Das Vertrauen in die Sicherheit der Rente gerät ins Wanken – zumindest für einige Mitglieder der hessischen Ärztekammer. Denn das dortige Versorgungswerk musste nach Informationen des Handelsblatts offenbar erhebliche Verluste durch riskante Immobilienprojekte verbuchen – mit potenziellen Folgen für die künftige Rentenhöhe der Mitglieder. Doch was sind Versorgungswerke eigentlich – und welche Vorteile und Risiken bergen sie hinsichtlich der Rente?
Versorgungswerke in Deutschland - Was ist das und wie beeinflusst es die Rente?
In Deutschland gibt es berufsständische Versorgungswerke. Sie sind öffentlich-rechtliche Pflichtversorgungseinrichtungen für sogenannte „verkammerte“ freie Berufe wie Ärzte, Apotheker, Architekten oder Rechtsanwälte. Wer zu diesen Berufsgruppen gehört, ist gesetzlich verpflichtet, dort Mitglied zu werden – ein Wechsel ist nur bei berufsbedingtem Standortwechsel möglich, wie das Informationsportal der Deutschen Rentenversicherung ihre-vorsorge.de erklärt.
Anders als die gesetzliche Rentenversicherung funktionieren Versorgungswerke nicht nach dem Umlageverfahren, sondern auf Basis des Kapitaldeckungsverfahrens, heißt es bei der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb). Das bedeutet: Beiträge für die Rente werden angespart und kapitalbildend investiert, aus den Erträgen werden später Renten bezahlt. Es gibt keine staatlichen Zuschüsse – was bedeutet, dass das Risiko der Anlagen vollständig bei den Mitgliedern liegt.
Rente durch Versorgungswerk - Hohe Renten, aber auch hohe Risiken
In der Regel fallen die Renten aus Versorgungswerken höher aus als in der gesetzlichen Rentenversicherung, weil auch die Beiträge höher sind und sich durch freiwillige Höherversicherungen oder bessere Kapitalrenditen zusätzliche Vorteile ergeben. Doch genau diese Kapitalrendite ist es, die nun für Ärger sorgt.
Denn die Ärzteversorgung in Hessen hat in den vergangenen Jahren in sogenannte Mezzanine-Finanzierungen investiert – eine riskante Mischform aus Eigen- und Fremdkapital, häufig ohne Sicherheiten, aber mit Aussicht auf hohe Zinsen. Dies ergaben Recherchen des Handelsblattes, welche dieses in einem Artikel teilte.
Rente weg? Fast 300 Millionen Euro abgeschrieben
Was eher nach einem Finanzierungsmodell für Profis klingt, entpuppte sich für das hessische Versorgungswerk rückblickend als riskantes Investment, wie die Recherchen der Zeitung zeigen. Über eine eigens gegründete Zweckgesellschaft namens „Collect“ wurden verbrieften Immobilienfinanzierungen gebündelt – darunter auch Projekte mittlerweile insolventer Entwickler wie der Gerch Group, Development Partner oder Eyemaxx, schreibt das Handelsblatt.
Im Ergebnis musste das Versorgungswerk im Jahr 2023 außerplanmäßige Abschreibungen in Höhe von knapp 300 Millionen Euro vornehmen – laut Bericht rund 256,6 Millionen Euro davon allein auf Wertpapiere, die über „Collect“ liefen. Der Bilanzverlust betrug demnach 47,4 Millionen Euro – das zweite Mal in über 50 Jahren, dass das Werk ein Jahr negativ abschloss.
Wie das Handelsblatt schreibt, sei das Problem nicht ausgestanden: Auch für 2024 werden weitere Abschreibungen erwartet, wie das Versorgungswerk selbst der Zeitung bestätigte. Zwar heißt es, diese könnten durch andere Anlagen ausgeglichen werden – ob das jedoch dauerhaft gelingt, ist zum derzeitigen Stand noch offen.
Was bedeutet das jetzt für Rentnerinnen und Rentner? Auch wenn keine sofortigen Rentenkürzungen angekündigt wurden, ist klar: Versorgungswerke sind nicht verpflichtet, feste Rentenzusagen zu garantieren. Verluste können theoretisch über Rentenanpassungen, Beitragserhöhungen oder Leistungskürzungen ausgeglichen werden. Eine Anpassung der Renten erfolgt nicht automatisch wie bei der gesetzlichen Rente, sondern je nach Satzung des jeweiligen Versorgungswerks – oft liegt sie bei null bis einem Prozent jährlich, was unterhalb der Inflation liegt, erläutert merkur.de in einem Beitrag.
Wie das Versorgungswerk mit den Verlusten umgeht, wird daher entscheidend dafür sein, ob und wie stark es zu Rentenkürzungen kommt. Zumindest wurde Anfang 2024 die eigene Anlagepolitik überarbeitet, neue Verträge für Mezzanine-Finanzierungen werden nicht mehr abgeschlossen, heißt es im Handelsblatt-Bericht.
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