Nicht ganz textsicher, aber dafür musikalisch einwandfrei von der Sing- und Musikschule begleitet, sangen Menschen verschiedenster Nationalitäten am Sonntagnachmittag gemeinsam die Europahymne, um den Internationalen Frühling zu eröffnen. Eine Besonderheit: Diesmal wurde das Fest mit dem Europatag zusammengelegt unter dem Motto „Wir feiern Vielfalt“.
Als festen Bestandteil im Festkalender Würzburgs begrüßte Oberbürgermeister Christian Schuchardt alle Gäste und Veranstalter im Rosengarten des Landesgartenschauparks unterhalb der Festung und lud dazu ein, den bunten Strauß an Programmen beim Rundgang durch Europa und anderen Ländern der Welt zu genießen. Rund 6000 Besucher taten dies ausgiebig den Tag über.
22 verschiedene Stände
Auf diesem Rundweg regten 22 Stände dazu an, landestypische Spezialitäten zu probieren, sich über das Land zu informieren oder Tanz und Gesang zu beobachten.
Hinter dem Rosengarten präsentierten sich Stände zu Europa selbst. Pulse of Europe sammelte Wünsche für Europa von Passanten. „Erneuerung und Zusammenhalt“ stand auf einem Zettel geschrieben, „weniger Bürokratie und mehr Zielorientierung“ sowie „Einigkeit“ auf anderen.
Einen Stand weiter beim Europe Direct Infozentrum der Stadt Würzburg wurden Schlagwörter gesucht zum Thema „Was Europa für mich bedeutet“. „Ganz viel reisen“, „Hoffnung“, „Vielfalt“, „Sicherheit“ und andere Ideen zeigten, was Bürger in Europa sehen. „Das Thema Europa ist immer schwierig“, sagt Büroleiter Holger Morell. „Viele Bürger denken, Europa sei weit weg. Durch den Brexit interessieren sich mittlerweile wieder mehr für Europa.“ Es fehle oftmals das Verständnis, da vor allem für die junge Generation – glücklicherweise – ein vereintes Europa als selbstverständlich hingenommen werde. Um ein gelebtes Europa zu unterstützen, bietet Europe Direct mit Unterstützung aus Brüssel viele Infoveranstaltungen an und beraten Bürger.
Würzburg als offene Stadt
Einmal um den Park herum, vorbei an der Deutsch-Irischen Gesellschaft, dem normannischen Landhaus mit Ständen der Franzosen und Finnen sowie weiteren Ständen aus Ghana, Somalia und Tibet, findet sich die Gesellschaft für Deutsch-Chinesische Freundschaft.
Die Vorsitzende des Vereins, Xinyi Chen, freut sich, dass sich jedes Jahr so viele chinesische Studenten, aber auch andere für die Zusammenarbeit interessieren. „Es gibt alle zwei Wochen einen Stammtisch, wir organisieren viele Sprachtandems zwischen Sinologiestudenten und chinesischen Studenten, um die Sprache auszutauschen und haben Veranstaltungen wie das chinesische Neujahrsfest“, berichtet sie. Würzburg sei sehr warm und offen, wenn es darum geht, Menschen aus fremden Kulturen aufzunehmen. „Es gibt viele internationale Veranstaltungen und ich habe einige Freunde aus verschiedensten Ländern hier in Würzburg kennen gelernt“, sagt sie.
Unterstützt wird der Verein von Dieter Böhn und Dr. Hans-Peter Trolldenier, die persönliche Kontakte zu China und Chinesen haben. „Wir setzen uns für einen Freundschaftsvertrag mit Hangzhou ein“, berichten sie. „Dadurch könnten wir den Austausch zwischen China und Deutschland weiter fördern.“
Am Fuß des kleinen Hügels präsentiert sich die Deutsch-Amerikanische Gesellschaft. Florian Weiss, der selbst viel in Amerika war, zeigt die aus den Staaten importierten Leckereien, die verkauft werden. „Seit keine Soldaten mehr hier stationiert sind, gibt es auch weniger Amerikaner in Würzburg. Trotzdem gibt es noch viele Fahrten und Themenabende, um die Partnerschaft aufrecht zu erhalten“, erklärt er. Der Stand ist jedes Jahr auf dem Fest vertreten. Weiss freut sich, dass auch immer wieder neue Vereine mitmachen, da dies seiner Meinung nach zeigt, wie vielfältig Würzburg ist.
Den Klängen des argentinischen Tangos folgend, gelangt man zum großen Stand der spanischsprechenden Gesellschaft „Despertar“. Ob Arepas aus Kolumbien oder mexikanische Tostadas, auch hier ist für jeden etwas dabei. Besucherin Samantha Diaz kommt seit mindestens fünf Jahren zum Frühling International. Die in Mexiko aufgewachsene Mutter ist für ihren Ehemann in den Spessart gezogen und freut sich, Klänge aus der Heimat zu hören. „Manchmal vermisse ich meine Kultur sehr“, sagt sie, die aber auch das international geprägte Leben in Deutschland genießt. „Heute habe ich mit meinen Kindern bereits peruanische und mexikanische Tänze gesehen und beim Tango zugeschaut.“
Neu dabei ist der Nachbarstand, Mirasol. Der Verein engagiert sich für Kinder aus Favelas, Straßenkinder sowie Kinder, die Gewalt und Missbrauch erfahren in Brasilien. Mira Dos Santos Brandao hat diesen Verein gegründet, nachdem sie in Brasilien war und organisiert seit 2014 gemeinsam mit ihrer Mutter und ihrem brasilianischen Ehemann den Verein Mirasol. „Brasilien verbinden viele Leute mit Lebensfreude“, sagt sie.
„Das sonnige Wetter heute passt auch zum Namen des Vereins und wir wollen den Besuchern hier unsere Liebe zum Land und den Kindern zeigen, an die per Direkthilfe aller Erlös geht, der durch das Essen und den Schmuck, den wir verkaufen, eingenommen wird.“ Sie zahlen Workshops für brasilianische Kinder und Essen sowie die Unterkunft für Workshopleiter vor Ort beispielsweise, um den Kindern so eine bessere Lebenssituation zu ermöglichen.
Genüsse aus vielen Ländern
Beim Schlendern zurück Richtung Eingang sitzen viele Familien und Paare, Ältere und Jüngere, Gruppen aus verschiedensten Ländern zusammen. Sie lauschen der Musik und genießen die Snacks aus unbekannten Ländern. Neben dem Eingang ist ebenfalls ein neuer Stand, einer für syrische und afghanische Köstlichkeiten. Kerstin Holst von der Diakonie Würzburg und ihre Kollegin Barbara Kopriva arbeiten viel mit Familien aus Syrien und Afghanistan zusammen. „Etwa 15 Familien sind heute dabei“, berichtet Holst. „Alle freuen sich, ihre Köstlichkeiten vorstellen zu können.“
Der Schwerpunkt sei bewusst nicht auf die Flüchtlingsthematik gelegt worden, um einfach den Kontakt zwischen den Kulturen herzustellen. Trotzdem müsse der Situation Rechnung getragen werden und es würden immer mehr Ehrenamtliche gesucht, um jene syrischen und afghanischen Familien, oftmals Geflüchtete, bei der Integration in Deutschland zu unterstützen.
Einblick in Unterschiede
Es werden viele Themenfelder aufgeworfen beim Frühling International. Viele Themen, die bereits durch verschiedenste Vereine unterstützt werden, aber auch viele Themen, an denen noch weiter gearbeitet werden kann.
Sabine Herrmann vom Büro International der Stadt Würzburg, das das Fest organisiert hat, freut sich, dass so viele Interessierte ihre Arbeit präsentieren wollen und können. „Es gibt so viele internationale Gesellschaften in Würzburg und so einen großen Anteil an internationaler Bevölkerung – das muss gefeiert werden.“
Vielleicht ging der ein oder andere mit ein paar Antworten nach Hause auf die Fragen „Was bedeutet die EU für mich? Was wünsche ich mir für Europa?“ aber auch einem weiteren Blick für die Unterschiede in den Kulturen der Welt und einer größeren Offenheit anderen Nationen und Menschen gegenüber ganz unter dem Motto „Wir feiern Vielfalt“.