Vier Bundesländer – Schleswig-Holstein, Berlin, Rheinland-Pfalz und Thüringen – haben die Initiative ergriffen. Ihr Ziel: Ein gesetzlicher Anspruch auf Elterngeld für Pflegeeltern. Die Situation von Pflegeeltern in Deutschland wirft komplexe rechtliche und soziale Fragen auf. Aktuell haben sie nämlich nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz zwar einen Anspruch auf Elternzeit, jedoch keinen Anspruch auf Elterngeld. Diese Ungleichbehandlung gegenüber leiblichen und Adoptiveltern ist Gegenstand aktueller Beratungen im Bundesrat. Durch die Landesinitiative soll auch potenziellen Pflegeeltern der Weg geebnet werden.
Elterngeldreform: Politischer Vorstoß für Chancengleichheit
Sie nehmen ein Kind bei sich in der Familie auf, kümmern sich, investieren viel Zeit und mitunter Geld und sorgen dafür, dass das Leben des Pflegekinds wieder schön ist: Nach Angaben des Statistischen Bundesamts wuchsen im Jahr 2022 insgesamt über 207.000 junge Menschen im Heim oder bei einer Pflegefamilie auf. Auch wenn der Anteil an Kindern im Heim überwiegt, so lebten allein in Pflegefamilien 86.000 Kinder. Doch im Gegensatz zu leiblichen oder Adoptiveltern erhalten Pflegefamilien keine finanzielle Unterstützung in Form von Elterngeld.
Kein Elterngeld, wohl aber Elternzeit wird Pflegefamilien bisher zugestanden. Dabei ist Elterngeld für viele Erziehende eine fundamentale finanzielle Stütze, schließlich beläuft sich der Höchstbetrag auf bis zu 1800 Euro monatlich. Die Summe wird dabei vom Staat über die Elterngeldstellen der einzelnen Bundesländer ausgezahlt. Vorschläge zur Änderung des Elterngelds gab es politisch immer wieder, zuletzt etwa durch Pläne der Union. Bisher nicht oder kaum berücksichtigt wurden die Anliegen von Pflegefamilien. Durch die Länderinitiative soll sich das aber nun ändern.
Übrigens: Kürzung, Ausweitung oder gar das Aus? Geht es um das Elterngeld, gibt es zahlreiche Standpunkte. Der Blick über den deutschen Tellerrand hinaus zeigt: In Schweden erhalten beispielsweise sogar Oma und Opa Elterngeld, wenn sie die Enkel betreuen.
Pflegeeltern erhalten kein Elterngeld: Welche Folgen kann das haben?
Wie lässt sich das Elterngeld optimieren? Um die Leistungen zu verbessern, schwebt den vier eingangs genannten Bundesländern vor, die Ungleichbehandlung abzuschaffen. So hat der Bundesrat nun auf die Initiative der Länder hin eine Entschließung auf den Weg gebracht, die eine gesetzliche Verankerung des Elterngeldes für Pflegeeltern fordert.
Hintergrund seien die besonderen Herausforderungen, denen Pflegeeltern bei der Integration von Pflegekindern gegenüberstehen würden. Damit sich die betroffenen Kinder nämlich sicher fühlen und überhaupt erst eine richtige Verbindung zu den Kindern entstehen könne, benötigen die Pflegeeltern allen voran Zeit. Gerade im ersten Jahr nach der Aufnahme sei ein „Schonraum“ nötig – doch durch die meist berufliche Auszeit klaffe eine finanzielle Lücke. Haben die Pflegeeltern jedoch keine Zeit, weil sie eben auf dieses Einkommen angewiesen sind, falle es im Zweifel entsprechend schwer, auf soziale, psychische oder physische Besonderheiten des Kinds adäquat einzugehen.
Pflegeeltern: Wie beabsichtigt die Bundesregierung ihnen entgegenzukommen?
Ein weiterer erhoffter Effekt der Elterngeldanpassung: Weil, so heißt es vom Bundesrat, „einer sinkenden Zahl von Pflegeeltern ein stetig steigender Bedarf gegenübersteht“, könne Elterngeld für Pflegefamilien entscheidend beitragen, dass die Anzahl der Pflegeeltern wieder steigt. Denn viele Familien und Alleinerziehende würden sich aus wirtschaftlichen Gründen gegen die Aufnahme eines Kindes entscheiden, schließlich sei das mit dem Risiko verbunden, die eigene Arbeit einzuschränken und direkt aussetzen zu müssen.
In der Stellungnahme der Bundesregierung zur Entschließung des Bundesrates „Elterngeldanspruch auch für Pflegeeltern“ hält die parlamentarische Staatssekretärin Ekin Deligöz fest: „Die Bundesregierung erkennt die bedeutende Rolle an, die Pflegeeltern für Kinder in schwierigen Lebenssituationen spielen. Ihr Engagement verdient höchste Wertschätzung und Unterstützung.“ Pflegeeltern würden ihren Ausführungen nach einiges leisten:
- Dem Kind ein sicheres und stabiles Zuhause bieten.
- Unterstützung und Geborgenheit sicherstellen.
- Die Entwicklung und das Wohl entscheidend mitprägen.
- Den Bedarf an familiärer Betreuung decken.
- Viel Engagement und Empathie bei oft „komplexen Herausforderungen“ aufbringen.
Die Bundesregierung werde nun „intensiv prüfen“, inwieweit sich die Maßnahme umsetzen lasse. So müsse unter anderem geschaut werden, wie sich der Anspruch auf Elterngeld mit bestehenden Unterstützungsleistungen für Pflegefamilien und auch dem Bundeshaushalt vereinbaren lasse. Als nächsten Schritt werde man sich mit den Ländern austauschen, die auf ihrer Ebene bereits „elterngeldähnlichen Leistungen für Pflegeeltern“ eingeführt haben. Einziger Wermutstropfen für betroffene Pflegefamilien: Es existieren keine gesetzlichen Fristen für eine Umsetzung.
Übrigens: Eine längere Elternzeit wirkt sich nur kurzfristig auf Betriebe aus.
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