Der Mann schraubt und schraubt. Er steht in luftiger Höhe von 25 Metern auf dem Turm, im roten Overall, gesichert mit Seilen und ausgestattet mit Werkzeug. Dann klettert er herunter, erst über das Eisengestell, dann übers Dach der Kirche St. Hedwig im Gut Heuchelhof, auf dem das Windrad steht. Unterdessen hängt der Rotor mit den Flügeln an den Seilen eines gewaltigen Krans mitten im Gutshof.
Der Professor im Overall
Der Mann im Overall ist Walter Baur, Professor des Studiengangs Kunststoff und Elastomertechnik an der Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt (FHWS). Er lenkt und leitet im Kontakt mit dem Kranführer die Ankunft des Rotors samt Flügeln zwei Meter über dem Boden. Das gute Stück soll zu seinem Klein-Lkw, mit dem er das Teil nach Goßmannsdorf zu seiner Halle fahren wird. Dort soll es repariert werden. Um diesen Transport zu ermöglichen, muss ein Teil der Flügel abgeschraubt werden, damit alles auf den Hänger passt.
Alles, was mit diesem Windrad am Heuchelhof passiert, ist spektakulär, das Windrad ist ein Wahrzeichen des Stadtteils. So haben sich am Donnerstag schnell Zuschauer eingefunden, darunter Kleine aus dem angrenzenden Kindergarten.
Das Spektakel dauert an. Jetzt hält der Fachhochschul-Professor, der das Windrad vor 20 Jahren nach originalem Vorbild gebaut hat, eng bei sich, während der Kranfahrer den Ausleger lenkt, bis das zu reparierende Teil seitlich am geöffneten Kleinbus angekommen ist. Baur muss wieder schrauben – Flügel abschrauben, diesmal unterstützt vom Hausmeister im Gut Heuchelhof Andreas Dedio.
Der Knopf wurde nicht gedrückt
Der Grund der Aktion liegt nicht allein darin, dass die Teile nach 20 Jahren Ermüdungserscheinungen zeigen. Vielmehr hatte sich der letzte große Sturm einen der Flügel geholt. Bei Sturm sollte das Windrad eigentlich manuell gebremst und in den Wind gedreht werden, wofür ein Knopf in der Sakristei hätte betätigt werden müssen. Die einfachere Variante einer automatischen Bremse für 600 Euro war aus Kostengründen verworfen worden.
„Gott sei Dank wurde niemand getroffen“, so der zuständige katholische Pfarrer Alfred Kraus zu dem Unfall mit dem circa acht Kilogramm schweren fliegenden Flügel. Elf blieben übrig. Sie bestehen aus glasfaserverstärktem Kunststoff mit einem Edelstahlrohr in der Mitte. Dieses ist bei dem Unglücks-Flügel gebrochen. Professor Baur wird bei ihnen die Metallstruktur überprüfen und nach eventuellen Rissen sehen.
Kein Geld für Reparatur
Bis wann allerdings der Rotor mit reparierten oder neuen Rotorblättern wieder auf dem Dach der Gutskirche auf den Turm aufgeschraubt wird, steht in den Sternen. Denn zuständig ist die Kirchenstiftung, sagt Rainer Hubl von der Kirchenverwaltung, und die habe zurzeit nicht genug Geld für Reparaturkosten beziehungsweise für neue Flügel. Da kommt nämlich eine Summe von möglicherweise mehreren tausend Euro zusammen. Jetzt hofft Pfarrer Kraus auf Spenden.