Immer mehr Fälle von Körperverletzung und schwerer Gewalt werden an Schulen in Bayern registriert. Derartige Vorkommnisse haben an bayerischen Schulen in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen – und das in einem besorgniserregenden Ausmaß.
Laut einer Antwort der Staatsregierung auf eine parlamentarische Anfrage der SPD wurden im Jahr 2024 insgesamt 1193 Fälle einfacher Körperverletzung registriert. 2013 waren es lediglich 423. Auch die schwereren Fälle wie Raub, Vergewaltigung und schwere Körperverletzung sind stark gestiegen – von 124 Fällen im Jahr 2013 auf 431 im Jahr 2024.
Gewalt an Bayerns Schulen: Lehrer und Eltern für mehr Unterstützung durch Staat
Die Reaktionen seitens Politik und Schulfamilie sind deutlich. Simone Strohmayr, Bildungsexpertin der SPD im Bayerischen Landtag, fordert ein umfassendes Maßnahmenpaket: „Unsere Schulen müssen sichere Orte sein. Dass immer mehr Schüler auf ihre Klassenkameraden losgehen, bestürzt mich“, zitiert die Deutsche Presse-Agentur (dpa). Neben mehr Schulpsychologen solle es auch rund um die Uhr erreichbare Anlaufstellen geben – etwa in Form einer Hotline – sowie mehr Beratungsangebote direkt vor Ort.
Auch Lehrer und Lehrerinnen selbst fühlen sich von der Politik zu wenig unterstützt. So sagte Ulrich Babl, Vorsitzender des Bayerischen Realschullehrerverbands, dem Bayerischem Rundfunk: „Der Anstieg gemeldeter Gewaltdelikte auch an Realschulen ist erschreckend und lässt sich nicht schönreden.“ Ähnlich kritisch äußerte sich der Verband der Lehrkräfte an beruflichen Schulen in einem BR-Bericht: „Obwohl die Problematik erkannt wird, fehlt es an konsequenten und flächendeckenden Maßnahmen.“
Lehrerverbände fordern mehr Fachpersonal für Prävention und Intervention
Einigkeit herrscht offenbar bei den Lehrerverbänden aller Schularten: Die Schulen benötigen personelle Verstärkung. „Kinder, die zur Gewalt neigen, brauchen Profis in der Intervention: Schulpsychologen, Sozialarbeiter“, betonte Simone Fleischmann, Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands (BLLV), ebenfalls gegenüber dem BR. Auch Weiterbildungen für Lehrkräfte in Deeskalation und Gewaltprävention seien wichtig – aber allein nicht ausreichend.
Die SPD fordert deshalb ein landesweites Konzept zur Gewaltprävention, das verschiedene Maßnahmen kombiniert: multiprofessionelle Teams mit Pädagogen und Psychologen, feste Anlaufstellen für Schüler, Eltern und Lehrkräfte – und vor allem: mehr Personal an den Schulen.
Mehr Personal? Haushaltsbremse dämpft Hoffnung auf neue Stellen
Doch Hoffnung auf zusätzliche Stellen wird dem Bericht zufolge ausgebremst: Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte Ende des vergangenen Jahres angekündigt, dass im Jahr 2026 aufgrund der angespannten Haushaltslage keine neuen Stellen im öffentlichen Dienst geschaffen werden sollen.
Das Kultusministerium verweist darauf, dass seit 2018 bereits 300 neue Stellen für die Schulpsychologie und 200 für die Schulsozialpädagogik geschaffen wurden – gleichzeitig dämpft es jedoch die Erwartungen auf weitere personelle Verstärkung in naher Zukunft.
Gewaltstatistik erfasst nicht nur schulische Vorfälle
Zudem gibt es Einschränkungen in der Aussagekraft der Statistik. Laut Angaben der Staatsregierung wird in den Daten nicht unterschieden, „ob die erfassten Fälle im schulischen Kontext oder in sonstigen Fällen (z. B. schulfremde Veranstaltungen in Sporthallen oder bei Baumaßnahmen)“ erfasst wurden. Derweil haben viele bayerische Schulen mit weiteren Problemen zu kämpfen:
Ein erheblicher Teil der Opfer und Tatverdächtigen war weder Schüler noch Lehrer. Die BLLV-Präsidentin Fleischmann weist außerdem darauf hin, dass steigende Fallzahlen auch Ausdruck einer höheren Sensibilität und Bereitschaft zur Meldung sein können – was nicht zwingend auf eine tatsächliche Eskalation der Gewalt hindeutet.
Digitale Gewalt als Auslöser – Ruf nach höherem Social-Media-Mindestalter
Der Bayerische Realschullehrerverband macht zudem die zunehmende digitale Gewalt mitverantwortlich für das wachsende Konfliktpotenzial an Schulen. Der Verband verweist auf Studien, die einen „problematischen Umgang Jugendlicher mit sozialen Medien“ belegen.
Deshalb fordert man mitunter ein gesetzlich höheres Mindestalter für die Nutzung von Social-Media-Plattformen – als präventiven Schritt gegen verbale und körperliche Eskalation im Schulalltag.
In den USA testen Schulen ein Programm, das mit KI Schlägereien oder den Einsatz von Waffen frühzeitig erkennen soll. Was Kritiker an diesem System bemängeln.
Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.
Registrieren sie sichSie haben ein Konto? Hier anmelden