Als Internatsschüler begann Hermann Eidel vor 40 Jahren, selbst zu musizieren. Heute engagiert er sich als Posaunist im Musikverein Harmonie Allersheim. „Musik ist meine Leidenschaft“, sagt der 2. Bürgermeister von Giebelstadt. Diese Leidenschaft lebt der 55-Jährige seit März als Geschäftsleiter der Würzburger Sing- und Musikschule aus. Die Einrichtung ist ihm bereits bestens bekannt: „Meine beiden Töchter lernten hier früher Flöte, heute erhalten sie Klavierunterricht.“
Über 4600 Menschen aus Stadt und Kreis Würzburg nehmen die Angebote der Musikschule jedes Jahr wahr. Die jüngsten Schüler sind gerade einmal sechs Monate alt. Mit ihren Mamis kommen sie in den „Musikgarten“, wo ihnen ein erster Zugang zur Musik eröffnet wird.
Heilsame Wirkung der Musik
Das Gros der Schüler besteht aus Mädchen und Jungen, die unter anderem Klavier, Trompete, Gitarre oder Saxofon lernen wollen. Teilweise sind die Angebote der Kulturinstitution direkt in den Schulalltag eingebettet: Musikschullehrer kommen zum Beispiel in Übergangsklassen, um mit Flüchtlingskindern zu musizieren und dabei gleichzeitig deren Sprache zu fördern. Daneben erfahren Senioren die heilsame Wirkung der Musik.
Das breite Angebot ist möglich, weil die Musikschule mehrere Kooperationspartner und rund 100 Außenstellen in der Stadt sowie in 34 Landkreisgemeinden hat. „Wir kooperieren zum Beispiel mit dem Kommunalunternehmen des Landkreises“, sagt Thomas Kühner, der die Musikschule bis Ende Februar leitete und soeben dabei ist, den Staffelstab an Hermann Eidel zu übergeben. Durch die Kooperation mit dem Kommunalunternehmen kommen auch Bewohner der Senioreneinrichtungen in Kürnach, Estenfeld, Ochsenfurt und Eibelstadt in Kontakt mit Musik.
Sponsoren finanzieren das Musikangebot
„Kooperation“ bedeutet Kühner zufolge, dass die jeweilige Einrichtung das Musikschulangebot über Spenden und Sponsorenmittel finanziert: „So dass wir keine Gebühren erheben müssen.“ Die Grundschule in der Dürrbachau ist ein solcher Kooperationspartner. Die hier unterrichteten Flüchtlingskinder zahlen nichts für die Stunden mit den Musikschullehrern. Ab April kooperiert die Musikschule außerdem mit der Walther-Grundschule in Heidingsfeld, wo ebenfalls Flüchtlingskinder beschult werden.
Rund drei Millionen Euro kostet es im Jahr, die Musikschule mit ihren fast 70 Lehrkräften zu unterhalten. Die Hälfte des Geldes steuern Stadt und Kreis Würzburg bei. Beide Kommunen gründeten vor genau 20 Jahren einen Zweckverband, der die Schule trägt. Durch die Gebühren können 40 Prozent der Gesamtkosten finanziert werden. Der Freistaat übernimmt zehn Prozent der Kosten.
Gebührenrabatt für Geschwisterkinder
Wie viel die Schüler zu zahlen haben, hängt davon ab, ob bereits Geschwister an der Schule sind, wie hoch das Einkommen der Familie ist und welche Art des Unterrichts gewählt wird. Eine gut situierte Familie mit einem Kind, das 45 Minuten Einzelunterricht in Klavier oder Trompete erhalten soll, muss dafür 1042 Euro im Jahr berappen. Wesentlich günstiger wird es in einer Unterrichtsgruppe von sechs Schülern. Dann sinken die Gebühren auf 280 Euro.
Doch selbst das ist für eine alleinerziehende Mutter im Hartz-IV-Bezug unerschwinglich. „Solche Familien können eine Gebührenermäßigung beantragen“, berichtet Kühner. Rund acht Prozent aller Musikschulschüler machen davon jedes Jahr Gebrauch. Manche Kinder zahlen nur die Hälfte der regulären Gebühren: „Und können dann auch noch einen Bildungsgutschein einlösen.
“ Familien, die keinen Euro in die musikalische Förderung ihres Nachwuchses investieren könnten, erhalten eine komplette Gebührenbefreiung.
"Sozialer Auftrag der Musikschule"
Die Musikschule, so Kühner, hat einen sozialen Auftrag. Keinem Kind sollte es verwehrt werden, ein Instrument zu lernen, nur weil es aus einer benachteiligten Familie kommt. Eine Devise, hinter der Hermann Eidel als neuer Geschäftsleiter voll und ganz steht. Musizieren ist für ihn kein Luxusgut, sondern etwas Essenzielles, das jedem Menschen ermöglicht werden sollte.
Das betrifft neben armen Kindern sowie Kindern aus Flüchtlingsfamilien selbstverständlich auch Jungen und Mädchen, die ein Handicap haben. Lehrkräfte der Sing- und Musikschule unterrichten zum Beispiel Kinder mit einem geistigen Handicap oder mit Lernschwierigkeiten. Der anvisierte Umzug der Musikschule in die Räume der ehemaligen Mozartschule kommt vor allem Musikliebhabern mit Körperbehinderung entgegen: „Denn dort wird alles barrierefrei sein.“
Tag der offenen Tür Um Kinder und Jugendliche über ihr breit gefächertes Angebot zu informieren, lädt die Sing- und Musikschule Würzburg am Samstag, 18. März, von 11 bis 14 Uhr zu einem Tag der offenen Tier in das Matthias-Grünewald-Gymnasium, Zwerchgraben 1 in Würzburg, ein. Dabei lernen die Besucher unter dem Motto „ausprobieren, informieren, orientieren“ die breite Palette des Unterrichtsangebots der Sing- und Musikschule von Akkordeon bis Waldhorn kennen. Anmeldungen für das neue Schuljahr sind vom 24. April bis 8. Mai im Internet möglich unter der Adresse www.musikschule-wuerzburg.de