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Tierskandale in Bayerisch-Schwaben: Vorfälle der vergangenen Jahre im Überblick

Tierskandale

Vermisst, verendet, vertuscht: Diese Tierschutzskandale haben die Region bewegt

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    Kühe stehen in einem landwirtschaftlichen Großbetrieb in einem Stall. Die Staatsanwaltschaft ermittelte gegen den Betreiber des Hofes wegen Tierquälerei.
    Kühe stehen in einem landwirtschaftlichen Großbetrieb in einem Stall. Die Staatsanwaltschaft ermittelte gegen den Betreiber des Hofes wegen Tierquälerei. Foto: Karl-Josef Hildenbrand, dpa

    Gibt es einen neuen Tierskandal in Bayerisch-Schwaben? Diese Frage treibt viele Menschen in der Region um. Anlass sind verdeckte Aufnahmen der Soko Tierschutz. Sie zeigen, wie tausende Kaninchen in einem Betrieb in Kissing in Käfigen gehalten, mehrfach geimpft und schließlich getötet werden. Ihr Blut wird an Pharmafirmen verkauft, die es zur Produktion von Arzneimitteln und weiteren Erzeugnissen verwenden. Über Monate hatte ein eingeschleuster Mitarbeiter Videoaufnahmen gemacht. Die Soko Tierschutz wertete die Aufnahmen anschließend gemeinsam mit externen Fachleuten aus.

    „Wir fertigen Listen an, halten Rechtsbrüche und andere Probleme fest, bereiten das Material auf – einerseits für eine weitere Strafverfolgung und andererseits auch für die Kommunikation an die Öffentlichkeit“, erklärt der Tierrechtler Friedrich Mülln der Soko-Tierschutz. Mittlerweile haben sowohl die Staatsanwaltschaft Augsburg als auch das Veterinäramt sämtliche Aufnahmen erhalten, die nun überprüft werden.

    Zuletzt gab es immer wieder Tierschutzskandale, die durch die Soko Tierschutz, Hinweise ans Veterinäramt oder durch Zufall aufgedeckt wurden. Die sechs größten der Region aus den letzten sechs Jahren werden hier zusammengefasst.

    1.

    Tot oder verschwunden: Ziegenskandal am Ammersee

    80 tote Ziegen, 141 vermisste Tiere - ein Hinweis führte das Veterinäramt im Mai dieses Jahres auf einen Hof, auf dem während einer Kontrolle gravierende Missstände entdeckt wurden.

    141 Ziegen werden bis heute vermisst.
    141 Ziegen werden bis heute vermisst. Foto: Waltraud Grubitzsch, dpa (Archivbild)

    Die Todesursache der Ziegen ist laut Behörden auf „multiple, starke Vernachlässigung“ zurückzuführen. 41 noch lebende Ziegen seien in einem Notstall untergebracht und später wohlbehalten an einen anderen Halter übergeben worden, so das Landratsamt.

    Wegen des Vorfalls erhielt der Betreiber ein Tierhaltungsverbot und wurde wegen des Verdachts des Verstoßes gegen Tierschutzgesetze angezeigt. Ein Gerichtsverfahren steht noch aus. Zudem schlossen ihn sowohl der Verband Oberbayrischer Ziegenzüchter als auch der Naturland-Verband aus. Die Betreiber wollen allerdings nicht aufgeben und arbeiten bereits an einem Neuanfang.

    2.

    Skandal hoch drei: Der Allgäuer Tierskandal 2019

    Der Allgäuer Tierschutzskandal erschütterte 2019 auch über die Grenzen der Region hinaus. Verdeckte Videoaufnahmen in einem Betrieb im Unterallgäu enthüllten die Vernachlässigung von Tieren: kranke Kühe mit offensichtlichen Schmerzen, die durch Ställe geschleift wurden, in ihren eigenen Fäkalien standen und Gewalt durch Mitarbeiter ausgesetzt waren. Die Videoaufnahmen brachten auch an zwei weiteren Höfen Durchsuchungen ins Rollen.

    Kühe in einem Stall in Bad Grönenbach - Fand hier auf insgesamt drei Höfen Tierquälerei statt?
    Kühe in einem Stall in Bad Grönenbach - Fand hier auf insgesamt drei Höfen Tierquälerei statt? Foto: Ralf Lienert

    In mehreren Prozessen mussten sich die Betreiber der verschiedenen Höfe verantworten. 2022 wurden ein heute 28-Jähriger und sein Vater verurteilt: Der Sohn musste zwei Jahre und zehn Monate in Haft, der Vater erhielt eine Bewährungsstrafe. Ihnen wurde Misshandlung durch Unterlassen und Ignorieren behördlicher Vorgaben vorgeworfen.

    Besonders schwer wog zudem, dass der Sohn versucht hatte, Missstände auf dem Hof zu vertuschen, indem er während einer behördlichen Kontrolle ein krankes Kalb aus dem Stall entfernte, es tötete und verscharrte. Ein gesundes Kalb stellte er als Ersatz in das Kälber-Iglu.

    2023 folgte ein weiterer Prozess gegen eine weitere Landwirtsfamilie, weil kranke Tiere unbehandelt blieben. Es handelte sich um denselben Betrieb, der auch 2025 erneut auffällig wurde. Die Staatsanwaltschaft vermutete im Prozess 2019 hinter der Vernachlässigung finanziellen und zeitlichen Druck, die Angeklagten wiesen die Vorwürfe jedoch zurück. Schon 2019 belegten Videoaufnahmen Misshandlungen, darunter Tritte gegen den Kopf eines kranken Rinds und das Traktieren mit spitzen Gegenständen. Zu sehen war auch, wie kranke Kühe an Traktoren durch den Stall geschleift wurden.

    Der Prozess platzte zunächst aufgrund gestellter Befangenheitsanträge seitens der Staatsanwaltschaft gegen Sachverständige. Das Verfahren gegen die zwei angeklagten Söhne wurde ohne Auflagen eingestellt, die Anklage gegen den Vater war nach einer Geldauflagenzahlung von 5000 Euro vom Tisch. In einem weiteren Prozess wurden Mitarbeiter zu Geldstrafen verurteilt.

    3.

    Wiederholungstäter im Unterallgäu? Tierschutzskandal auf Allgäuer Hof

    Bei einem Großeinsatz im März dieses Jahres waren Polizei und Behörden auf einen landwirtschaftlichen Betrieb gestoßen, dessen Betriebsleiter keine Unbekannten sind. Der Hof war bereits 2019 im Allgäuer Tierskandal wegen Tierschutzverstößen aufgefallen. Damals hatte die Soko Tierschutz Videokameras auf dem Hof installiert, um Missstände zu dokumentieren. 2025 wiederholten sie den Vorgang.

    Die erneut installierten Kameras dokumentierten auch noch sechs Jahre nach dem ursprünglichen Skandal schwere Misshandlungen, unter anderem durch den mutmaßlich gesetzeswidrigen Einsatz von Elektrogeräten. Die Aufnahmen zeigen laut Friedrich Mülln, einem Gründungsmitglied der Soko Tierschutz: Es hat sich im Betrieb seit 2019 nichts geändert. Das Gleiche gelte für die Politik.

    Den beteiligten Personen droht nun in beiden Fällen Strafe: Laut Paragraf 17 des Tierschutzgesetzes wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft, wer einem Wirbeltier länger anhaltende erhebliche Schmerzen oder Leiden zufügt.

    4.

    Tierschutzwidriges Töten: Schlachthausskandal Augsburg

    In einem Augsburger Schlachthof kam es 2024 zu Vorwürfen der unsachgemäßen Tötung von Schlachtschweinen. Betäubungsfehler, die zu „Leiden und Schmerzen“ bei Schlachtschweinen unmittelbar vor dem Tod führen, sind laut dem städtischen Veterinäramt tierschutzwidrig. Beanstandet wurden mögliche Fehler bei der Betäubung mit der Elektrozange, wie sie im Augsburger Schlachthof verwendet wurde.

    Großbetriebe nutzten meist CO₂-Anlagen, die für den kleinen Betrieb zu teuer seien, so der Geschäftsführer des Schlachthauses Georg Rauch. Rauch sieht die Elektrozange zudem als tierschonender, räumt aber ein, dass es bei der Methode zu Fehler kommen kann. Gleichzeitig fordert er mehr Toleranz vom Veterinäramt.

    Auch nach mehrfacher Beanstandung der Betäubungsmethode sei es im Schweineschlachtbetrieb in Augsburg nicht zu Verbesserungen der Umstände gekommen, so die Behörde. Der Betrieb wurde daraufhin kurz vor Weihnachten 2024 gestoppt.

    Schweinehälften hängen in einem Schlachthof. Dass Schweine im Angesicht des Todes Schmerzen empfinden, ist tierschutzwidrig.
    Schweinehälften hängen in einem Schlachthof. Dass Schweine im Angesicht des Todes Schmerzen empfinden, ist tierschutzwidrig. Foto: Roland Wittek, dpa (Symbolbild)

    Bis auf Weiteres finden im Schlachthof Augsburg keine Schlachtungen statt. Laut Veterinäramt darf der Schlachthof wieder öffnen, sobald tierschutzkonforme Bedingungen erfüllt würden. Dazu wollte man zunächst in eine neue Betäubungsanlage investieren, im Sommer wurde dann aber das endgültige Aus verkündet.

    5.

    Nur noch „Fell und Knochen“: Kälberskandal Landkreis Landsberg

    Ein Kalb verendete im Sommer 2025 in der Obhut eines nebenberuflichen Landwirts im Landkreis Landsberg – und das ist offenbar nicht das erste Mal. Bereits in der Vergangenheit gab es ähnliche Vorfälle. Im jüngsten Fall soll ein krankes Tier über mehrere Wochen keine ärztliche Versorgung erhalten haben, sodass dieses stark abmagerte und schließlich mit diversen Entzündungen und eitrigen Organen starb. Im Gerichtsprozess im August 2025 ließ ein Bericht des Veterinäramts keinen Zweifel an der Vernachlässigung. Der Angeklagte bestritt, die Anzeichen für den schlechten Zustand des Kalbes gesehen zu haben.

    Der Mann wurde zu sechs Monaten Haft und einer Geldstrafe von 2000 Euro verurteilt. Erst 2023 war der Landwirt wegen einer ähnlichen Straftat verurteilt worden. In diesem Fall handelte es sich ebenso um ein vernachlässigtes Kalb, das an der mangelnden Fürsorge und ärztlichen Versorgung starb.

    6.

    Tierquälereiskandal Roggenburg-Meßhofen

    Entzündete Euter, schlecht gepflegte Klauen: Im August 2023 entdeckte ein Klauenpfleger auf einem Hof in Roggenburg-Meßhofen stark vernachlässigte Tiere. Obwohl das Veterinäramt schon zuvor über die Zustände informiert worden war, erfolgte eine großangelegte Kontrolle erst Ende August durch Behörden, Tierärzte und Polizei.

    Bei einer Kontrolle am 29. August fand das Veterinäramt Tierkadaver auf einem Misthaufen. Bei der Kontrolle mussten zudem vier Tiere noch vor Ort eingeschläfert werden, so gravierend war ihr Zustand. Laut Klauenpfleger litten von rund 180 Rindern 60 bis 70 Prozent an Entzündungen. Dieser dokumentierte kranke Tiere und blutende Wunden. Auch die Veterinäroberrätin bestätigte Schwellungen, Fieber und Schmerzen, manche Tiere konnten kaum laufen.

    Der Prozess gegen den 62-jährigen Landwirt wurde im Juli 2025 nach nur vier Stunden abgebrochen. Der Anwalt des Angeklagten befragte Zeugen, wie die Amtsveterinärin, im Prozess ungewöhnlich lange, sodass die Staatsanwaltschaft ihm das Rede- und Fragerecht absprach. Amtsrichterin Antje Weingart bat schließlich Anklage und Verteidigung zu einem Rechtsgespräch. Ein Deal scheiterte jedoch, weil sich der Angeklagte weigerte, ein Geständnis abzulegen. Eine Wiederaufnahme steht noch aus.

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