Der Christopher Street Day (CSD), das Politfest der Schwulen und Lesben, findet in Würzburg zum ersten Mal seit 2001 ohne Demonstration und Straßenfest statt. Übrig geblieben sind der politische Empfang im Rathaus und eine Party.
Markus Sieber von der veranstaltenden Toleranz Fabrik begründet das schmale Angebot mit dem Willen, den CSD neu aufzustellen. Politischer als in den vergangenen Jahren solle das Fest werden, vor allem nach dem Massaker in einem Schwulen-Club in Orlando. Geplant sei gewesen, in diesem Jahr schon mit einem neuen Konzept anzutreten, aber das habe sich „dann doch zu lange hingezogen“.
Der Sprecher der Schwulen und Lesben in Deutschland findet Würzburg gut
Axel Hochrhein, der Bundessprecher des Lesben- und Schwulenverbandes, eröffnete den Empfang im Wappensaal des Rathauses mit der Nachricht, Würzburg nehme die Gleichstellung für Schwule und Lesben ernst. Er lese das ab aus der Öffnung des Trausaals für die Eintragung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften und aus der Übernahme der CSD-Schirmherrschaft durch OB Christian Schuchardt. Kritik übte er, weil Schwulen und Lesben in Deutschland, anders als in vielen anderen Ländern der Welt, die gleichgeschlechtliche Ehe verwehrt ist. Knapp 20 Gäste waren da.
Schuchardt antwortete, es gehe um berechtigte Ansprüche auf gesellschaftliche Teilhabe und Gleichberechtigung. Es gehe um Toleranz, Respekt, Verständnis und Akzeptanz für unterschiedliche Lebensentwürfe.
Vom Risiko, sich offen zu seiner Sexualität zu bekennen
Der OB erinnerte an den Aufstand schwuler Männer im Jahr 1969, die sich in der New Yorker Christopher Street gegen polizeiliche Übergriffe wehrten. Damals sei die Diskriminierung von Schwulen und Lesben gang und gäbe und rechtlich verankert gewesen. Das freien Bekennen zur eigenen Sexualität sei aber immer noch „alles andere als selbstverständlich“. Das Morden in Orlando hätte auch in Europa passieren können. Das „Risiko von Anschlägen“ sei zur „allpräsenten Situation geworden“.
Eine Stadtgesellschaft müsse dagegen wirken „und insofern“, so sprach er, „ihre Belange auch meine Belange“. Er forderte ein „gemeinsames Kämpfen für den Frieden in unserer Stadt“, nur so hätten „wir die Chance, unsere Freiheit zu bewahren“. Anders würde die Gesellschaft „sehr schnell von extremistischen Gruppen überrannt“.
Die slowenische Botschafterin hält Minderheitenrechte nicht für Geschenke
Gast war die slowenische Botschafterin Marta Kos Marko. Sie hielt ein leidenschaftliches Plädoyer für für die Gleichstellung von Schwulen und Lesben, trans-, bi- und intersexuellen Menschen. Die Akzeptanz gegenüber Minderheiten sei „kein Geschenk, sondern ein nichtverhandelbares Recht“.