Sie sind nicht nur Orte der Trauer – Friedhöfe sind vor allem auch Spiegel der Zeit. Sie erzählen Geschichten aus längst vergangenen Tagen, von bedeutenden Persönlichkeiten oder dunklen Kapiteln unserer Geschichte. In Bayerisch-Schwaben finden sich mehrere Friedhöfe, die weit mehr sind als letzte Ruhestätten. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit stellen wir Ihnen hier einige Ruheorte vor, die bedeutsam sind.
Protestantischer Friedhof Augsburg
Etwa 9500 Grabstellen gibt es auf dem sechs Hektar großen Protestantischen Friedhof im Augsburger Stadtteil Hochfeld. Als er im Jahr 1534 vom Magistrat der Stadt Augsburg angelegt wurde, befand er sich noch außerhalb der Stadtmauern. Bis heute werden dort Bestattungen durchgeführt, somit ist er der älteste Augsburger Friedhof, der noch genutzt wird.
Die Anlage steht seit 1989 unter Esembleschutz und hat die ein oder andere Besonderheit vorzuweisen. Nicht nur gilt der Friedhof als einer der schönsten Bayerns, in seinem Archiv finden sich alte Grabbücher, die bis 1658 zurückgehen.

Auf dem Protestantischen Friedhof befinden sich Gräber einiger bekannter Persönlichkeiten wie etwa die von Elias Holl, der das Augsburger Rathaus gebaut hat, die der MAN-Gründer Carl und Heinrich von Buz oder auch jene von Bertholt Brechts Eltern. Daneben finden sich die Familiengräber der Patriziergeschlechter Welser, Schaezler und den Freiherren von Süßkind.
Hermanfriedhof in Augsburg
Das katholische Pendant zum Protestantischen Friedhof ist der Katholische Friedhof an der Hermanstraße in der Augsburger Innenstadt. Rund 10.000 Grabstellen befinden sich auf 4,5 Hektar.
Gebaut wurde der Friedhof ab 1599, im November 1600 wurde der sogenannte Gottesacker vom damaligen Weihbischof Sebastian Breuning geweiht. Der Friedhof ist in 16 Grabfelder eingeteilt, von denen jeweils eines für Priester und für Mitglieder geistlicher Ordensgemeinschaften reserviert ist.
Zu den berühmten Persönlichkeiten, die hier ihre letzte Ruhestätte fanden, gehören der Räuber Mathias Kneißl, die Brauereifamilie Riegele und Komponist Karl Kempter. Der Hermanfried ist ein Ort der Ruhe mitten in der Stadt auch für die Lebenden.
Jüdischer Friedhof Harburg
Der Jüdische Friedhof in Harburg im Landkreis Donau-Ries wurde wohl um 1675 erbaut, urkundlich erwähnt jedenfalls erstmals 1671 vom Oettingischen Landesherr Albrecht Ernst I. zu Oettingen-Oettingen, der versprach, einen halben Morgen Ackerland am Hühnerberg zu verkaufen, damit dieses als jüdische Begräbnisstätte genutzt werden könne. Für ein Grab auf dem Friedhof mussten die ansässigen jüdischen Familien jeweils 75 Gulden in zwei Raten zahlen.
Auf dem knapp 4400 m² großen Friedhof sind heute noch 269 Grabsteine erhalten, einige davon stark beschädigt. Im Jahr 1902 waren es etwa 500. Im April 1937 wurden 33 Grabsteine umgeworfen und zerstört, bis 1945 kam es zu weiteren Zerstörungen. Doch auch bereits 1744 und 1800 verwendeten durchziehende Soldaten Grabmale aus Holz zum Feuermachen. Die letzte Bestattung fand 1938 statt. Der Friedhof ist heute ein geschütztes Baudenkmal. Eine jüdische Gemeinde gibt es in Harburg schon lange nicht mehr.
KZ-Friedhof Landsberg
In Kaufering befand sich während des Dritten Reiches der KZ-Außenlagerkomplex Landsberg/Kaufering, in dem von Juni bis Dezember 1944 1658 Zwangsarbeiter zu Tode kamen. Während diese zunächst nach Dachau geschafft wurden, begrub man sie ab einem nicht bestimmbaren Zeitpunkt unter strenger Geheimhaltung am Lager I und verschiedenen anderen Orten in der Nähe.
Nach der Befreiung durch die US-Armee wurde das Massengrab noch für letzte Begräbnisse genutzt und im Mai 1945 endgültig geschlossen. Kurze Zeit später errichteten Überlebende einen Zaun um das Areal, ab April 1946 wurde auf Wunsch des Komitees der überlebenden Häftlinge vergrößert, später ein Gedenkstein errichtet.
Etwa 600 Opfer des KZ-Außenlagers I und III sind hier begraben, 1947 wurde ein Gebetshaus errichtet. Das 1950 entstandene Denkmal ist von neun Grab- und Gedenksteinen umgeben. In der dem Eingang gegenüberliegenden Mauer wurden Gedenktafeln mit einzelnen Namen eingelassen. Jeder dieser Namen steht für hunderte andere Opfer, die am selben Tag gemeldet wurden.
Auch im Landsberger Stadtteil Erpfting gibt es einen ehemaligen KZ-Friedhof, ebenso einen bedeutsamen Friedhof in Kaufering und an einigen weiteren Stellen rund um das ehemalige KZ-Außenlager Landsberg/Kaufering.
Spöttinger Friedhof Landsberg
Der Spöttinger Friedhof in Landsberg ist der ursprüngliche Gefängnisfriedhof der JVA Landsberg. Hier liegen etwa 150 Kriegsverbrecher aus dem Zweiten Weltkrieg (zur genauen Anzahl gibt es unterschiedliche Quellenangaben), die während der Nürnberger Prozesse zum Tode verurteilt wurden. 2003 wurden im Rahmen der Entwidmung des Friedhofes durch den Freistaat Bayern die Namensschilder unter starken Protesten von diesen Gräbern entfernt.

Da auch auf diesem Friedhof Opfer des Nationalsozialismus bestattet sind, ähnlich viele wie Kriegsverbrecher, wollte man ein individuelles Gedenken nicht länger ermöglichen, denn der Friedhof war lange Zeit eine Art Wallfahrtsort für Neonazis. Auch von den Opfergräbern wurden die Namensschilder entfernt.
Friedhof der nutzlosen Grabsteine Schwaighofen
Einen etwas anderen Friedhof gibt es hingegen in Schwaighofen im Landkreis Neu-Ulm. Auf dem Grabsteinfriedhof liegt kein Mensch, trotzdem finden sich dort die Erinnerungen an womöglich hunderte von ihnen. Denn hier liegen nebeneinander, aufeinander, hintereinander hunderte Grabsteine von ehemaligen Gräbern. Der Neu-Ulmer Steinmetzbetrieb Wilhelm Burkhardt sorgte bereits vor über 80 Jahren dafür, dass die alten Steine und Grabplatten hier ihre eigene, vielleicht finale Ruhestätte finden. Sie sind übrig geblieben von Gräbern, die aufgelassen wurden. Erinnerungen, die niemand mehr wollte oder vielleicht auch, weil niemand mehr da ist, der erinnern kann. Auf einigen kann man noch gut die Namen der Verstorbenen erkennen.

Warum sie gerade dort liegen, weiß heute niemand mehr so genau. Schon 2023 sollte der Grabsteinfriedhof aufgelöst werden, doch noch ist er da, gesichert hinter einem Stahlzaun. Was mit dem Lapidarium (eine Sammlung von Steinwerken wie Skulpturen, Meilensteinen und eben auch Grabsteinen) passieren soll, weiß wohl derzeit niemand. Vielleicht bekommen die Steine ja doch noch ein zweites Leben.
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