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US-Investments der Bayerischen Versorgungskammer: Wie viel Rentengeld ist verloren?

Bayerische Versorgungskammer

Zähe Aufklärung: Wie viel Rentengeld hat eine bayerische Behörde wirklich verzockt?

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    Markant ragt das rote Hochhaus „Big Red“ aus der Skyline von Chicago. Es gehört zu den teuren Investments der Bayerischen Versorgungskammer in den USA.
    Markant ragt das rote Hochhaus „Big Red“ aus der Skyline von Chicago. Es gehört zu den teuren Investments der Bayerischen Versorgungskammer in den USA. Foto: G-Jun Yam, dpa

    Am Ende bleibt ein Trümmerhaufen – und das womöglich nicht einmal nur metaphorisch. Die Bayerische Versorgungskammer und ihre Versorgungswerke, die die Altersvorsorge von über drei Millionen Menschen verwalten, haben kürzlich herbe Verluste bei Immobilieninvestments in den USA eingeräumt. Und ein Ende der Fahnenstange ist in der Affäre, in die auch ein verurteilter Steuerbetrüger verwickelt ist und die schon den Landtag beschäftigt hat, nicht absehbar. Was bleibt, ist die Frage, wie massiv der Schaden sein wird – und was das für die Renten bedeutet.

    Die Versicherten unter dem Dach der Versorgungskammer, das sind unter anderem Apothekerinnen, Beschäftigte in Theatern oder Ärzte; viele davon aus Bayern, aber auch aus anderen Bundesländern. Die Kammer verwaltet ihre Altersvorsorge, ein Großteil davon fließt in Hedgefonds, Aktien und Immobilienfonds. Unter anderem mit dem New Yorker Projektentwickler Michael Shvo hatte sie dabei in den vergangenen Jahren mehrere Immobilien in den USA erworben und damit mindestens dreistellige Millionenverluste erlitten. Und nun mehren sich die Zweifel, ob die von der BVK bislang gemachten Angaben überhaupt das ganze Ausmaß des Investment-Debakels erfassen.

    So viel hat die Bayerische Versorgungskammer nach eigenen Angaben in den USA investiert

    So hieß es vor einem Jahr noch, die BVK habe 611 Millionen Euro in vier Gebäude in San Francisco, Los Angeles, New York und Miami investiert. Inzwischen ist allerdings von 820 Millionen Euro die Rede. Das geht unter anderem aus Antworten auf parlamentarische Anfragen des Grünen-Abgeordneten Tim Pargent hervor. Er hatte vor rund einem Jahr gemeinsam mit seiner Fraktionskollegin Julia Post um Auskünfte zu den Investments gebeten. Adressat der Anfrage: das bayerische Innenministerium, das als Aufsicht für die BVK fungiert. Als Pargent dazu kürzlich noch einmal nachhakte, fiel auf, dass in der jüngsten Antwort drei weitere Immobilien in New York und Chicago als Investments genannt werden, von denen vor einem Jahr noch keine Rede war. Dabei waren diese Geschäfte eigentlich schon länger öffentlich, etwa in einem Bericht der Börsen-Zeitung aus dem Jahr 2021 waren sie erwähnt worden. Dort waren auch Kaufpreise genannt worden – eine Angabe, die die BVK in ihrer Antwort schuldig bleibt.

    Unter anderem um diese Unstimmigkeiten zu ergründen, habe er beim Innenministerium nachgehakt, sagt Pargent im Gespräch mit unserer Redaktion. Der Kammer wirft er vor, der Öffentlichkeit Informationen nur nach einer „Salami-Taktik“ zukommen zu lassen. Auf Nachfrage unserer Redaktion erklärt sich die BVK und gibt an, im laufenden Jahr noch weitere Investitionen getätigt zu haben – sodass sich die angegebenen Investitionssummen in den beiden vergangenen Jahren unterscheiden. Dass man im Vorjahr die Immobilien in New York und Chicago nicht genannt hatte, liege daran, dass explizit nach „Projekten“ gefragt wurde – also Neubauten und Renovierungsprojekte. Bei den nicht aufgeführten Immobilien in New York und Chicago hingegen „handelt es sich entsprechend um vermietete Bestandsobjekte“, teilt die Kammer mit. Auf Investitionen in diesem Bereich hatte sie in ihrer Antwort im vergangenen Jahr tatsächlich verwiesen, ohne jedoch näher darauf einzugehen.

    Bayerisches Rentengeld in den USA investiert: Baustellen und Zweifel bleiben

    Fragezeichen bleiben dennoch hinter BVK-Angaben – etwa, ob die ohnehin schon hohen Leerstandsquoten von 28 Prozent respektive 61 Prozent in zwei von der Kammer mitfinanzierten Immobilien in Manhattan zutreffend seien. Einer Quelle vor Ort zufolge seien diese Zahlen massiv beschönigt, das Interesse an den Räumlichkeiten noch geringer. Die BVK präzisiert ihre Angaben auf Nachfrage nicht, verweist nur darauf, dass in einem Fall 89 und im anderen 59 Prozent der Sollmiete in den Gebäuden erfüllt sind.

    Auch bei anderen Projekten gibt es offenbar Probleme, lokale Medien berichten von Stillstand auf Dauerbaustellen, heruntergekommener Bausubstanz und überzogenen Preisen. Die Zweifel wachsen, dass die Bauprojekte je fertiggestellt werden, ein Hotelkomplex in Miami steht inzwischen wieder zum Verkauf. Einer weiteren Antwort auf eine parlamentarische Anfrage zufolge, die der frühere bayerische SPD-Chef Florian von Brunn gestellt hatte, hat die Kammer nun 163 Millionen Euro abgeschrieben.

    Rätselhaft bleibt, wie es überhaupt zu den spektakulären Fehlinvestments kommen konnte. Im Zentrum der Deals steht der Projektentwickler Michael Shvo, der bereits 2018 wegen Steuerbetrugs verurteilt worden war. Alle erworbenen Objekte sind repräsentative, prestigeträchtige Immobilien in teils schwierigem Marktumfeld. Nach Informationen der Abendzeitung seien die BVK und ihre Partner zudem schon 2020 vor Ungereimtheiten gewarnt worden. Einen Verantwortlichen hat man bei der Kammer inzwischen wohl gefunden, der Abteilungsleiter für Immobilien Investment Management wurde entlassen, die BVK spricht von „Compliance-Verstößen“ und einer unangemessen persönlichen Nähe zu anderen Beteiligten, insbesondere Shvo.

    Blick über den Münchner Osten: In Bogenhausen ist die Bayerische Versorgungskammer beheimatet und baut gerade unweit des Hypo-Vereinbank-Gebäudes eine neue Zentrale.
    Blick über den Münchner Osten: In Bogenhausen ist die Bayerische Versorgungskammer beheimatet und baut gerade unweit des Hypo-Vereinbank-Gebäudes eine neue Zentrale. Foto: Peter Kneffel, dpa (Archvibild)

    Manager der BVK und Versorgungskammer vor Gericht

    Ergeben hatte diese Vorwürfe eine interne Untersuchung. Auf 50 Seiten hat die Kammer Vorwürfe gegen den ehemaligen Top-Manager gesammelt, wie es kürzlich bei einem Termin im Münchner Arbeitsgericht hieß – der Entlassene will dort gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber vorgehen. Allerdings sei der Abteilungsleiter tatsächlich „in argen Problemen“, wenn die Vorwürfe stimmen, kommentierte die Richterin die Sachlage.

    Öffentlich ließen sowohl die Kammer als auch das Innenministerium eine derart umfangreiche Aufarbeitung der Investments bislang vermissen. Indes prüft nun die Staatsanwaltschaft die Vorwürfe, wie der Bayerische Rundfunk berichtet, und Innenminister Hermann thematisierte in einem Gespräch mit der BVK-Spitze „personelle Veränderungen“ bei der Kammer, wie sein Ministerium schreibt.

    Für SPD-Politiker von Brunn tragen Staatsregierung und Innenministerium eine Mitschuld an der Misere: „Es gab offensichtlich auch erhebliche Fehler der Regierung Söder, insbesondere des Innenministers“, teilt er gegenüber unserer Redaktion mit. „Auch wenn die Regierung das unbedingt verschleiern will.“ Von der anderen Seite des Ozeans droht nun neues Ungemach: Erneut ziehen Mieter gegen BVK und Shvo vor Gericht, weil sie unter falschen Versprechungen in den Mietvertrag getrickst worden seien. Zunächst waren die Verfahren noch eingestellt worden, nun geht es wieder um Millionen.

    Zu den bisherigen Verlusten hieß es von der BVK bislang immer, dass diese die Altersvorsorge ihrer Versicherten nicht gefährden würden. Sie „war und ist sicher“, sagte Vorstandschef Axel Uttenreuther im August der Welt. Zwar schmerze „jeder Euro oder Dollar, den wir verlieren“, durch Erträge aus anderen Anlagen kompensiere man dies jedoch. Aber hat das auch noch Bestand, wenn die Verluste nun weiter wachsen?

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    5 Kommentare
    Astrid Geiger-Schmitt

    Wie kann es sein das die Rentengelder auf so eine weiße verdummt werden ohne das der "Ottonormalverbraucher" davon im Vorfeld etwas davon erfährt? Wo wollen sie jetzt das ganze Geld für die Renten hernehmen , abgesehen das für alle die nie eingezahlt haben. Wir können ja auch nicht einfach an die Gehälter von den Verantwortlichen gehen und es einfach ausgeben für fragwürdige Geschäfte. Und das unverschämte ist das sie dann auch noch der Meinung sind das man das Rentenalter raufsetzt und man dann ja immer noch etwas arbeiten kann.

    Waldemar Thurn

    Wer Schrottanlagen Verkauft hat die höchste Provision und unsere sog. Schlauen Anleger haben keine Ahnung was Sie da Kaufen.

    Walter Stöckl-Manger

    Solange Söder frisst, sind das doch Kinkerlitzchen.

    Ralf Eberhardt

    Die erste Spitze des Eisbergs, die schwarz ist.

    Martin Deeg

    ......„Es gab offensichtlich auch erhebliche Fehler der Regierung Söder, insbesondere des Innenministers“...... Da wüsste man doch gerne mehr. Denn das ist ein tatsächliches Thema - eines mit dem mittels hochgejazzter Pseudo-Themen seitens eben dieser "Regierung Söder" so effektvoll und laut abgelenkt wird.....

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