Das Bürgerbegehren gegen Windräder auf Hollfelder Gebiet ist gescheitert. Das Ratsbegehren für Windräder auch. Beide bekamen bei der Wahl am vergangenen Wochenende nicht die erforderlichen 20 Prozent der Stimmen aller Wahlberechtigten (siehe Infokasten). Die Windkraftgegner wollen sich mit dem Ergebnis wohl nicht abfinden.
Der Streit ist auch nach dem Bürgerbegehren keineswegs ausgestanden. Die Windkraftgegner fühlen sich betrogen. Von Tricksereien und einem Mysterium ist die Rede. Kurz: Die Bürgerinitiative Gegenwind will klagen.
Am Sonntag hatte der Stadtrat die rund 4300 wahlberechtigten Hollfelder gefragt, ob er sich weiter für den Bau von Windrädern im Stadtgebiet stark machen soll. Die Bürgerinitiative Gegenwind wollte im Umkehrschluss wissen, ob die Stadt solche Anlagen nicht eher verhindern solle. Die Windkraftgegner haben knapp das Rennen gemacht. Und trotzdem hat künftig der Stadtrat freie Hand. Weil die Bürgerinitiative 75 Stimmen zu wenig bekommen hat. Dabei haben genügend Wähler ihre Kreuzchen gemacht. 193 von ihnen aber scheinbar falsch. So viele Stimmen sollen nämlich ungültig gewesen sein. 150 davon alleine beim Bürgerentscheid.
Das Bürgerbegehren sei absichtlich kompliziert gehalten worden, sagt Edwin Bergmann aus Fesselsdorf, der Sprecher der Initiative. Und er nennt Belege dafür, dass die Initiative benachteiligt worden sei: „Wir hätten das Recht gehabt, an erster Stelle zu stehen.“ Er meint damit, dass auf dem Wahlzettel zuerst die Meinung nach dem Ratsentscheid gefragt war und erst dann die zum Bürgerentscheid. „Dabei haben wir das Bürgerbegehren angestoßen“, sagt Bergmann. Die Folge: Von den 150 ungültigen Stimmen verfielen die meisten offenbar deswegen, weil Wähler annahmen, ihre Meinung mit einem Nein zum Ratsentscheid bereits ausreichend kundgetan zu haben. Die Frage der Bürgerinitiative wurde dann gar nicht mehr beantwortet. 75 der 150 ungültigen Stimmen – das Gesetz schreibt 20 Prozent aller Wahlberechtigten vor – hätten aber gereicht um die Windkraftpläne der Stadt zu durchkreuzen.
„Es gibt keine Regel, wonach die Reihenfolge vorgeschrieben ist“, sagt Günther Bienfang, der Wahlleiter im Hollfelder Rathaus. Er erklärt, warum der Ratsentscheid vor dem Bürgerentscheid platziert wurde: „Die Initiative vertritt rund 700 Wahlberechtigte, der Stadtrat etwa 4300.“
„Tendenziell und polarisierend“
Auch Jürgen Klüpfel ist Mitglied der Bürgerinitiative. Auch er kritisiert die Wahl: „Die Verwaltung hat ohne Rücksprache den Wortlaut und damit auch den Sinn des Bürgerbegehrens verändert.“ Der Grund für Klüpfels Ärger: Auf dem Wahlzettel wurde der Bürgerentscheid nicht unter dem Stichwort „Gegenwind Hollfeld“ verkauft, sondern unter „Gegen Windkraft“. „Das ist tendenziell und polarisierend“, sagt Klüpfel. Dabei sei die Initiative keineswegs gegen jede Windkraftanlage, sondern nur gegen solche in Regionen mit überwiegend schwachem Wind.
Wahlleiter Bienfang gibt zu, sich nach Rücksprache mit Verwaltung und Landratsamt auf diese Zuspitzung verständigt zu haben. Um die durch das zusätzliche Ratsbegehren ohnehin schon komplizierte Wahl zu vereinfachen, wie er sagt. Gernot Geyer bestätigt, dass das Landratsamt die Wahlzettel geprüft habe. Er sagt: „Ob die Vereinfachung den Sinn verfälscht hat, muss gerichtlich geklärt werden.“ Der Wortlaut des Bürgerentscheids sei aber nicht verändert worden. Das dürfe die Stadt auch nicht. Dass so viele Stimmen ungültig gewesen sein sollen, nennen Klüpfel und Bergmann „mystisch“. Als ein „Tricksen ohne Ende“ bezeichnen sie, dass der Stadtrat dem Bürgerbegehren ein eigenes entgegenstellt und damit eine Stichfrage nötig macht. Dass die Verwaltung den Titel ändert und das Bürger- hinter das Ratsbegehren stellt. Die Windkraftgegner hoffen jetzt darauf, dass das Landratsamt die Wahl überprüft. Notfalls wollen sie vor das Verwaltungsgericht ziehen.
Gegenüber dem Obermain-Tagblatt befürchtete Bergmann, dass jetzt doch nahe der Landkreisgrenze bei Buckendorf Windräder gebaut werden könnten – eben einige hundert Meter entfernt auf Hollfelder Gebiet. Er forderte den Landkreis Bayreuth auf, im Vorranggebiet besonders die naturschutzrechtlichen Belange zu prüfen. „Im Lichtenfelser Gebiet haben genau die dazu geführt, dass keine Windräder erlaubt wurden. Ich glaube nicht, dass Uhu und Schwarzstorch, die hier siedeln, an der Landkreisgrenze zu Bayreuth halt machen werden“, so Bergmann.
Die Ergebnisse des Bürgerbegehrens
Sonntagabend, 18.50 Uhr im Hollfelder Rathausfoyer: Spannung liegt in der Luft. Viele Stadträte und vor allem Windkraftgegner waren gekommen, um die Auszählung zu verfolgen. Über einen Beamer wurden die Ergebnisse der Auszählungen aus den einzelnen Wahllokalen an die Wand geworfen.
Plötzlich große Aufregung. Beim Bürgerbegehren gegen Windkraft werden deutlich mehr ungültige Stimmen angezeigt als beim Ratsbegehren für Windkraft. „Der Wahlzettel ist nicht in Ordnung“, schimpft Jürgen Klüpfel. Er kommt aus Wonsees und hat sich den hiesigen Windradgegnern angeschlossen. Lautstark, wie sich im Rathaus zeigt.
Die Wogen wollen sich nicht glätten. Erst recht nicht, als das vorläufige Endergebnis feststeht. 857 Stimmen sind mindestens nötig, um die Wahl zu gewinnen. Das Ratsbegehren für Windkraft geht mit 809 Ja- und 749 Nein-Stimmen aus. Das Bürgerbegehren gegen Windkraft endet mit 782 Ja- zu 669 Nein-Stimmen.
Also muss die Stichfrage entscheiden. Hier haben die Windkraftgegner mit 787:772 Stimmen die Nase vorne. Der Sieg bringt nichts. Denn es sind nicht die notwendigen 20 Prozent der Wählerstimmen. Der Stadtrat kann also frei entscheiden, wie es mit der Windkraft in Hollfeld weitergehen soll.
„Da waren sehr viel Emotionen drin“, sagt Bürgermeisterin Karin Barwisch. Dass der Weg für die Windkraft jetzt theoretisch frei ist, wertet sie als „Sieg für die Energiewende“. Sie wünscht sich, dass es weitergeht mit der Bürger-Energiegenossenschaft, die in Hollfeld in Windkraft investieren will.