Mathias Kneißl, geboren am 12. Mai 1875 in Unterweikertshofen im heutigen Landkreis Dachau und tätig bis nach Aichach, ist vermutlich der berühmteste Verbrecher in der Region und bis heute Gegenstand von Büchern, Filmen und sogar Theaterstücken. Der Räuber Kneißl begann mit kleineren Delikten wie Wildern und Diebstahl, später überfiel er gemeinsam mit seiner Bande Bauernhöfe und tötete bei einem Schusswechsel zwei Gendarmen. Doch auch andere Verbrecher aus Schwaben und Oberbayern haben es zu zweifelhaftem Ruhm gebracht. Vier davon stellen wir Ihnen vor.
Der Bayerische Hiasl: Schwabens Robin Hood
Ähnlich bekannt wie Mathias Kneißl war auch Matthias Klostermayr, der Bayerische Hiasl oder auch „Voralpen Robin Hood“. Geboren im September 1736 in Kissing war Klostermayr ein Wilderer und Anführer einer „gerechten Räuberbande“, die vor allem im schwäbisch-bayerischen Grenzgebiet tätig war.
Schon mit 12 Jahren musste der Hiasl (die bayerische Koseform von Matthias) auf dem nahen Schlossgut Mergenthau arbeiten, um zum Lebensunterhalt der Familie beizutragen, wie damals bei Tagelöhner-Familien üblich. Als er 16 war, starb seine Mutter. Im Anschluss arbeitete er etwa zwei Jahre lang als Jagdgehilfe und Aufseher für die Mergenthauer Jesuiten. Diese Anstellung verlor er wegen eines Faschingsscherzes: Er hatte einen Pater, der auf der Jagd versehentlich eine Katze erschossen hatte, öffentlich deswegen verspottet. Vermutet wird aber auch, dass er der Wilderei verdächtigt und deshalb entlassen wurde.
Da ihm außerdem auch das Jagen mit dem Ortsjäger verboten wurde, begann Klostermayr tatächlich und nachweisbar mit der Wilderei. Im April 1756 wurde er deshalb von den Werbern der bayerischen Armee festgesetzt, konnte jedoch über den Lech entkommen.
Im Mai desselben Jahres schloss er sich der Wildererbande von Xaver Bobinger, genannt „Krätzenbub“ an, gründete jedoch schon kurz darauf seine eigene Bande und wilderte in den Wäldern auf beiden Seiten des Lechs. Während die Bauern froh um die Dezimierung der Wildbestände waren, gab es zunehmend Probleme mit den Jägern und der Obrigkeit der Region, Streitigkeiten, die zum Teil blutig endeten. Schließlich wurde er verhaftet und verbrachte ein dreiviertel Jahr im Zuchthaus in München. Auf Wilderei stand die Todesstrafe, doch der bayerische Kurfürst bot dem talentierten Schützen an, kurfürstlicher Jäger zu werden. Klostermayr, der sich mehr und mehr als Rächer der Armen verstand, lehnte ab und kehrte zurück in sein Leben als Räuber.

Klostermayr und seine Bande verteilten Teile ihrer Beute angeblich an den armen Teil der Bevölkerung und avancierten so bereits zu Lebzeiten zu einer Art Volkshelden, die von den Menschen vor Militär und Polizei gewarnt wurden. Die Bande wilderte, stahl und mordete, insgesamt neun Menschen kamen durch sie zu Tode.
Durch die damalige territoriale Zersplitterung des heutigen Schwabens gelang es dem Hiasl und seiner Bande immer wieder, ihren Verfolgern zu entkommen. Gerüchte kamen auf, die Bande sei „kugelfest“ oder gar mit dem Teufel im Bunde. Klostermayr selbst schien die Legendenbildung um seine Person zu genießen. Am 14. Januar 1771 schließlich war der viele Jahre dauernde Raubzug zu Ende. Klostermayr und seine Gefährten wurden in Osterzell von etwa 300 Soldaten festgesetzt. Nach einem mehrmonatigen Prozess in Dillingen wurde der Bayerische Hiasl zum Tode verurteilt und am 6. September an der Donaubrücke zuerst erdrosselt, dann sein Körper auf einer Radbrechmaschine zertrümmert und schließlich sein Kopf abgeschlagen und der gevierteilte Körper in verschiedenen schwäbischen Städten ausgestellt.
Für die ärmere Bevölkerung blieb der Bayerische Hiasl jedoch ein Volksheld und gilt noch heute als Vorbild von Wilderern und Revolutionären, als Symbol des Widerstandes gegen Adel und Klerus in einer Zeit, als die gemeine Bevölkerung kaum eine Chance auf Aufstieg hatte.
Der Schwarze Veri: Verbrecher aus Not?
Franz Xaver Hohenleiter, auch „der Schwarze Veri“ genannt, war ein Räuber aus Rommelsried im heutigen Landkreis Augsburg. Geboren 1788 wurde er zum Anführer einer Räuberbande, die ihr Unwesen im heutigen Dreiländereck Deutschland, Schweiz und Österreich trieb. Den Spitznamen erhielt er wohl wegen seines dunklen Bartwuchses, Veri ist eine Koseform von Xaver.
Viele der Legenden, die sich um den Räuber ranken, sind nachweislich falsch. Sicher ist aber, dass Hohenleiter in armen Verhältnissen aufwuchs, nie einen Beruf erlernte und aus der Armee desertierte. Wie viele andere Diebe der Zeit wurde Hohenleiter Opfer seiner Umstände. Oberschwaben war nach den napoleonischen Kriegen in weiten Teilen verwüstet, viele Menschen hungerten oder waren sogar obdachlos. 1817 kamen erstmals Berichte über eine kriminelle Gruppe auf, die in Oberschwaben und den umliegenden Gegenden Einbrüche und Überfälle verübten. Als Anführer dieser Bande galt Hohenleiter, zur Gruppe gehörten neben seinem jüngeren Bruder auch einige Frauen.
Die Beute, überwiegend aus abgelegenen Bauernhäusern gestohlen, war meist gering: Hühner, Brot, Kleidung. Manchmal war auch Geld darunter, dann ließ sich die Bande für kurze Zeit in Gasthäusern nieder, während sie sich sonst in den Wäldern versteckte. Da es bei den Überfällen jedoch auch zu Körperverletzungen kam und die Häufigkeit der Taten hoch war, wurden der Schwarze Veri und seine Bande intensiv von der Justiz verfolgt. Dennoch dauerte es bis zur Festnahme bis April 1819. Ein Förster fand Hohenleiter in den Wäldern von Laubbach und brachte ihn nach Biberach im heutigen Baden-Württemberg.
20 Jahre Zuchthaus standen für ihn im Raum, bei den damaligen Haftbedingungen ein Todesurteil. Doch zur Verurteilung kam es nicht. Am 20. Juli 1819 wurde Franz Xaver Hohenleiter im Ehinger Tor durch einen Blitzeinschlag getötet.


Die Schwarze Lies: Zum Tode verurteilt vom eigenen Opfer
Auch eine Frau gehört zu den bekanntesten Räubern Schwabens. Wie der Bayerische Hiasl musste Elisabetha Gaßner, geboren 1747 im heutigen Ulmer Stadtteil Wiblingen, schon früh zum Unterhalt der Familie beitragen, der Vater war früh gestorben. Und wie beim Schwarzen Veri war das Verbrechen vor allem aus Not geboren.
Ende der 1760er-Jahre kam sie erstmals mit der Eigentumskriminalität in Berührung, also etwa mit Diebstahl und Betrug. Noch verdiente sie sich jedoch vorwiegend durch Stricken von Strümpfen und Saisonarbeit in der Landwirtschaft. 1770 heiratete sie Johannes Gaßner und zog mit ihm in seine Heimatgemeinde Biberberg im heutigen Landkreis Neu-Ulm. Ihren Lebensunterhalt verdiente sie nun vorwiegend mit Diebstählen. Diese waren 1779 so beträchtlich, dass sie für ihre inzwischen acht Personen umfassende Familie ein kleinbäuerliches Anwesen kaufen konnte.
Der Verhaftung 1781 entging Elisabetha, indem sie sich zunächst in die Schweiz absetzte, später lebte sie mit ihrem neuen Lebensgefährten Matheis Ruttman in Tirol, bevor sich das Paar im Württembergischen niederlies und dort 1786 eine Tochter bekam. Elisabetha bestritt den Familienunterhalt nun fast ausschließlich durch Taschendiebstahl. Dabei geriet sie schließlich an den Reichsgrafen Franz Ludwig Schenk von Castell, bekannt als „Gaunerjäger Oberschwabens“ und „Henkergraf“. Sie stahl ihm seinen Geldbeutel mit Goldwährung im Wert von 1700 Gulden. Ein genaues Datum dieses Diebstahls ist nicht überliefert. Erwischt wurde Elisabetha, aufgrund ihrer Haarfarbe „schwarze Lies“ genannt, jedoch erst viele Jahre später.
Am 16. Juli 1788 wurde sie zum Tode verurteilt und durch das Schwert hingerichtet. Der Richter, der das Urteil sprach: Franz Ludwig Schenk von Castell.
Theo Berger: Der Al Capone vom Donaumoos
Für unseren letzten Verbrecher springen wir nicht allzu weit in die Vergangenheit. Theo Berger, auch bekannt als „schöner Theo“; „Ausbrecherkönig“ und „Al Capone von Donaumoos“ kam 1941 in Ludwigsmoos im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen zur Welt. Doch wie seine historischen Verbrecherkollegen wuchs auch er in Armut auf und hatte schon früh Probleme damit, sich an Regeln zu halten. Als Jugendlicher schlug er nicht nur Lehrer, sondern auch den Pfarrer, der ihm prompt eine Zukunft als „Zuchthäusler“ prophezeite.
Auch Berger erlernte keinen Beruf, arbeitete jedoch einige Zeit als Kraftfahrer und konnte sich gut über Wasser halten. Seine Jugend war bewegt, er hatte viele wechselnde Arbeitsstellen und Partnerschaften, wurde bereits mit 19 Jahren Vater einer Tochter. Zu seinen Vergehen in dieser Zeit gehörten Sachbeschädigungen, Schlägereien oder kleinere Verkehrsdelikte, er kam mit Verwarnungen und Freizeitarrest davon.
1961 schließlich wurde er vom Landgericht Augsburg wegen Schlägereien, Fahrens ohne Fahrerlaubnis und eines mutmaßlich absichtlichen Umfahrens eines Rollerfahrers mit dem Auto zu einer Jugendstrafte von drei Jahren verurteilt, die er in diversen bayerischen Gefängnissen absaß. Damit begann ein „Leben hinter Gittern“, lange auf freiem Fuß war Theo Berger nie, obwohl er sich nach einer Haftentlassung 1965 vornahm, ein straffreies Leben zu führen.

Doch schon 1966 kam es infolge von permanenter Geldknappheit zu insgesamt fünf Banküberfällen gemeinsam mit seinem Bruder Alfons, den ersten noch mit Spielzeugpistole bewaffnet. Im Herbst desselben Jahres befand sich Berger nach einem Familienstreit in Gewahrsam der Schrobenhausener Polizei, entkam jedoch durch einen Sprung aus dem Fenster, obwohl er an den Händen gefesselt war. Auch im Folgejahr schaffte er es immer wieder, der Polizei zu entkommen.
Er selbst schrieb in seinen Erinnerungen zu dieser Zeit, das Risiko habe immer weniger im Verhältnis zum Ertrag gestanden, er habe festgestellt, dass er, um sein Ziel zu erreichen, Menschen töten müsse. Dazu sah er sich jedoch nicht in der Lage. „Damit konnte ich meine Laufbahn als Verbrecher praktisch beenden.“
Gemeinsam mit sieben anderen Männern aus der sogenannten „Berger-Bande“ wurde Theo Berger im Februar 1967 verhaftet. Ihnen wurden sieben Raubüberfälle, 40 Autodiebstähle, 25 Diebstähle aus Autos, ein Autoraub, zwei Betrugsfälle und eine Serie von Automatenaufbrüchen zur Last gelegt. Theo Berger wurde zu 15 Jahren Haft mit anschließender Sicherheitsverfahrung verurteilt und sollte ins Zuchthaus Straubing verbracht werden. Doch im Dezember 1968 gelang ihm gemeinsam mit einem Mithäftling die Flucht aus dem Münchner Schubgefängnis. Kurz darauf beging er allein einen weiteren Banküberfall.
Erst im April 1969 konnte er erneut festgenommen werden, nachdem er im März auf der Flucht auf einen Polizeimeister geschossen und diesen verletzt hatte. Im Herbst wurde er wegen versuchten Polizistenmordes zu zweimal 15 plus 12 Jahren Haft mit anschließender Sicherheitsverwahrung verurteilt und kam wieder nach Straubing. Ein Fluchtversuch 1973 scheiterte.
1985 kam er wegen einer Leukämie-Erkrankung frei und wirkte an Oliver Herbrichs Film „Der Al Capone vom Donaumoos“ mit. Den Kinostart erlebte er nicht in Freiheit: Schon im März 1986 befand er sich wegen diverser Banküberfälle wieder in Haft. Am 21. November 2003 wurde er in seiner Zelle in Straubing erhängt aufgefunden. Nach insgesamt 39 Jahren hinter Gittern hatte sich Theo Berger das Leben genommen.
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