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Würzburg: Alumni-Verein bei der Main-Post: Warum es manche Themen nicht in die Zeitung schaffen

Würzburg

Alumni-Verein bei der Main-Post: Warum es manche Themen nicht in die Zeitung schaffen

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    Redakteur Andreas Jungbauer, Chefredakteur Ivo Knahn und Alumni-Vorsitzender Prof. Peter Bofinger (von links) sprechen über die Arbeit der Redaktion in Zeiten des digitalen Wandels und der KI-Revolution.
    Redakteur Andreas Jungbauer, Chefredakteur Ivo Knahn und Alumni-Vorsitzender Prof. Peter Bofinger (von links) sprechen über die Arbeit der Redaktion in Zeiten des digitalen Wandels und der KI-Revolution. Foto: Patty Varasano

    Warum findet manch wichtiges Thema keinen Eingang in die Berichterstattung der Main-Post, die eine oder andere banale Geschichte hingegen schon? Gibt es eine Art „hippokratischen Eid“ für Journalisten? Gehen Recherchen tief genug? Wie nutzt die Redaktion Künstliche Intelligenz (KI)? Und werden Überschriften immer reißerischer?

    Mit vielen Fragen sind die ehemaligen Studierenden zu einem persönlichen Austausch mit Chefredakteur Ivo Knahn und Redakteur Andreas Jungbauer ins Verlagshaus gekommen. Thema: Wie arbeitet die Redaktion in Zeiten des digitalen Wandels und der KI-Revolution? Moderiert wird die Runde von Alumni-Geschäftsführerin Michaela Thiel.

    Auf dem Podium sitzt auch Prof. Peter Bofinger, Alumni-Vorsitzender, ehemaliger Wirtschaftsweiser und als Abonnent von vier Tageszeitungen bekennend „zeitungssüchtig“. Von der Main-Post bis zum Spiegel haben viele Redaktionen über ihn berichtet oder Interviews mit ihm geführt. Er sagt: „Wenn Medien Fakten darstellen, dann ist dies nach meiner Erfahrung in aller Regel korrekt.“

    Die Zeitung bietet Orientierung im „Datenbrei“

    Chefredakteur Ivo Knahn freut sich über Bofingers positive Erfahrungen. Ziel der Redaktion sei es immer, eine verlässliche Informationsquelle zu sein. Im digitalen Zeitalter, wo jeder jederzeit auf unzähligen Kanälen publizieren könne, entstehe ein „Datenbrei“ aus Meinungen, Halbwahrheiten und immer öfter auch gezielter Desinformation. Der Wert journalistischer Arbeit liege darin, in diesem Brei Inseln zu schaffen mit überprüften und vertrauenswürdigen Informationen. „Diesen Wert unserer Arbeit müssen wir den Menschen erklären“, sagt Knahn.

    Die digitalen Möglichkeiten setzen Redaktionen einerseits unter wirtschaftlichen Druck, andererseits bringen Daten zum Mediennutzungsverhalten den Redaktionen wertvolle Erkenntnisse. Das bringt auch inhaltliche Kurskorrekturen mit sich - nicht immer zur Freude aller Leserinnen und Leser, erklärt Knahn. Die Redaktion kann das Leseverhalten detailliert analysieren und zieht daraus Schlüsse. „Früher haben wir viel öfter an den Interessen und Bedürfnissen der Leser vorbeigearbeitet“, sagt der Chefredakteur.

    So habe sich etwa herausgestellt, dass bestimmte Inhalte im Lokalsport und in der Kultur nur auf sehr geringes Leserinteresse stoßen. Die Redaktion habe die Berichterstattung über Jahre hinweg angepasst, was auch für Enttäuschung bei Leserinnen und Lesern sorgt, die gewohnte Inhalte seither vermissen.

    Die Redaktion übersetzt zwischen Experten und Laien

    Ein Rätsel bleibt einigen Zuhörern die Auswahl der Themen. Ein Teilnehmer schildert den Versuch, die Redaktion für seine Erfahrungen als S-Pedelec-Fahrer zu begeistern. Trotz haarsträubender Geschichte - ein Lkw-Fahrer habe ihn absichtlich in einen Unfall zu verwickeln versucht - vergeblich.

    Redakteurinnen und Redakteure kennen die Herausforderung: Für den Betroffenen ist seine Geschichte von zentraler Bedeutung, für die Masse der Leserinnen und Leser aber nicht. Das Thema schafft es nicht in die Berichterstattung, gleichzeitig liest man aber zum Beispiel vom belanglos erscheinenden Besuch eines Models auf einem Weinfest.

    Das frustriert die Betroffenen. „Redakteure suchen oft Ansätze für eine Berichterstattung“, versichert Andreas Jungbauer, nicht immer finde man aber einen Ansatz.

    Journalisten sind auch Übersetzer zwischen Experten, bei denen sie recherchieren, und Laien, die das Thema begreifen sollen. Da gebe es Defizite, beobachtet eine Zuhörerin bei Themen aus ihrem eigenen Fachbereich. Es werde zu stark vereinfacht oder falsch berichtet. Redakteur Jungbauer zitiert dazu einen Grundsatz, an den sich alle Journalisten halten sollten: „Schreib‘ nie etwas, was du nicht verstehst.“

    Im Journalismus geht es auch um ethische Fragen

    Sorgfalt und gründliche Recherche sind wesentliche Teile der journalistischen Grundsätze. Diese finden sich sowohl in den Leitlinien der Main-Post, als auch im Pressekodex des Deutschen Presserats.

    Beide Quellen führt Ivo Knahn als Antwort auf die Frage an, ob es eine Art hippokratischen Eid für Journalisten gebe. In den Leitlinien wird auch Künstliche Intelligenz thematisiert. Bei der Main-Post werde sie zur verlässlichen Recherche nicht genutzt, erklärt der Chefredakteur. Sie helfe aber beim Kürzen von Texten oder diene als Anregung für mögliche Fragen an Interviewpartner.

    Dass es im Journalismus auch um ethische Fragen geht, zeigt eine Wortmeldung aus dem Publikum: Überschriften, die gefühlt immer reißerischer würden, könnten das Lebensgefühl der Leserschaft beeinflussen, sagt der Zuhörer.

    Dem Chefredakteur ist das bewusst. Obwohl die Redaktion bemüht sei, in Überschriften nicht zu skandalisieren und nicht das Negative in den Vordergrund zu stellen, gelinge das nicht immer. Er sagt: „Wir machen das oft nicht gut. Die Welt ist - gerade bei uns in Deutschland - so viel besser, als wir das häufig darstellen.“

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