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Drogerieangebot: Augenscreening und Hautanalyse bei dm - Kritik und Skepsis

Drogerieangebot

Augenscreening und Hautanalyse bei dm - Kritik und Skepsis

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    In einer Box mitten in der Filiale wird das Augenscreening durchgeführt.
    In einer Box mitten in der Filiale wird das Augenscreening durchgeführt. Foto: Christoph Reichwein/dpa

    Augenscreening, KI-gestützte Hautanalyse und ein Online-Hautarzt sowie Blutanalysen - irgendwo zwischen Shampoo, Windeln und Lippenstift. Die Drogeriemarktkette dm testet seit Kurzem in ausgewählten Filialen neue Gesundheitsdienstleistungen. Und stößt damit auf Kritik.

    Was bietet dm an?

    Beim Augenscreening geht es nach Angaben des Karlsruher Unternehmens um eine Netzhautfotografie und einen Sehtest. Im Angebot zur Hautanalyse ist unter anderem ein Online-Gespräch mit Fachärzten oder -ärztinnen enthalten. Und das Blut kann auf verschiedene Aspekte untersucht werden wie Herz-Kreislauf- oder Diabetes-Risiken. Dafür arbeitet dm jeweils mit Partnerfirmen zusammen. Bis auf die KI-gestützte Hautanalyse kosten alle Angebote Geld - Sehtest und Netzhautfotografie zum Beispiel zusammen 14,95 Euro.

    Was kritisieren Ärzteverbände daran?

    Der Berufsverband der Augenärzte Deutschlands (BVA) und der Berufsverband der Deutschen Dermatologen (BVDD) haben eine ganze Reihe an Kritikpunkten veröffentlicht. Unter anderem monieren sie, dass fachliche Standards nicht eingehalten würden. Vor allem der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) sei mit Vorsicht zu genießen. BVDD-Präsident Ralph von Kiedrowski hat den Angaben nach einen Selbstversuch gemacht - und eine falsche «Diagnose» bekommen. Zudem Empfehlungen für mehrere dm-Produkte, wie er kritisiert.

    «Eine nicht unerhebliche Anzahl an Patientinnen und Patienten, die Online-Hautchecks nutzen, können gar nicht abschließend rein digital versorgt werden», erklärt Kiedrowski weiter. Als Beispiel nennt er Muttermale mit Verdacht auf schwarzen Hautkrebs. «Hier reichen Fotos zur Beurteilung keinesfalls aus und unterschreiten den fachärztlichen Standard.» Ähnliche Kritik übt der BVA. Er sieht auch einen «preislichen Unterbietungswettbewerb».

    Zudem fürchten die Verbände, dass die Wartezimmer in Praxen voller werden könnten. Spätestens, wenn die Menschen auffällige Ergebnisse erhalten, könne nur noch die Untersuchung einer Augenärztin oder eines Augenarztes Klarheit schaffen, teilt der BVA mit. «Kundinnen und Kunden mit fehlerhaft auffälligen Befunden könnten verunsichert sein und dadurch zusätzliche Termine in den Augenarztpraxen in Anspruch nehmen, die für andere Patienten wichtiger sein könnten», warnt der 1. BVA-Vorsitzende Daniel Pleger.

    Was entgegnet dm?

    Das Karlsruher Unternehmen betont, dass es sich etwa bei der KI-gestützten Hautanalyse nicht um medizinische Untersuchungen oder Diagnosen handle. Darauf würden Kundinnen und Kunden transparent hingewiesen, erklärt Sebastian Bayer, dm-Geschäftsführer im Ressort Marketing + Beschaffung. Die telemedizinische Behandlung hingegen werde «ausschließlich von erfahrenen Fachärztinnen und Fachärzten für Dermatologie durchgeführt – vergleichbar mit einer regulären Hautarztpraxis». Sollte der Verdacht auf eine ernsthafte oder bösartige Hauterkrankung bestehen, verwiesen sie in die Versorgung vor Ort.

    Auch die Netzhautaufnahmen prüften Fachärztinnen beziehungsweise Fachärzte für Augenheilkunde. «Diese ärztliche Prüfung garantiert eine qualitätsgesicherte Auswertung und gewährleistet die Einhaltung höchster fachlicher Standards.» So sollten auch die von der KI erkannten Auffälligkeiten korrekt eingeordnet werden. Auch hierbei würden Kundinnen und Kunden informiert, dass das Angebot keine fachärztliche Untersuchung ersetzen solle.

    Bayer verweist unter anderem auf volle Praxen und monatelange Wartezeiten. «Das Ziel ist es, Patientinnen und Patienten frühzeitig eine fachärztliche Einschätzung zu ermöglichen und sie gezielt an die richtige Stelle weiterzuleiten – als ergänzende Orientierung, nicht als Ersatz für die persönliche Untersuchung», erläutert der Geschäftsführer.

    Wie sehen Verbraucherschützer das Thema?

    Ebenfalls kritisch. Zwar belebe Wettbewerb das Geschäft, sagt Peter Grieble, Leiter der Abteilung Versicherungen, Pflege, Gesundheit bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Er vergleicht die dm-Angebote mit den sogenannten Igel-Leistungen, also ärztliche Zusatzleistungen, die über den Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenkassen hinausgehen.

    Entscheidend sei dabei der Rahmen, betont Grieble. Schon die Werbung müsse deutlich machen, was ein Angebot leisten kann, wie eingeschränkt es sei und dass es beispielsweise nicht dem entspreche, was ein Augenarzt leisten könne. «Das muss in der Darstellung klar werden.» Und hier habe er Zweifel, wie das - den Anforderungen entsprechend - umgesetzt werden könne.

    Ein Problem sieht er auch beim individuellen Umgang mit möglichen Patienten und Patientinnen. Deren Bedarf müsste vorab geklärt werden. Dazu zählt nach seinen Ausführungen, wie jemand mit einer womöglich kritischen Diagnose umgeht, ob er sie überhaupt wissen möchte. Eine weitere Frage sei, wie valide die Ergebnisse sind. «Was da rauskommt, muss stimmen», betont Grieble.

    Sein Rat: «Je gesundheitsrelevanter eine Thematik ist, desto mehr ist sie beim Arzt angesiedelt.» Die Frage, ob für die eigene Haut die frei verkäufliche Creme A oder B besser ist, sei in der Regel nicht mit Gesundheitsrisiken verbunden. Eine Krebsdiagnose «ist aber nichts, das man en passant machen kann».

    Planen andere Drogerieketten ähnliches?

    So weit wie dm gehen andere Drogeriemarktketten in Deutschland nicht. Der Handelskonzern Müller hatte im Juli mitgeteilt, «als Antwort auf den Megatrend Gesundheit» eine «Gesundheitswelt» als Shop-in-Shop-Konzept einzuführen. Auf bis zu 120 Quadratmetern Verkaufsfläche solle ein Sortiment rund um Themen wie Apothekenkosmetik, Naturheilkunde und Nahrungsergänzung zusammengestellt werden. Samt Beratungstischen und KI-basiertem Beratungstool mit interaktivem Chat und Produktempfehlungen.

    Rossmann teilte auf Anfrage lediglich mit, alle Entwicklungen im Bereich Gesundheitsleistungen sehr aufmerksam zu beobachten. «Zu möglichen zukünftigen Maßnahmen oder Planungen geben wir jedoch keine Auskunft.»

    Ein Foto zeigt Details der Netzhaut.
    Ein Foto zeigt Details der Netzhaut. Foto: Christoph Reichwein/dpa
    Eine dm-Verkäuferin führt das Augenscreening durch.
    Eine dm-Verkäuferin führt das Augenscreening durch. Foto: Christoph Reichwein/dpa
    Ärzteverbände kritisieren die neuen Gesundheitsdienstleistungen der Drogeriemarktkette.
    Ärzteverbände kritisieren die neuen Gesundheitsdienstleistungen der Drogeriemarktkette. Foto: Christoph Reichwein/dpa
    Verbraucherschützer blicken skeptisch auf das Angebot.
    Verbraucherschützer blicken skeptisch auf das Angebot. Foto: Christoph Reichwein/dpa
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