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WEISMAIN: Über „Bacchus“ lacht auch die Steiermark

WEISMAIN

Über „Bacchus“ lacht auch die Steiermark

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    Esst Zwiebel, Kraut in hohem Maß und schafft euch euer eigenes Gas: Beschirmt von Gattin Barbara trat Büttenredner Franz Besold vor kurzem in Leutschach/Steiermark auf.
    Esst Zwiebel, Kraut in hohem Maß und schafft euch euer eigenes Gas: Beschirmt von Gattin Barbara trat Büttenredner Franz Besold vor kurzem in Leutschach/Steiermark auf. Foto: Stefan Lutter

    Im Landkreis kennen ihn die meisten vermutlich immer noch als Weismainer „Till“. Überregional sorgt Büttenredner Franz Besold zurzeit als „Bacchus“ für Furore. Mit güldener Perücke und Rebenkostüm schenkt er Narren reinen Wein ein. Und das nicht nur hauptsächlich in Unter- und Mittelfranken, sondern vor kurzem sogar in Österreich.

    „Auch ihr besingt gerne den griechischen Wein, man nennt ihn Retsina, geharzt muss er sein. Geharzter Wein, vermutlich Hartz vier, und wer ihn bezahlt, das seid letztlich ihr.“ Dieser Besold-Gag zieht überall. Bei der Burgkunstadter Prunksitzung genauso wie bei den „Knörreköpp“ in Oberdürrbach nahe Würzburg. Tusch und Gelächter für die närrische Attacke auf „das Völkchen der Griechen gleich unterm Olymp“ gab es auch vor knapp zwei Wochen bei seinem Auftritt in Leutschach in der Südsteiermark.

    Weinseliger Rundumschlag

    Auf Einladung des Faschingsgesellschaft „Feucht-fröhlich“ - Feucht unterhält eine Partnerschaft mit dem österreichischen Ort - absolvierte die Galionsfigur des Weismainer Faschings seine bisher am weitesten von der Heimat entfernte Show. Das Narrentum habe dort nicht den gleichen Stellenwert wie hierzulande, berichtet Franz Besold. Anstelle von Kostümen tragen die Zuschauer, unter ihnen auch die Politprominenz, Anzug und Abendgarderobe. Umso erfreulicher war es für ihn, dass sein nur scheinbar weinseliger Rundumschlag so gut ankam und er für 2017 erneut als Faschingsbotschafter gebucht wurde.

    Ob das Publikum ahnt, dass das Glas Wein, das er als mythologische Figur auf der Bühne schwenkt, mit Apfelsaft gefüllt ist? „Alles andere wäre nicht gut für die Konzentration“, sagt Besold schmunzelnd, der für den Mainleuser Carnevals-Club auftritt. Und wahrscheinlich auch nicht wegen der Reisestrapazen, die für ihn in der Faschingszeit anstehen. Insgesamt neun Mal verkörpert er den von Gattin Barbara als Engel beschirmten „Bacchus“.

    Zwischen Backstube und Auftritt

    Das anstrengendste Wochenende war das vergangene: Am frühen Abend stand er von 600 Leuten in Feucht auf der Bühne, setzte sich unmittelbar danach ins Auto, um noch vor Mitternacht in Zellerau in Würzburg den Weingott zu mimen. Zu Hause war er nach der anschließenden Party um fünf Uhr morgens. Um sieben Uhr stand der Konditormeister in der heimischen Backstube und machte sich elf Stunden lang zwischen Krapfen und Pralinen Gedanken für den Auftritt, der um 20.15 Uhr in Hirschaid folgen sollte.

    „Bis zu 400 Kilometer in einer Nacht. Man muss schon ein bisschen verrückt sein“, ist der 55-Jährige überzeugt. Faschingsverrücktheit, die aus seinem Antrieb entsteht, den er simpel als „Spaß auf der Bühne“ beschreibt. Die befeuert wird, wenn er mit Narren-Größen wie den „Allersberger Flecklas“, Peter Kuhn oder Sebastian Reich auftritt, die er früher im Publikum oder vor dem Fernseher sitzend bewundert hat. Oder wenn ihm Landtagspräsidentin Barbara Stamm nach der Büttenrede persönlich gratuliert - und das, obwohl er in seiner Reben-Rede das Bayern-Parlament als „Haderlumpen“ bezeichnet, dessen weibliche Form „Haderthauer“ sei.

    30 Jahre in der Bütt'

    Bedingt durch den Mehraufwand, hat sich Besolds Arbeitsweise in den vergangenen Jahren verändert, wobei ihm natürlich seine mehr als 30 Jahre Bütten-Erfahrung zugutekommen. Handschriftliche Reden gehören ebenso der Vergangenheit an wie die Zettel-Box, die früher für die Ideen-Sammlung diente. Heute tippt er seine Geistesblitze, die ihm nicht selten den Tag über bei der Arbeit kommen, am Abend in den Computer. Dort kann er Themenblöcke leicht hin- und herschieben, schließlich passt er seine „Bacchus“-Rede immer den Gegebenheiten an: „80 bis 90 Prozent“ des Textes bilden das Grundgerüst, der Rest ist Lokalkolorit, über den er sich vorher informiert. In Österreich beispielsweise verzichtete er zugunsten von Opernball und Maut auf Pegida und FDP.

    Statt Mundart verwendet er allgemein verständliches Hochdeutsch, hat aus frühen Auftritten in Unterfranken gelernt: „Die Leute wussten nicht, was ich mit ,Maa’ meine. Rund um Würzburg ist der Main der ,Mee’“. Als Ideal-Dauer seiner Rede, in der die Aufmerksamkeitsspanne nicht überschritten wird, haben sich 15 Minuten ergeben („Bei mir sind das je fünf Vierzeiler auf elf Seiten“).

    Die Verse gehen Franz Besold inzwischen spielerisch leicht von der Hand: „Die Leute denken immer, das Reimen ist das Schwierige. Dabei geht es um die Pointe. Ist die nicht gut, fliegt das ganze Thema raus“, verrät er. Manchmal gibt nur ein kleines Wort den Ausschlag. Wie bei dem Weingott-Vorschlag, Helene Fischer zur Kanzlerin zu machen, die ja fast besser als die Merkel aussehe. „Ohne das ,fast’ würde niemand lachen“, weiß Besold.

    Reden werden immer politischer

    „Der Fasching ist auch dazu da, sich über die Politik lustig zu machen.“ Je mehr Veranstaltungen er bestreitet, desto überzeugter ist Franz Besold von dieser Meinung. Als Gegengewicht zu immer mehr in den Vordergrund rückenden Musikdarbietungen und Tanzmariechen sind seine Reden im Laufe der Zeit immer politischer geworden.

    Zwar ziehen sich Wein und Alkohol wie ein roter Faden durch seinen „Bacchus“, etwa wenn er den Sitzungspräsidenten aufs Korn nimmt („Doch will mich scheinbar einer reizen, der Präsident trinkt Hefeweizen. Man sieht es letztlich deutlich hier: Schöner macht es nicht, das Bier“); auch der Sport kommt in Form von Uli Hoeneß („Lieber im Knast und viele Flöh, als im Keller so beim BVB“) oder dem führerscheinlosen Fußballer Marco Reus („Wenn so viel Dummheit Auto fährt, das ist nen Batzen Geld schon wert“) nicht zu kurz.

    „Man investiert hier unbestritten in hochmoderne Kinderkrippen, in Wickeltische bunt und flott, dafür sind unsere Panzer Schrott.“

    Vers zur Bundeswehr

    Der Schwerpunkt liegt aber eindeutig auf Welt- und Bundespolitik. Der Bacchus karikiert neben Thüringen-Wahl („Den Sozialismus in seinem Lauf, hält weder Ochs noch Merkel auf. Rot und Grün regiert mit links, und wartet nun schon neuerdings, das in Eisenach ganz rasant, ein neuer Wartburg rollt vom Band.“) und Bundeswehr („Man investiert hier unbestritten in hochmoderne Kinderkrippen, in Wickeltische bunt und flott, dafür sind unsere Panzer Schrott.“) auch das eingangs erwähnte Griechenland und hat Tipps gegen die Gasknappheit parat („Esst Zwiebel, Kraut in hohem Maß und schafft euch euer eigenes Gas“).

    Trotz seiner ausgedehnter „Tournee“ und dem Fokus auf die große Politik: Wichtig ist Franz Besold zu betonen, dass seine Aktivitäten nicht zu Lasten des Weismainer Faschings gehen. Angebote rund um den Faschingssonntag hat er ausgeschlagen, um sich auf seine Paraderolle als „Till“ zu konzentrieren. Und glaubt, dass diese Figur durch das Sammeln von Erfahrungen „nur profitieren kann“.

    Was bedeuten könnte, dass der Büttenredner diesmal am Weismainer Marktplatz auch den ein oder anderen Ösi-Witz zu besten gibt - über die auch die Franken gerne lachen.

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