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WÜRZBURG: Ein Kaiser in Heidingsfeld

WÜRZBURG

Ein Kaiser in Heidingsfeld

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    Zweiköpfiger Reichsadler und böhmischer Löwe, ehemals am Obertor in Heidingsfeld.
    Zweiköpfiger Reichsadler und böhmischer Löwe, ehemals am Obertor in Heidingsfeld. Foto: Foto: Otto Baumann, Stadtarchiv

    Karl IV. stammte aus dem Haus Luxemburg und wurde als Sohn des böhmischen Königs Johanns von Luxemburg 1316 in der Residenzstadt Prag geboren. Erzogen wurde er am französischen Königshof. Dank umfassender Ausbildung beherrschte er neben Deutsch, Französisch und Latein – die Sprache der Gelehrten – auch Tschechisch und Italienisch. Während seiner langen Regierungszeit, die ihn auch nach Würzburg und insbesondere nach Heidingsfeld führte, wurde er zu einem der bedeutendsten Herrscher des späten Mittelalters.

    1346 als Kurfürst zum deutschen (römischen) König gewählt, geriet er kurze Zeit später im Bündnis mit den Franzosen, die im Hundertjährigen Krieg gegen die Engländer kämpften, in die Katastrophe der Schlacht von Crécy. Nach einer Verwundung konnte er sich jedoch absetzen. Im heimatlichen Böhmen wurde er 1347 zum König gekrönt. Er erweiterte das dortige Krongut, die königlichen Güter, baute Prag zur prächtigen Hauptstadt aus und gründete 1348 zur Förderung der Wissenschaften, Kunst und Kultur die erste Universität nördlich der Alpen. Für jeden deutschen König war es seit Karl dem Großen das Ziel, in Rom zum Kaiser gekrönt zu werden. Dies gelang Karl auf seinem Italienzug 1354/55. Die Krönung übernahm allerdings nicht der Papst, sondern Kardinal Peter von Ostia.

    Dank kluger Verhandlungen vermochte er seinen Sohn Wenzel durch die Kurfürsten zum deutschen König wählen zu lassen. Wenzel wurde besonders für Würzburg bedeutend, als er der Stadt 1397 für kurze Zeit die Reichsfreiheit verlieh. Die Zusagen an die Stadt Würzburg, nunmehr über ähnliche Rechte wie Nürnberg, Frankfurt oder Rothenburg ob der Tauber verfügen zu können, erfolgte im Wenzelsaal des Grafeneckart, der ja heute noch die originale Ausstattung zeigt.

    Drückend waren die Schulden, hoch der Aufwand für den Ausbau eines eigenen Territoriums und die Durchführung zahlreicher Fehden, die mehr Gewinn versprachen als langwierige Prozesse vor Gericht. Geld war vor allem von den Städten zu holen, die im 14. und 15. Jahrhundert durch Handel und Handwerk aufblühten. Die Städtepolitik Karls war fiskalisch bestimmt, das heißt um regelmäßige Steuern erheben zu können, stützte er sich vorrangig auf die kapitalkräftigen Reichsstädte, die außer dem König keinen fremden Herrn über sich hatten.

    Aufgrund von Erfahrungen unmittelbar nach seiner Wahl, als er massive Schwierigkeiten hatte, durch fremde und teilweise feindlich gesinnte Territorien von Bonn nach Frankfurt und Böhmen zu gelangen, versuchte er, von Prag bis Frankfurt eine Landbrücke anzulegen. So ließ er an der von Ost nach West führenden Hauptstraßenverbindung Städte errichten und Burgen ausbauen. Damit standen ihm feste böhmische Stützpunkte zur Verfügung. Im fränkischen Raum waren dies unter anderem Prichsenstadt, Mainbernheim, Iphofen, Heidingsfeld und Homburg am Main.

    Von Dezember 1366 bis Januar 1367 residierte der Kaiser in Begleitung seines Sohnes Wenzel, inzwischen böhmischer König, für mehrere Wochen in Heidingsfeld. Untergebracht waren sie wohl in der Burg an der südwestlichen Stadtmauer nahe dem Stegenturm. In der kleinen Stadt am Main leitete er die Regierungsgeschäfte und stellte Urkunden aus. Unter anderem wurde die Geistlichkeit des Bistums Würzburg in kaiserlichen Schutz genommen, Heidingsfeld zur Stadt erhoben, schrittweise befestigt und privilegiert, das heißt mit zusätzlichen Rechten ausgestattet. Sohn Wenzel erhielt Burg und Stadt Heidingsfeld von seinem Vater als Lehen des Reichs. Es stand nun im Besitz des böhmischen Königs.

    Nicht begeistert war der Würzburger Bischof Albrecht von Hohenlohe, denn militärisch und wirtschaftlich bedrängte der nahe, fest ummauerte Ort die Bischofsstadt am Main. 1368 verlieh der Kaiser Heidingsfeld das Recht, in einer Münze eigene Heller zu schlagen, die reichsweit Geltung haben und als Münzbild das böhmische Wappen tragen sollten. Inwieweit diese Münze florierte, ist unklar, doch konnte Heidingsfeld unter der meist fernen und daher wohl beliebten böhmischen Herrschaft städtische Vorrechte und Autonomie genießen.

    Vielfältig und klassisch gebildet zeigte sich die Person des Kaisers. Trotz tiefer Frömmigkeit und ausgeprägtem Reliquienkult war sein Regierungshandeln von Realismus und Flexibilität geprägt. Das Papsttum war ihm vorrangig machtpolitischer Faktor, nicht so sehr geistliche Autorität. Seine Politik gründete er weniger auf das Schwert als auf diplomatische Mittel. Wie seine italienischen Begleiter erwähnen, urteilte er rasch und unabhängig. In seinen Regierungsapparat zog er kundige Mitarbeiter aus dem ganzen Reich, jedoch nicht aus dem Adel, sondern aus dem Großbürgertum.

    Als er 1331 in der Nähe von Pavia aufgrund seiner Teilnahme am Gottesdienst die Mahlzeit verschob und damit einem Giftanschlag entging, dem Hofmeister und Mundschenk zum Opfer fielen, fühlte er sich in seinem Selbstverständnis als Herrscher bestätigt. Er sah sich unmittelbar von Gott geleitet und geschützt.

    Mit dem Reichsgrundgesetz von 1356, der sogenannten Goldenen Bulle – einer mit Goldsiegel bekräftigten Urkunde – erließ er ein zentrales Verfassungsdokument des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Dieses regelte für Jahrhunderte Wahl und Krönung der deutschen Herrscher und blieb bis 1806, dem Ende des Alten Reiches, gültig. Seit 2013 zählen die sieben Ausfertigungen, von denen zwei Exemplare in bayerischen Staatsarchiven liegen, zum Weltkulturerbe.

    Als einziger mittelalterlicher Herrscher hat Karl IV. eine Autobiographie verfasst. Er beabsichtigte damit, ein belehrendes Beispiel für seine Nachfolger zu bieten, wie gute Politik zu gestalten sei. Zudem wollte er anhand seiner eigenen Lebensgeschichte nach antiker Tradition den mühsamen und schmalen Weg der Tugend empfehlen, der im Alter den sogenannten ruhigen Sitz, das glückliche Ziel, garantiert.

    Seine beiden Söhne Wenzel und Sigismund, der erste 1376, der zweite 1410 zum römischen König gewählt, führten sein Werk mit wechselndem Erfolg fort.

    Dem Staatsarchiv Würzburg ist für die großzügige Unterstützung bei der Reproduktion originaler Vorlagen wie Urkunden, Akten und Siegeln zu danken. Für die stadthistorische Forschung wie auch für die heimatkundliche Arbeit in Schulen und Geschichtswerkstätten ist sein Verbleib in der Würzburger Archivlandschaft unverzichtbar.

    Autor Ulrich Wagner war vom Jahr 1997 bis zum Jahr 2014 Leitender Archivdirektor am Stadtarchiv Würzburg.

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