Wer kennt ihn nicht, den Görauer Anger, das beliebte Ausflugsziel im östlichen Teil des Landkreises Lichtenfels, dem Weismainer Jura. Nicht nur an schönen Tagen, sondern bei allen Wetterlagen, trifft man hier naturbegeisterte Menschen, meist auch in Gruppen. Denn viele schätzen nicht nur den herrlichen Ausblick, sondern auch die guten Wandervoraussetzungen auf dem leicht begehbaren Steppenrasen.
Anreiz bietet auch das Landschaftsschutzgebiet durch die Sperrung für den öffentlichen Verkehr. Dieses, vielleicht für Fremde noch nicht bekannte Gebiet, zu erwandern, seine Dörfer und Sehenswürdigkeiten vorzustellen, ist deshalb Ziel dieses Wandervorschlags.
Das Ränzlein geschnürt, gefüllt mit etwas Getränken und Wegezehrung, trifft man sich am besten nach einen kräftigen Frühstück in Weismain, auf dem Parkplatz links des neuen Radweges nach Krassach und Niesten.
Mit halbwegs festem Schuhzeug gerüstet, wegen der herbstlichen Zeit, geht es dann auf festen, begehbaren Wegen, vorerst dem Ort Niesten entgegen und von dort führt der Weg dann nach Görau.
Auf dem Niestener Burgberg
Nach Niesten, dem beschaulichen Dörflein am Fuße der ehemaligen Burgruine, sind es nur wenige 100 Meter. Beschaulich fällt hier der Blick, rechts des Weges, auf das fast zahme Damwild nahe einer Weiheranlage, die wie ein kleiner Bergsee wirkt und sich an den Hang des Neudorfer Berges schmiegt.
Für den Ungeübten anfangs etwas anstrengend, fühlt sich der Anstieg nach Görau in den Beinen an. Oberhalb von Niesten ergibt sich das erste Wanderziel, die Möglichkeit zur Besichtigung des Burgbergs, der nur noch als eine überwachsene Ruine zu sehen ist.
Doch die Belohnung des Anstieges ist ein schöner Ausblick auf das Städtlein Weismain und aus der Vogelperspektive gesehen, auch auf Niesten, in dem es der Erzählung nach keine Spatzen geben solle. Doch umso mehr tummeln sich die Ziegen am Hang, die fast zutraulich auf jeden der Besucher zugehen.
Schnell vergeht die Zeit, um auf dem schönen Schotterweg das Dörflein Görau zu erreichen. Das sonnige Reihendorf, durch seine leichte Hanglage dem Süden zugeneigt, beherbergt neben seinen freundlichen Menschen nicht nur ein kleines beschauliches Bergkirchlein, sondern pflegt auch noch das Korbmacherhandwerk. Wer sich dafür interessiert, kann dem Meister bei seiner Arbeit über die Schulter schauen und auch das eine oder andere Produkt aus erster Hand erstehen.
In punkto Heimatpflege, sorgt in Görau auch ein rühriger Ortsverein noch für den Erhalt von Brauchtum und Pflege alter Kulturgüter im Dorf. Ein seltener Anblick dürfte für viele Wanderer am Ortsausgang auch die im Bergstein gehauene Friedhofanlage mit der Aussegnungskapelle sein, die wohl auf dem Jura einmalig ist und Hobbyfotografen fasziniert.
Vom Aufstieg aus dem Weismainer Tal leicht erhitzt, heißt es nun den Umhang schließen und die Ohren zu schützen, denn meist weht im Herbst ein leichter bis starker Wind über die Höhen des Görauer Anger, den man im Volksmund auch „Ranga“ (Anger) nennt. Gleich hinter dem Friedhof erhebt sich eine Anhöhe, die landwirtschaftlich genutzt wird und sich in ihren Auslauf nach Osten hinzieht, wo sie in eine Felsengruppe übergeht.
Fast sonderbar ist es, dass die kleine Kirche des Ortes auch ein Altarbild von der Ansicht dieses Landschaftteiles schmückt, das man bei deren Bau im Jahre 1939 übernahm und das sich zu bewundern lohnt.
Auf der Höhe treffen sich die bis dahin zweigeteilten Wege wieder zu einem, die sich am Ortsausgang teilten. Folgt man dem linken Wegeverlauf, der 500 Meter weiter nach Buchau abzweigt, so ergibt sich an der Abbiegung im Wald die Möglichkeit, ein vorchristliches Gräberfeld zu besichtigen.
Hier zeigt sich der Görauer Anger mit seiner wunderbaren Aussicht. Der Blick reicht weit bis in den Frankenwald, Thüringerwald, das Fichtelgebirge und die Fränkische Schweiz. Fast 3,5 Kilometer lang kann der Wanderer nun diese Natur genießen. Wie auf gefederten Füßen geht man auf dem Rasenweg, besetzt mit Bergkiefern und Steppengras, den Felsengruppen mit dem Steilabfall zum Maintal, der sich bis nach Zultenberg hinzieht.
Skilift und Skihütte
Auf halbem Wege, begegnen dem aufmerksamen Wanderer Relikte aus dem Zweiten Weltkrieg. Tiefe Sprenglöcher sowie ein kleines Kinder-Ehrenmal, das an einen Granatunfall erinnert, stimmen nachdenklich in der heutigen, eigentlich friedlichen Zeit.
Zultenberg, einst Bestandteil des Landkreises Lichtenfels, seit der Gebietsreform zu Kulmbach gehörend, zeigt sich seinen Besuchern markant durch seine Linden- und Kastanienbäume. Ein Skilift erinnert an einst kältere Winter. Letztere spornten damals auch zur Gründung eines Skiclubes an, der in seiner schmucken Wanderhütte allen Vereinen und Gruppen Einkehr bietet – allerdings nur in Tagesmiete und eigener Verpflegung.
Zirka neun Kilometer Wegestrecke ab Weismain sind bisher nach Zultenberg geschafft, so dürfte nun der Ruf nach einer Gaststätte bei manchem Wanderer lauter werden. Im Ort kann er auch einkehren. Genug der schönen Aussicht und des Rastens – liegen nun noch Seubersdorf, mit dem sechs Kilometer entfernten Modschiedel vor dem Ziel der Tageswanderung.
Überrascht über die von der Natur vorgegebenen Wege, stößt man im Endspurt ab Zultenberg auf einen neuen Flurbereinigungsweg, der in westlicher Richtung nach Seubersdorf führt. Bei günstiger Wetterlage, sind von dort meist auch die Glocken des Kirchleins zu hören, die nach dem Tagesablauf der Strecke bestimmt schon auf den späten Nachmittag hinweisen.
Ist Seubersdorf passiert, so sind es nur noch knapp 30 Minuten bis zum Kirchdorf Modschiedel. Der größere Ort mit seinen schmucken Häusern, zwei Gaststätten, Cafe und einer Diskothek. So gibt es hier wieder Ausgleich und Anreiz auf weitere neue Taten, bei einem Gläschen Bier und guten Abendessen, nach einem erlebnisreichen Wandertag in Gottes schöner Natur, im Weismainer Juragebirge.