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Bürgergeld: Bürgergeld und Geringverdiener im Vergleich - Arbeit lohnt sich laut ifo-Institut noch

Bürgergeld

Bürgergeld und Geringverdiener im Vergleich - Arbeit lohnt sich laut ifo-Institut noch

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    Haben Geringverdiener mehr Geld als Bürgergeld-Empfänger zur Verfügung? Eine Rechnung des ifo-Instituts legt dies nahe.
    Haben Geringverdiener mehr Geld als Bürgergeld-Empfänger zur Verfügung? Eine Rechnung des ifo-Instituts legt dies nahe. Foto: Karl-Josef Hildenbrand, dpa (Symbolbild)

    Das Bürgergeld hat im vergangenen Jahr Hartz IV abgelöst und steht seit seiner Einführung in der Kritik. Die Debatte wurde jüngst nur noch hitziger geführt, weil das Bürgergeld zum 1. Januar 2024 um rund 60 Euro erhöht wurde. Kritiker argumentieren, dass diese Erhöhung die Arbeitsmotivation, insbesondere bei Geringverdienern, untergraben könnte. Doch eine Analyse des ifo-Instituts (Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung), die bereits im Januar 2024 veröffentlicht wurde und vom Südwestdeutschen Rundfunk (SWR) in Auftrag gegeben wurde, entkräftet die Bedenken. Was genau das Institut errechnet hat und wie stark der Unterschied zwischen Bürgergeld-Empfängern und Geringverdienern ist, erfahren Sie in diesem Artikel.

    Bürgergeld und Geringverdiener im Vergleich - Arbeit lohnt sich laut ifo-Institut noch

    Das ifo-Institut hat seine Berechnung für den SWR an dem Beispiel einer Frau aus Baden-Württemberg festgemacht. Nevin Koca ist Bürgergeld-Empfängerin und hat zwei Töchter. Nach eigenen Angaben hat sie im Monat rund 1.580 Euro für sich und ihre Familie zur Verfügung.

    Die Situation von Koca ist repräsentativ für viele Bürgergeld-Empfänger in Deutschland. Laut SWR sind in Baden-Württemberg etwa 500.000 Menschen auf Bürgergeld angewiesen. Die Mehrheit dieser Empfänger sind bereits erwerbstätig, müssen jedoch ihren Lohn mit Bürgergeld aufbessern. Das Bürgergeld sei in diesen Fällen eher als Ergänzung zu einem unzureichenden Einkommen zu sehen, als dass es die Arbeitsmotivation untergräbt. 

    Eine Studie des ifo-Instituts, die auch von tagesschau.de zitiert wird, stützt diese Sichtweise. Die Analyse zeigt, dass Haushalte, in denen Vollzeit zum Mindestlohn gearbeitet wird, deutlich mehr verdienen als Haushalte, die ausschließlich Bürgergeld beziehen. Für Alleinstehende, die in Vollzeit arbeiten, liegt das Einkommen im Durchschnitt 532 Euro höher als das Bürgergeld. Bei Familien mit drei Kindern steigt dieser Mehrverdienst auf zwischen 429 und 771 Euro, abhängig vom Alter der Kinder.

    Geringverdiener statt Bürgergeld-Empfänger - So viel mehr ist möglich

    Ein Grund dafür ist auch, dass Geringverdiener Anspruch auf Sozialleistungen haben. Ein Geringverdiener, der nicht mehr Geld habe, als ein Bürgergeld-Empfänger, kann Wohngeld und Kinderzuschlag erhalten. Nutzt man diese Leistungen allerdings nicht, habe man unter Umständen tatsächlich nicht viel mehr Geld im Monat zur Verfügung als jemand, der Bürgergeld bezieht, bestätigt das ifo-Institut. 

    Wenn Nevin Koca eine Beschäftigung aufnehmen würde, bei der sie den Mindestlohn verdient, würde sich ihre finanzielle Situation auch durch Wohngeld und Kinderzuschlag ändern. Laut der Berechnung des ifo-Instituts hätte sie, selbst wenn sie aufgrund der Betreuung ihrer Kinder nur halbtags arbeiten könnte, am Ende des Monats etwa 330 Euro mehr zur Verfügung. Koca wäre als Geringverdienerin mit einem Halbtagsjob also finanziell besser gestellt, als in ihrer aktuellen Situation als Bürgergeldempfängerin.

    Ob der Anreiz bei Bürgergeld-Empfängern noch genug ist, steht allerdings auf einem anderen Blatt. Gegenüber tagesschau.de berichtete Hermann Leimgruber, Inhaber einer Bäckerei mit 150 Angestellten in Tübingen von seinen Erlebnissen. Aktuell sieht sich Leimgruber mit einem Mangel an neuen Arbeitskräften konfrontiert. Seine Mitarbeiter müssten bereits um Mitternacht mit der Arbeit beginnen, um Schnecken und Torten vorzubereiten und es fiele ihm schwer, Personal für diese Nachtarbeit zu finden. Ohne ausländische Arbeitskräfte wäre der Fortbestand seines Betriebs gefährdet. 

    Leimgruber erkennt die Notwendigkeit des Bürgergeldes für diejenigen, die es zum Überleben brauchen, an. Gleichzeitig beobachte er allerdings Missbrauch des Sozialsystems. "Es kann nicht sein, dass dann einer kommt und sagt: Hey, mir reicht das Bürgergeld aus", wird der Bäckermeister bei tagesschau.de zitiert. Er berichtet gar von Fällen, in denen Personen ihm gegenüber geäußert hätten, sie würden höchstens schwarz für ihn arbeiten. Seine Erfahrungen scheinen sich mit einer brancheninternen Umfrage des Bundesinnungsverbands des Gebäudereiniger-Handwerks zu decken. Diese ergab: Bei 28 Prozent der befragten Betriebe hatte es bereits Kündigungen oder angekündigte Kündigungen mit Verweis auf das Bürgergeld gegeben. Viele Menschen scheinen den Eindruck zu haben, Arbeit würde sich im Angesicht der Bürgergeld-Zahlungen nicht mehr zu lohnen. (akh)

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