
Am zweiten Weihnachtsfeiertag war in der Altenkunstadter Kleinkunstkneipe „Nepomuk“ Schicht im Schacht für die Kronach-Lichtenfelser Poppunkband „The Marples“. Das kollektive Jammern, Seufzen und Wehklagen blieb beim Weihnachtsfestival, das Brandy Schäck aus Peesten und das „Rock-im-Wald“-Team auf die Bühne gestellt hatten, aus. Und so kullerten auch keine Abschiedstränen über die Wangen der 500 Besucher, die vor lauter Entzücken rosarot glänzten. Die „Marples“ ließen im Konzertsaal, der aus allen Nähten platzte, eine bärenstarke Abschiedsshow vom Stapel, die im Publikum einen kollektiven Freudentaumel auslöste.
Zuckersüße Melodien aus 13 Jahren Bandgeschichte, wie „Dreamdealer“ oder „Miss You So“ sorgten dafür, dass die Fans auf „Poppunk-Wolke 7“ schwebten. Auch der Song zu ihrem preisgekrönten Video „Ice Truck Fuck Hardcore“ erlebte seine viel umjubelte Live-Premiere. Die Fans, darunter etliche, die am Video-Dreh teilgenommen hatten, dankten es ihren Idolen Frank Schneider (Gitarre und Gesang), Volker Hofmann (Bass und Gesang), Stefan Dütsch (Gitarre und Gesang) und Kai Tschierschky (Schlagzeug) mit einem selbst einstudierten Tanz.
Äußerlich merkte man beiden Seiten nichts an. Doch was ging in ihren Köpfen vor? „Eine schöne Zeit geht für mich mit einem weinenden und einem lachenden Auge zu Ende. Selbstverständlich werde ich die Gruppe vermissen, aber andererseits soll man aufhören, wenn es am schönsten ist“, machte Thomas Schunk aus seinem Herzen keine Mördergrube.
Der Sonneberger spielt in dem Musikclip den Serienmörder Buck und ist ein Fan der ersten Stunde. Sänger Frank Schneider wiederum ging beim Blick auf den vollen Saal das Herz auf: „Es ist ein erhabenes und schönes Gefühl vor 500 begeisterten Besuchern zu spielen.“
Nicht nur der Abschied auch das Wiedersehen machte an diesem Abend Freude und das gleich dreimal. „Es ist wie heimkommen. Mit dem ,Nepomuk‘ verbinde ich schöne Erinnerungen an tolle Weihnachtskonzerte mit Bands wie den ,Nice Boys‘ oder ,Sunburn‘“, strahlte Jürgen Hetz über das ganze Gesicht. Der Bassist, der einst in Burgkunstadt und Kulmbach gelebt hatte, brachte die Frankfurter Hardcore-Kapelle „Mein Kopf ist ein brutaler Ort“ mit, bei der er nach seinem Wegzug aus Oberfranken angedockt hatte.
Gleich mit zwei Sängern entfachte die Gruppe einen heftigen Rock?n?Roll-Orkan, der mit seinen donnernden Bässen, markerschütternden Schreien und rasiermesserscharfen Riffs zur Freude vieler Fans durch alle Glieder fuhr. Das löste nicht den besungenen Sturm im Wasserglas aus, sondern einen Sturm der Begeisterung.
Obgleich die Gruppe „Church Of Confidence“ aus Berlin stammt, nach mehreren Konzerten am Obermain, wurde auch aus dem jüngsten Gastspiel ein Heimspiel. Kein Wunder bei tanzbaren Ohrwürmern am laufenden Band, wie „All Or Nothing“ oder „Generation Earplugs“, die den Zuhörern Glücksgefühle bescherten.
Hardcore Gewitter
Der Abend endete, wie er begonnen hatte: Mit einem erstklassigen Hardcore-Gewitter. Dafür sorgte die Kulmbach-Altenkunstadter Formation „Arrested Mind“ bestehend aus Gitarrist Lars Bischoff, Bassist Bernd Walter, Schlagzeuger Simon Ries, Gitarrist Michael Thienel und Sänger Sascha Nießner. Auferstanden von den Toten, lassen es die Jungs seit diesem Jahr wieder gehörig krachen. Falten und Augenringe haben sich inzwischen in die Gesichter einiger Musiker eingebrannt, doch die Kultcombo aus den 90er Jahren des vorherigen Jahrhunderts rockt noch immer mit dem Elan aus alten Zeiten.
Unter Strom stand vor allem Sänger Sascha Nießner. Der donnernd-brachiale Sound löste in den ersten Reihen ein Zappelphilipp-Syndrom aus, das eindrucksvoll anzeigte: Der Hardcore-Virus hat ganze Arbeit geleistet.