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Bad Kissingen: Sparzwang statt Aufbruch

Bad Kissingen

Sparzwang statt Aufbruch

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    Der Gesundheitsökonom Professor Andreas Beivers referierte bei einer Veranstaltung der Rhön Stiftung.
    Der Gesundheitsökonom Professor Andreas Beivers referierte bei einer Veranstaltung der Rhön Stiftung. Foto: Dieter Britz

    Neue Chefin im Bundesgesundheitsministerium ist seit wenigen Tagen die Juristin Nina Werken (CDU), die den Mediziner Karl Lauterbach (SPD) ablöst und damit in den nächsten Jahres für die Gesundheitspolitik in Deutschland verantwortlich zeichnet. „Welche Auswirkungen hat die aktuelle und die zu erwartende Gesundheitspolitik auf Bad Kissingen, die Region und Unterfranken?“ lautete das Motto einer Veranstaltung der Rhön Stiftung im Rahmen der Bad Kissinger Gesundheitswochen.

    Andreas Beivers, Professor für Volkswirtschaftslehre und Studiendekan für Gesundheitsökonomie an der Münchner Hochschule Fresenius sowie Leiter der wissenschaftlichen Projekte der Stiftung, konnte noch keine hundertprozentig präzisen Antworten liefern, denn die Ministerin hatte zum Zeitpunkt des Vortrags ihr Programm noch nicht bekannt gegeben. Beivers verwies allerdings auf den Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, der schon einiges an Vorgaben enthalte.

    Die Veranstaltung moderierte Professor Bernd Griewing, Mitglied im Vorstand der Rhön Stiftung und über die Region hinaus bekannt als früherer ärztlicher Direktor der Neurologischen Klinik am Campus in Bad Neustadt und Medizinischer Vorstand der Rhön-Klinikum AG. Er konnte neben Ärztinnen und Ärzten, die direkt von der Gesundheitspolitik betroffen sind, auch andere Fachleute aus dem sozialen Sektor begrüßen.

    Landrat Thomas Bold (CSU) war ebenfalls gekommen, um sich über mögliche Veränderungen in der Gesundheitspolitik zu informieren und selbst Stellung dazu zu nehmen.

    „Es wird wohl nicht mehr Geld geben im Gesundheitsbereich. Die Frage ist vor allem, wie man es verteilt“, sagte Professor Griewing voraus. Der Konzentrationsprozess in den Krankenhäusern, zum Beispiel in der Rhön, sei schon gelaufen. Gesucht würden kluge Köpfe und neue Organisationsformen.

    Gerade in den letzten 15 Jahren seien viele Ärzte ausgebildet worden. Trotzdem stehe ein größeres Kapazitätsproblem erst noch bevor.

    Professor Beivers begann sein Impulsreferat mit der Mahnung, „die Ressourcen sind knapp. Wir müssen mit den knappen Ressourcen das bestmögliche Ergebnis erzielen“, und „es bleiben angespannte Zeiten“.

    Er begründete seine eher düsteren Voraussagen so: Die frühere Bundesregierung habe ihre Konjunkturprognose gesenkt. Im Januar seien 0,3 Prozent plus erwartet worden, heute seien es 0,0 Prozent. Für das nächste Jahr werde ein Aufschwung von nur einem Prozent erwartet. Die Frühjahrsbelebung falle schwach aus, die Arbeitslosigkeit werde ansteigen. „Wirtschaftlich treten wir auf der Stelle“, betonte Beivers. Dies habe Folgen für die finanzielle Basis auch der medizinischen Versorgung.

    „Die Ökonomen sagen, man müsse Kosten und Nutzen zusammenbringen“ betonte er, wobei er unter Nutzen den Erfolg der Behandlung versteht. Die Krankenhausreform sei Teil dieses Ziels.

    Es gehe dabei darum, dass nur noch die Krankenhäuser die Leistungen erbringen, die das auch können und dafür zum Beispiel das nötige Personal und die nötigen Geräte zur Verfügung haben. „Wir brauchen eine Entbürokratisierung, Effizienz und Bündelung“, fasste er zusammen.

    Lotsenfunktion der Hausärzte

    Der Gesundheitsökonom ging auch auf die mögliche Arbeitsweise junger Mediziner ein, die andere Vorstellungen haben als die Hausärzte von früher. Hier seien genossenschaftlich organisierte medizinische Versorgungszentren denkbar.

    Er erwähnte auch die Forderung, dass die Hausärzte eine Lotsenfunktion beim Zugang zu den Fachärzten haben sollten. Hier kam aus dem Publikum der Einwand, dass viele Patienten gar keinen Hausarzt haben.

    Zum Problem der Terminvergabe bei Fachärzten, die verbessert werden sollte, sagte er „das steht seit 40 Jahren in den Koalitionsverträgen drin. Vielleicht klappt es diesmal“.

    Welche strukturellen und wirtschaftlichen Auswirkungen hat die Krankenhausreform für Unterfranken? Auch darauf ging der Fachmann ein.

    Zum Beispiel sei die Region im Bereich digitaler Medizin/Telemedizin bereits Vorreiter. Die Rhön Stiftung arbeite intensiv an neuen Modellen ambulanter und sektorenübergreifender Berufsausübungsgemeinschaften, an genossenschaftlichen medizinischen Versorgungszentren also.

    Erwartungen für die Region

    Landrat Thomas Bold formulierte Erwartungen für die Region. Wichtig ist ihm unter anderem die Möglichkeit für experimentelle Wohnformen bis zur Pflegeklasse 3. Die Menschen müssten so lange wie möglich in ihrem häuslichen Umfeld bleiben können.

    Zu den immer wieder auftauchenden Forderungen nach Entbürokratisierung macht der Landrat einen Vorschlag, den er von einem Kollegen aus München hatte: „Setzen Sie alle Verordnungen, die nicht auf gesetzlicher Grundlage basieren, außer Kraft".

    Professor Griewing ergänzte, dass es heute möglich sei, etwa 30 Prozent der ambulanten Nachfrage von Patienten auch digital, das heißt aus der Ferne, zu erledigen. Dies würde eine klare Entlastung der Ärzte bringen. Es könne auch nicht Sache der Notaufnahme von Kliniken sein, sich um vier oder fünf Nagelbett-Entzündungen am Tag zu kümmern.

    In der Diskussion wurden sehr viele Themen angesprochen. Eine Ärztin klagte über die viele Bürokratie und darüber, dass viele Kollegen Sorgen hätten, in Regress genommen zu werden, wenn etwas passiere. Sie betonte auch: „Um sehr viel Geld zu verdienen, müssen sie sich auch sehr viel Arbeit machen“.

    Eine Teilnehmerin kritisierte den „Wahnsinn von 20 verschiedenen Krankenkassen. Wann wird dem endlich mal Einhalt geboten?“ Damit allerdings war Andreas Beivers nicht einverstanden: „Bewahre uns vor einer Einheitskasse, dann haben wir keine Konkurrenz. 25 Kassen wegen des Wettbewerbs, das reicht“.

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