander ab. Bis Ende des 20. Jahrhundert war die „Wilzi“ in Privatbesitz. Der Schäfer Karl Stegerwald weidete die Flächen über viele Jahrzehnte hinweg mit seinen Schafen ab, um den offenen Hangbereich vor dem Einwandern von Saumarten und Hecken zu schützen. Im unteren Bereich der „Wilzi“ hatte Karl Stegerwald einen Schafstall stehen, der den Tieren Unterstand bot. Nach seinem Tod drohte die „Wilzi“ zu verbuschen, da die Fläche für die konventionelle Landwirtschaft nicht rentabel war. Die Kulturlandschaft mit hohem ökologischem Wert drohte zu verschwinden.

    Ende des 20. Jahrhunderts wurde die Fläche vom Landratsamt Würzburg gekauft und zum Naturschutzgebiet erklärt. Roman Götz beweidete die „Wilzi“ ab 1990 mit seinen Schafen, bis er 2000 aus gesundheitlichen Gründen seine Hobby-Schäferei aufgeben musste. Die Liebe zur Natur war Anlass für Sybille Kuhn, die Beweidung der „Wilzi“ mit ihren Burenziegen zu übernehmen. Sie vergrößerte ihre Herde auf über 30 Tiere und zieht nun schon seit 15 Jahren immer von Anfang Mai an mit den Geißen und ihren Jungen auf die „Wilzi“. In diesem Jahr gab es nur wenige Mehrlingsgeburten, deshalb ist die Herde mit 28 Tieren verhältnismäßig klein. „In manchen Jahren, erzählt Sybille Kuhn, haben wir zwei bis drei Drillinge und einige Zwillinge dabei, dann vergrößert sich die Herde natürlich um einige Tiere. Wenn die Geißen zickeln, wird es spannend im Ziegenstall. Denn es komme immer wieder mal vor, berichtet Kuhn, dass die Kleinen nach der Geburt nicht so recht trinken wollen. „In solchen Fällen legen wir die Jungen der Mutter stündlich an und verbringen schon mal einige Nächte im Ziegenstall, um ihnen Starthilfe zu geben.“ Meistens haben es die Kleinen bis zum nächsten Morgen gelernt und finden sich allein zurecht.

    Unterstützt wird Sybille Kuhn von der ganzen Familie. „Alleine“, so Kuhn, „wäre mein aufwendiges Hobby nicht zu schaffen.“ Auch Enkel Nils (3) läuft schon beim Auftrieb der Herde zur „Wilzi“ mit und versucht, den Hunden Kommandos zu geben. Sie sind unverzichtbare Helfer auf der Weide. Die beiden Border Colli, Lion (15) und Muck (2), sind von ihrem Mann, Klaus Kuhn, ausgebildete Hütehunde. „Die Ziegen spielen mit den Menschen und wären ohne die Hütehunde nicht oder nur schwer in die gewünschte Richtung zu bewegen“, sagt Klaus Kuhn.

    In regelmäßigen Abständen muss die Weidefläche, die in fünf Teilbereiche (Weiden) aufgeteilt ist, gewechselt werden. Für die dauerhafte Einzäunung der Ziegen verwendet Sybille Kuhn Litzen. So kann sie die Tier alleine grasen lassen, ohne sie dabei ständig beobachten zu müssen.

    Für die Landschaftspflege eignen sich Ziegen besonders wegen ihres Fressverhaltens, erklärt Sybille Kuhn. Ziegen haben ein breiteres Futterspektrum als Rinder und Schafe. Sie benutzen zum Festhalten des Futters nicht die Zunge, sondern die sehr beweglichen und zum Greifen geeigneten Lippen. Dies ist auch die Ursache für das feine Selektionsverhalten und für den relativ tiefen Abbiss. Die Ziege bevorzugt bei ihrer Nahrungsaufnahme ein vielfältiges Angebot und ist damit für die Landschaftspflege besonders prädestiniert. Ein weiterer Pluspunkt: Die vergleichsweise leichten Tiere verursachen kaum Trittschäden und schonen so die Vegetationsnarbe.

    Eine manuelle und maschinelle Pflegemaßnahme ist in der Steillage sehr schwierig. Neben den enormen Kosten verdichtet das Gewicht der Maschinen den Boden zu stark und die Reifen hinterlassen tiefe Spuren.

    Die Ziegenzucht brauche etwas Erfahrung, sagt Kuhn. Die Tiere seien anfällig für Magenverstimmungen oder Klauenerkrankungen. Durch ihre jahrzehntelange Erfahrung als Besitzerin eines Futtermittelhandels in Greußenheim hat sie aber einen guten Weg gefunden, die Tiere optimal zu halten.

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