Sex kaufen - in Deutschland ist das erlaubt. CDU und CSU forderten im vergangenen Jahr ein neues Gesetz. Sie wollen den Kauf sexueller Dienstleistungen verbieten und Freier bestrafen. Ziel soll der Schutz vor Ausbeutung und Menschenhandel sein. Die Gegenseite warnt vor einer Verlagerung in die Illegalität. Aber was sagen diejenigen dazu, um die es in der Diskussion geht? Und wie unterscheiden sich die Perspektiven?
Diesen Fragen will eine zweiteilige Doku-Reihe auf den Grund gehen. Heute ab 20.15 Uhr laufen die beiden Filme «Sex kaufen - Wer zahlt den Preis?» und «Sex kaufen - Für alle verbieten?» nacheinander auf 3sat. Die Doku-Reihe von Lisa Altmeier widmet sich den Fragen rund um Prostitution und Gesetzgebung und wurde erstmals 2024 ausgestrahlt.
30.600 Menschen arbeiten offiziell in der Prostitution
Prostitution war früher sittenwidrig. 2002 wurde sie unter der Rot-Grünen-Bundesregierung legal. Rund 30.600 Menschen arbeiten in Deutschland offiziell in der Prostitution. Die tatsächliche Zahl liegt aber wahrscheinlich sehr viel höher.
Klar ist jedoch: 80 Prozent der gemeldeten Personen haben keine deutsche Staatsbürgerschaft. Vor Corona waren noch etwa 10.000 mehr Menschen offiziell in der Prostitution gemeldet. Während des zeitweisen Verbots seien viele aus der Statistik verschwunden, heißt es.
Sexarbeiterin Tamara kommt in der Dokumentation zu Wort. Sie heißt eigentlich anders und arbeitet seit wenigen Monaten in einem Berliner Bordell von Betreiber Aurel Marx. Die Frauen arbeiten hier als Selbstständige und zahlen Raummiete an Marx. Für sie sei das hier ein ganz normaler Job, sagt Tamara.
«Die Hure bleibt fast immer Hure»
Aber sie sagt auch: «Ich möchte das nicht für immer machen. Ich möchte auch irgendwann Familie haben, Kinder haben, dies, das. Das passt dann nicht so zusammen.» Das ist der Plan vieler Frauen. Hausdame Maria sagt, das sei selten realistisch: «Die Hure bleibt fast immer Hure.»
Ein Verbot wäre «scheiße», findet Maria. Sie ist sich sicher, das Risiko für Krankheiten würde steigen. Die Gefahr von Zuhälterei und Gewalt gegenüber Frauen in der Prostitution auch. Maria sagt, dass viele der Frauen dann sicher in der Straßenprostitution landen würden.
«Ich war ein leichtes Opfer»
Doch es gibt auch andere Stimmen in der 3sat-Reihe: Anna und Natalja - auch ihre Namen sind geändert - kommen aus Osteuropa und sind ehemalige Zwangsprostituierte. Frauen wie sie arbeiten oft in legalen deutschen Bordellen, aber unter Zwang. Beide leben nun in einem Schutzhaus.
Anna erzählt, sie habe sich als Jugendliche ohne Eltern um ihre Geschwister kümmern müssen und sei so in der Prostitution gelandet. «Ich war ein leichtes Opfer für diesen Mann, der mich manipuliert hat.» Der Mann brachte sie unter falschen Versprechungen nach Deutschland, spielte ihr Liebe vor und zwang sie so mit der sogenannten Loverboy-Masche in die Prostitution.
Auch Natalja ist aus der Zwangsprostitution geflohen. «Es hat sich angefühlt wie eine Vergewaltigung, wie eine lange Vergewaltigung und mein Körper hat auch starke Folgen von diesem unfreiwilligen Sex. Wenn ich die Chance hätte, würde ich meinen Körper abschneiden und wegschmeißen», sagt sie. Ein mögliches Verbot fände Natalja gut. «Das wäre sehr, sehr gut, denn das heißt, die Frauen würden sich eine andere Arbeit suchen.»
Sexarbeit als Spiegel der Gesellschaft
Laut Schätzungen der Polizeigewerkschaft arbeiten rund 90 Prozent der Frauen nicht freiwillig in der Prostitution, heißt es im zweiten Teil der Doku. Eine belastbare Datengrundlage gebe es dafür nicht.
Stephanie Klee hält diese Zahlen für falsch. Klee hat schon in Bordellen, Wohnungen und auf der Straße gearbeitet. Inzwischen ist sie Sexualassistentin, zum Beispiel in Seniorenresidenzen, Hospizen und Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen. «Wir Sexarbeitsaktivistinnen, haben schon immer gesagt, alle Zahlen, die genannt werden, sind falsch», sagt sie.
«Ich sage immer, Sexarbeit ist ein Spiegelbild der Gesellschaft. Das heißt, alle Probleme und Ungleichheiten, die wir in der Gesellschaft haben, finden wir natürlich auch in der Sexarbeit.» Sie fordert mehr Sozialarbeiterinnen und ein gesellschaftliches Klima, in dem man sich nicht für Sexarbeit schämen müsse.