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WÜRZBURG: Letzte Vorstellung im Central-Kino vor dem Umzug

WÜRZBURG

Letzte Vorstellung im Central-Kino vor dem Umzug

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    Ein Neuanfang im Gewölbekeller: Kino-Chefin Heidrun Podszus – hier in einem der drei noch nicht ganz fertigen Säle – ist zuversichtlich, dass auch das neue „Central im Bürgerbräu“ eine Erfolgsgeschichte wird wie sein Vorgänger in der Mozartschule.
    Ein Neuanfang im Gewölbekeller: Kino-Chefin Heidrun Podszus – hier in einem der drei noch nicht ganz fertigen Säle – ist zuversichtlich, dass auch das neue „Central im Bürgerbräu“ eine Erfolgsgeschichte wird wie sein Vorgänger in der Mozartschule. Foto: Foto: Thomas Obermeier

    Das Kino ist tot. Es lebe das Kino! An diesem Freitag läuft der letzte Abspann im Central-Kino in der Mozartschule: Der Stummfilm „Safety Last“ setzt um 20.30 Uhr nach sechs Jahren, knapp einer Viertelmillion Zuschauern und fast 2500 Filmen einen Schlusspunkt unter ein außergewöhnliches Projekt an einem außergewöhnlichen Ort: Ein von Bürgern improvisiertes Kino, das keine Mainstream-Film zeigt.

    Diese Erfolgsgeschichte soll ab nächsten Freitag das neue „Central im Bürgerbräu“ in der Zellerau fortschreiben – mit künstlerisch anspruchsvollen Filmen wie bisher, aber unter vielen neuen Vorzeichen. Künftig gibt es sogar Popcorn.

    Wo Abschied ist, ist Wehmut häufig nicht weit. „Mit einem weinenden Auge“ denkt Gisela Pfannes an die baldige Kino-Vergangenheit in der Mozartschule (Moz). „Was da aus Bürgerengagement heraus entstand, ist für mich noch immer eine Sensation“, sagt die SPD-Stadträtin, im Central-Vorstandsteam für Öffentlichkeitsarbeit zuständig.

    Die „Sensation“ begann Ende 2009, als mit dem „Corso“ das letzte Innenstadt-Kino schloss, das auch Filme abseits des Mainstreams zeigte. Die Folge waren Unterschriften von 2700 Cineasten, die von der Stadt ein kommunales Programmkino wollten. Diesen Wunsch konnte Kulturreferent Muchtar Al Ghusain nicht erfüllen, leistete aber wichtige Starthilfe für ein genossenschaftlich betriebenes Kino in der Mozartschule. Die Zukunft der städtischen Immobilie war schon damals ungewiss, galt von Anfang an als Übergangsspielstätte, was aber das Engagement von filmbegeisterten Bürgern nicht minderte.

    Schon bald hatten über 200 Genossen jeweils einen 100-Euro-Anteil erworben, mittlerweile sind es über 500. Und viele ehrenamtliche Helfer, ob an der Kinokasse, im Vorführraum oder im Vorstand, strickten an einer ebenso einmaligen wie erfolgreichen Kinogeschichte.

    Diese begann am 4. November 2010 mit den „Italienischen Filmtagen“ in der zum Kinosaal umfunktionierten Aula. Das Interesse übertraf alle Erwartungen. Hatte Aufsichtsrats-Chef David Herzog ursprünglich 24 000 Besucher pro Jahr kalkuliert, kamen mit durchschnittlich 45 000 fast doppelt so viele.

    Das lag vor allem am Programm, aber auch am morbiden Charme des Moz. Zudem wuchs der Kinobetrieb mit dem „Studio“ im Keller, mit Zusatzprogrammen, mit Sonderveranstaltungen. Auch das Filmfestival hatte im Central ein feste Heimat.

    Deshalb waren auch nicht alle begeistert, als im Herbst 2012 der Central-Vorstand die Genossen mit Umzugsplänen aufs Bürgerbräu-Areal konfrontierte – vor allem wegen der unsicheren Moz-Zukunft, der Baumängel und der fehlenden Barrierefreiheit. Letztlich aber gab's Zustimmung zum Umzug.

    Für weit mehr Wirbel sorgte der „Bruch“ beim Kinobetrieb. Statt der bis zu 60 ehrenamtlichen Helfer stemmen im größeren „Central im Bürgerbräu“ aus organisatorischen Gründen künftig festangestellte Mitarbeiter auf 450-Euro-Basis das Tagesgeschäft. Wer weiter ehrenamtlich arbeiten will, hilft beim Verteilen der Programmhefte oder kümmert sich beim Kreis „Freunde des Central“ um Programm-Specials.

    Vom alten Stamm haben sich aber viele zurückgezogen, berichtet Marlene Kuch, eine der Ehrenamtlichen-Sprecher. Sie bedauert die Zäsur, kann den Frust bei ehemaligen Mitarbeitern über den Strukturwandel verstehen. Schließlich sei der Betrieb immer von einem großen Wir-machen-gemeinsam-Kino-Gefühl geprägt gewesen. Andererseits gebe es keine Alternative, um ein Programmkino zu haben. Deshalb engagiert sich Kuch auch fürs neue Central.

    Dass dieses nur durch den Einsatz der Ehrenamtlichen fürs alte Central möglich wurde, weiß auch Kino-Chefin Heidrun Podszus. Das Dankeschön dafür kann jeder im neuen Kino lesen: An einer Wand im Foyer sind alle Namen der Helfer verewigt.

    Bei Podszus überwiegt die Vorfreude aufs Neue: „Das ist ein schönes, richtiges Kino geworden, ohne Provisorien.“ Ein erster Blick in die drei Säle in alten Gewölbekellern zeigt, dass auch das neue Kino der Genossen eine spezielle Atmosphäre hat.

    Podszus muss sich künftig noch intensiver ums Programm kümmern, denn für die schwarze Null im Betriebsergebnis braucht's jährlich 20 000 Besucher mehr. Doch die Chefin ist zuversichtlich: Es gibt mehr Filme, diese können länger laufen als bisher, und mit dem Kultur- und Kreativzentrum Bürgerbräu habe man ein attraktives Umfeld.

    Die Lage am Stadtrand sei kein Nachteil: „Die Leute kamen nicht wegen der Lage, sondern wegen der Filme ins Moz. Filme, die sie hier sonst nirgendwo sehen.“ Trotzdem braucht das neue Central auch neue Zielgruppen, vor allem jüngere Besucher. Man arbeitet mit Schulen und Jugendzentren zusammen, bietet Kinder- und Familienkino. Dieser Nachwuchspflege ist auch geschuldet, dass es künftig das in Programm-Kinos verpönte Popcorn gibt.

    Wer sich vom alten Central im Moz verabschieden will, hat übrigens schlechte Karten: Für den letzten Film gibt's kaum noch welche.

    Central-Kino im Bürgerbräu Wie einst das alte Central-Kino startet der Nachfolger seinen Betrieb am 4. November mit den „Italienischen Filmtagen“. Tags zuvor ist offizielle Eröffnung mit geladenen Gästen. Das neue Central verfügt auf 900 Quadratmetern über drei Säle (167, 114 und 37 Sitzplätze) in den Bürgerbräu-Gewölbekellern. Der Bau des neuen Kinos kostet 850 000 Euro. Über ein Viertel Eigenanteil steuert der Betreiber, die Kino-Genossenschaft, bei. Jeweils rund 35 Prozent werden mit Darlehen und Zuschüssen (die Stadt gibt 90 000 Euro) finanziert, der Rest mit Spenden.

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