In dieser Woche werden wieder Nobelpreise verliehen. Erst stehen mit der Medizin, Physik und Chemie die klassischen Wissenschaften im Rampenlicht. Vom Fortschrittsoptimismus vor 125 Jahren, für den Alfred Nobel mit seiner Stiftung stand, sind wir im frühen 21. Jahrhundert weit entfernt, auch wenn die Wissenschaft Bahnbrechendes erforscht. Stattdessen breiten sich Skepsis und in manchen Kreisen Wissenschaftsfeindlichkeit aus. Damit wird das Fundament bedroht, auf denen die modernen Gesellschaften ruhen.
Ein Blick in die USA genügt, um das Ausmaß zu verstehen. Jahrzehnte waren die USA für Wissenschaftler das gelobte Land: die besten Forschungsbedingungen, die besten Universitäten, die besten Studenten. Nun bekämpft US-Präsident Donald Trump seine Elite-Unis, werden die Bedingungen für ein Studium in den USA absurd erschwert, kommen ganze Disziplinen wie die Klimaforschung in den Generalverdacht, weil der Klimawandel der US-Regierung nicht in den Kram passt. Außerdem sollen mühsam gewonnene historische Einsichten in den strukturellen Rassismus der USA und die beinahe Auslöschung der indigenen Völker aus staatlichen Museen getilgt werden, weil das als „woke“ gebrandmarkt wird. Das kommt einem Generalangriff auf die freien Wissenschaften gleich.
Wissenschaftsfeindlichkeit ist auch in Deutschland auszumachen
Während die Pandemie gewütet hat, war auch in Deutschland auszumachen, wie wissenschaftliche Erkenntnis über das Corona-Virus mit politischen Mitteln bekämpft wurde. Ins Visier gerieten auch die Wissenschaftler als Personen, um deren Forschungsergebnisse zu diskreditieren. Gleichzeitig wurden die Wissenschaftler für die gravierenden politischen Entscheidungen, etwa Schulschließungen und Lockdowns verantwortlich gemacht, auch wenn Politiker alles entschieden haben. Wenn zwei Jahre nach dem Ende der Pandemie viele überzeugt sind, dass die Corona-Maßnahmen übertrieben waren, geht das oft mit der Überzeugung einher, dass die wissenschaftliche Forschung geirrt habe. Dass das eine mit dem anderen nur bedingt etwas zu tun hatte, wird unterschlagen.
Wissenschaftliche Erkenntnis lässt sich nicht leugnen, das hat eine Großorganisation wie die katholische Kirche vor Jahrhunderten erleben müssen, als sie erfolglos das kopernikanische Weltbild bekämpfte. Wenn heute im politischen Diskurs von manchen Seiten an den bahnbrechenden Erkenntnissen der Klimaforschung gezweifelt wird, mutet der politische Kampf gegen die wissenschaftliche Erkenntnis ähnlich an. Politische Ränkespiele verhindern den nächsten Jahrhundert-Starkregen oder die nächste Rekordhitzewelle nicht. Was passieren kann, ist allerdings, dass Menschen, Dörfer und Städte keine Vorsorge dagegen treffen.
Wer Wissenschaftler überzeugen möchte, braucht starke, überprüfbare Argumente
Wer die Klimawissenschaftler davon überzeugen möchte, dass es den vom Menschen herbeigeführten Klimawandel nicht gibt, muss dafür überzeugende wissenschaftliche Theorien vorlegen. Denn die moderne Wissenschaft ist grundsätzlich dazu in der Lage, ihre Fehler zu verbessern, wenn es überzeugende und überprüfbare Argumente dafür gibt.
Wir tun als Gesellschaft gut daran, die freie Wissenschaft zu fördern – und ihre Forschung ernst zu nehmen. Die Wissensspeicher sind prall gefüllt. Wer in seiner Schulzeit noch gelernt hat, dass die Elementarteilchen Neutronen, Protonen und Elektronen sind, könnte sich einmal einlesen darin, was es mit Quarks, Leptonen und Bosonen auf sich hat.
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