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ESTENFELD: 400 Liter Diesel im Bach: Umweltschäden in der Kürnach?

ESTENFELD

400 Liter Diesel im Bach: Umweltschäden in der Kürnach?

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    Mitglieder der Estenfelder Feuerwehr versuchen die Kürnach vom ausgelaufenen Diesel zu befreien.
    Mitglieder der Estenfelder Feuerwehr versuchen die Kürnach vom ausgelaufenen Diesel zu befreien. Foto: Foto: Konrad Hasch

    Am 23. April kam es auf der A 7 an der Brückenbaustelle kurz vor der Anschlussstelle Estenfeld zu einem folgenschweren Unfall: Nachdem ein Lkw-Fahrer eine Fahrbahnverengung übersehen hatte und gegen Außen- und Mittelleitplanke geprallt war, verlor er durch einen Riss im Fahrzeug 400 Liter Diesel. Die Schadstoffe flossen in die unter der Autobahnbrücke verlaufende Kürnach.

    In der Pressemitteilung der Polizei wurde über den Unfall und die darauffolgende einstündige Fahrbahnsperrung in Richtung Kassel informiert, nicht jedoch über den ausgelaufenen Diesel. Bachpächter Matthias Hampl, der sich um die Kürnach ab der Gemarkung Lengfeld kümmert, ist sauer. Er erfuhr erst fünf Tage nach dem Unfall durch eine Anfrage dieser Redaktion von dem Vorfall.

    Gravierende Auswirkungen?

    „Das hat gravierende Auswirkungen und keine der zuständigen Behörden hat mich informiert“, so der Bachpächter. „Das Fatale war, dass es geregnet hat. Alles was sich auf der Brücke gesammelt hat, wurde in die Kürnach weitergeleitet“, sagt Hampl – und fragt sich, wie das möglich sein kann.

    Die Autobahndirektion Nordbayern gibt an, dass nicht die kompletten 400 Liter Diesel in den Bach abgeflossen seien. Durch „Ölsperren und ölbindende Materialien im Bereich der Vorflutgräben und Einläufe“ sei der Dieseleintrag „auf ein Minimum“ begrenzt worden, teilt Pressesprecherin Edith Kolarik mit.

    Der Vorfall hat eine neue Dimension

    Im Einsatz bei dem Unfall waren die Freiwillige Feuerwehr aus Rottendorf auf der Autobahnbrücke sowie darunter am Bach die Freiwilligen Feuerwehren aus Estenfeld und Kürnach. „Es gab schon zweimal solche Vorfälle“, erklärt der Estenfelder Kommandant, Konrad Hasch. „Aber das hier hat eine neue Dimension.“

    Denn: Für die Feuerwehren ist der Einsatz noch lange nicht zu Ende. Während am Tag die Mitarbeiter des Estenfelder Bauhofs die Sicherungsmaßnahmen überprüfen, übernehmen dies am Abend sowie am Wochenende die Einsatzkräfte der Freiwilligen Feuerwehren. „Für uns ist es auch Neuland“, erklärt Hasch. Sie arbeiten deshalb eng mit dem Wasserwirtschaftsamt zusammen.

    Regelmäßige Kontrollen nötig

    „Das Wasserwirtschaftsamt Aschaffenburg war auch diese Woche zu Kontrollen vor Ort“, erklärt Behördenleiter Herbert Walter. Nach dem Unfall hatte bereits ein Amtsmitarbeiter neben den Maßnahmen, die die Feuerwehr bereits ergriffen hatte, ergänzend „die Spülung der Entwässerungsleitung und die Reinigung der Fahrbahn“ angeordnet, so Walter.

    Auch die Wasserschutzpolizei war über den Unfall informiert – aber nur beratend tätig. „Es handelt sich ja um einen Verkehrsunfall und keine Straftat“, erklärt Wolfram Ruppert, Gruppenleiter der Wasserschutzpolizei der Polizeiinspektion Würzburg-Stadt. Dass etwas von dem Diesel auch in den Main gelaufen ist – davon ist dem Polizisten nichts bekannt.

    Sperren, Vliese und Ölschlängel im Einsatz

    Um die Kürnach vom Diesel zu befreien, wurden mehrere Maßnahmen ergriffen, erklärt Jürgen Fottner, Bauhofleiter in Estenfeld. Insgesamt wurden 15 Ölsperren aufgebaut, die noch bis Ende der Woche  aufgestellt bleiben. „Das sind Tauchsperren, die etwa zehn Zentimeter unter Wasser gehen, da das Öl auf der Wasseroberfläche schwimmt“, erklärt er. Daran wurden spezielle Vliese befestigt, die das Öl aufsaugen. „Diese wurden in der ersten Woche zweimal am Tag gewechselt und in der Müllverbrennungsanlage entsorgt“, so Fottner.

    Das Öl wird von einem Mitglied der Estenfelder Feuerwehr abgeschöpft. Hierzu wird das vollgesogene Vlies ausgetauscht.
    Das Öl wird von einem Mitglied der Estenfelder Feuerwehr abgeschöpft. Hierzu wird das vollgesogene Vlies ausgetauscht. Foto: Foto: Sebastian Schmitt

    Daneben sind noch sogenannte Ölschlängel im Bach, die weiteren Diesel binden sollen. „Das kann man sich wie eine Art Watte in einem schwimmenden Netz vorstellen“, erklärt der Bauhofleiter. Auch hier wurden mittlerweile etwa 40 Schlängel ausgetauscht. Eine Sperre, kurz bevor die Kürnach unterirdisch durch Rohre durch Estenfeld läuft, wird länger bestehen bleiben – die Gemeinde will auf Nummer sicher gehen.

    Aktives Leben in der Kürnach

    Durch diese verschiedenen Sicherheitskomponenten ist laut Fottner die Kürnach wieder so gut wie sauber. „Wir sind Gott sei Dank noch einmal davon gekommen. Es ist auch aktives Leben in der Kürnach – da sind wir auch froh drum.“

    Was alle Maßnahmen kosten werden – das ist noch völlig unklar. „Alleine die Ölsperren und Vliese haben um die 6000 Euro gekostet, dazu kommt noch der Personaleinsatz“, rechnet Fottner vor. Er schätzt, dass es am Ende mehrere zehntausend Euro sein werden. „Der Bauhof stellt eine Rechnung an die Feuerwehr, diese an die Autobahndirektion und die dann an die Versicherung des Unfallverursachers“, erklärt er den Weg der Bürokratie. „Schlussendlich muss der Unfallverursacher für alles aufkommen.“

    Bachpate und Pächter Matthias Hampl fürchtet, dass der Einsatz der Feuerwehr nicht alles stoppen konnte. „Sie haben ja bestimmt einige Zeit gebraucht, bis sie das aufgebaut hatten und das fließt ja alles weiter“, sagt er.

    Uferbereich belastet?

    Er selbst war erst sechs Tage nach dem Unfall dort. „Ich habe mit meiner Hand den Uferbereich abgetastet, sie war mit Diesel getränkt. Ich war entsetzt.“ Dies hat er 250 Meter unterhalb der Einflussstelle an mehreren Stellen gemacht – immer mit dem gleichen Ergebnis. „Dort ist ein erheblicher Schaden entstanden, der nicht bestritten werden kann“, so Hampl. „Die Kürnach ist sowieso schon schwer belastet, da es dort immer wieder Verschmutzungen gibt. Von so einem Vorfall kann sie sich schwer wieder regenerieren.“

    Der Diesel wird ausgewaschen

    „Infolge des Unfalls drang der auf dem Wasser aufschwimmende Diesel auch in die Böschung ein, aus der der Diesel langsam in die Kürnach ausblutet und an Bindemitteln gebunden wird. Durch gezielte Benetzung der Böschung mit Kürnachwasser durch Mitarbeiter des Bauhofs Estenfeld wird das Auswaschen des Diesels unterstützt“, sagt der Behördenleiter des Wasserwirtschaftsamtes.

    Die Böschung ist nach Einschätzung des Wasserwirtschaftsamtes jedoch nicht so stark belastet, dass ein Bodenabtrag erforderlich ist. „Da Diesel in der belebten Bodenzone biologisch abgebaut wird, geht die Belastung mit der Zeit weiter zurück“, so Walter.

    Bachpächter Hampl sorgt sich um die Fischbrut sowie Kleinstinsekten und Wasserlarven: „Die sieht man nicht, aber natürlich sind sie betroffen.“ Der Behördenleiter des Wasserwirtschaftsamtes will beruhigen: „Eine Quantifizierung des Schadens ist nicht möglich. Der Unfall hat jedoch kein Fischsterben ausgelöst. Das Gewässer wird sich natürlicherweise wieder erholen, so dass kein nachhaltiger Schaden für die Umwelt entstanden ist.“

    Beim nächsten Unfall alles von vorne?

    Hampl fürchtet, dass sich derartige Vorfälle nun bald wiederholen können. „Was passiert denn bei größeren Unfällen? Soll dann alles einfach so in die Kürnach fließen?“ Die derzeitige Entwässerungssituation auf der Autobahnbrücke ist dem alten Planfeststellungsbeschluss geschuldet, sagt Kolarik von der Autobahndirektion. „Bis zum Abschluss der Brückenbauarbeiten wird das Oberflächenwasser der A7 in diesem Bereich über die Straßeneinlaufschächte und die Bauwerksentwässerung über die Vorflutgräben in die Kürnach eingeleitet.“

    Dies soll sich mit dem Neubau der Kürnachbrücke ändern. Denn dann werde auch „die Entwässerungssituation in dem Bereich auf den aktuellen Stand der Technik gebracht, indem moderne Regenrückhalteanlagen errichtet werden, die zum Beispiel Dieselkraftstoff zurückhalten“, so Kolarik.

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