Kurz vor 11 Uhr am Freitagmorgen nimmt sich Landrat Eberhard Nuß eine kurze Auszeit. Abseits des Trubels steht er ganz entspannt am Beckenrand und erfreut sich am Blick ins ruhige Wasser. Was jetzt wohl in seinem Kopf vorgeht? Sicher sind es noch einmal die aufregenden Zeiten, wie all der Ärger über den Baupfusch beim Bau des Hallenbades an der Realschule, die jetzt wieder in Erinnerung kommen. Gedanken, die der Landrat aber schnell wieder verdrängt. Denn heute will er sich freuen. Und endlich an der Seite von Schwimmweltmeister Thomas Lurz ins Wasser springen. Ein Tag, auf den er lange gewartet hat: „Ein erhebender Augenblick.“
Dann, kurz nach 11, wird Nuß von zwei Schülerinnen der Realschule interviewt. Endlich darf er seine Freude rauslassen. „Ich bin befreit, dankbar und froh“, freut sich Landrat Eberhard Nuß über die Eröffnung Und überschwänglich vor Glück gibt er zu: „Ich bin aufgeregt wie am Tag meiner Ersten Heiligen Kommunion.“ Seine Freude hat einen Grund: Nach fünf Jahren Bauzeit, inklusive Baustopp von zwei Jahren, ist nun das Hallenbad der Realschule am Maindreieck endlich fertig gestellt und darf von Schülern und der Allgemeinheit genutzt werden.
„Ich bin aufgeregt wie am Tag meiner Ersten Heiligen Kommunion.“
Eberhard Nuß, Landrat
Auf die dunklen Jahre während der Bauphase will Nuß nicht mehr eingehen. „Die Gründe sind hinlänglich bekannt“, sagt er kurz. Heute will er positive Schlagzeilen sehen. Die Aufregung um den Pfusch beim Bau der Schwimmhallendecke, die lange Wartezeit auf ein Gutachten, der immer wieder verzögerte Fertigstellungstermin und zuletzt der Ärger um falsch verklebte Fliesen sind Kapitel, die im Landratsamt Würzburg einige Aktenordner füllen. Und noch immer werden Blätter abgeheftet. Denn juristisch ist die Auseinandersetzung um die Hallendecke längst noch nicht abgeschlossen.
Landrat Eberhard Nuß badet im Glück. Posted by Main-Post Ochsenfurt on Freitag, 16. Oktober 2015
2008 hatte der Bauausschuss des Kreistages entschieden, eine Turn- und Schwimmhalle an der Realschule zu bauen. Ursprünglich war geplant, die Turnhalle neu zu bauen und das bestehende Schwimmbad zu sanieren. 6,5 Millionen Euro sollte das schätzungsweise kosten. Zwei Monate später, wieder im Bauausschuss, überzeugte Nuß die Kreisräte schließlich, das Hallenbad neu zu bauen. Denn das würde nur um 250 000 Euro teurer.
Des Landrats Ziel war es auch, ein 25 Meter langes und 12,5 Meter breites Schwimmbecken zu bauen. Einen Zuschuss des Freistaates gab es allerdings nur für ein Schwimmbecken mit einer Länge von 16 Metern, das für den Schulsport aus Sicht des Kultusministeriums völlig ausreichen würde. Doch das war Nuß zu klein. „Die Bevölkerung werde nicht nachvollziehen können, dass, wenn man so viel Geld ausgibt, nur ein kleines Becken gebaut werden soll“, wird er im Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 16. Juli 2008 zitiert. Ein Satz, der die Kreisräte überzeugte. Sie stimmten schließlich zu, die Mehrkosten für das größere Schwimmbecken aus der Landkreiskasse zu bezahlen.
Und es zahlt sich aus. Die Schwimmabteilung des Ochsenfurter Turnvereins (TVO) ist begeistert. Claudia Berger und Renate Schmalzl freuen sich, dass sie jetzt wieder im Hallenbad Aquafitness und Schwimmkurse anbieten können. Zur Freude der beiden hat auch der Finanzausschuss des Ochsenfurter Stadtrates am Donnerstag entschieden, dass er den TVO und die Wasserwacht finanziell unterstützen möchte. Pro Stunde gibt es einen Zuschuss von 35 Euro. Und um Kindern einen Anreiz zum Schwimmen zu geben, sollen jene, die beim TVO einen Schwimmkurs machen, eine Zwölferkarte fürs Ochsenfurter Freibad bekommen.
Mit ihrer Idee, Kindern einen Anreiz zu geben, liegen die Stadträte gar nicht falsch. Denn selbst Neuntklässler der Realschule würden sich jetzt melden und fragen, ob sie nicht Schwimmen lernen dürften, sagt Schulleiterin Sonja Fischer-Seitz.
Dann legt Landrat Nuß seine Klamotten ab. In bester Chippendale-Manier fliegen Jackett, Krawatte, Hemd und Hose in die Ecke. Doch weder Sixpack, noch Brusthaar bekommen die neugierigen Damen zu sehen. Nuß trägt einen blau-weiß gestreiften Einteiler wie er in den 20-Jahren Mode war. Schwimmweltmeister Thomas Lurz hat den Damen da wesentlich mehr zu bieten. Begleitet von einer Schar Schülern springen beide ins 28 Grad warme Wasser. Nuß zieht ein paar Bahnen, trocknet sich ab und ist dann wieder der Landrat im Anzug und mitten im Trubel.
Thomas Lurz hat dafür noch ein Weilchen zu tun. Er tritt gegen Schüler und TVO-Mitglieder in einer Schwimmstaffel an. Und ist allen eine Bahn voraus.