John Hodian tupft an seinem Piano bedächtig Akkorde, die in Moll sanft dahinfließen, umwölkt vom mystischen Gesang seiner Ehefrau Bet Williams, die der atmosphärisch dicht gewebten Stimmung mit altgriechischen Vokabeln eine exotische Note verleiht. Das Fremde wirkt an diesem Mittwochabend im „TECnet Zentrum“ des Burgkunstadter Kleinkunstvereins „TECnet Obermain“ in Burkersdorf anziehend und verzaubernd. Doch die sanften Melodien gleichen der Ruhe vor dem Sturm, denn unvermittelt bricht ein bauchtanzartiger Rhythmus, erzeugt von Schlagzeuger und Perkussionist Mal Stein, über das Publikum herein. Dazu steigt die vier Oktaven umfassende, atemberaubende Stimme von Bet Williams wie eine Rakete in die höchsten Höhen.
Die Zuhörer erleben die Vertonung einer antiken Komödie, die der Dichter Aristophanes 414 vor Christus verfasst hat. Darin beschreibt er die Machtergreifung der Vögel mithilfe zweier Athener Exilanten. „Epiphany Project“ heißt das amerikanische Trio, das den 50 Zuhörern in der fast voll besetzten Kleinkunstbühne dieses musikalische Erlebnis beschert.
Emotionen und Sprachmagie
Williams arbeitet mit dem Klangbild fremder Sprachen, die sie fast schon wie ein Instrument benutzt, was ihrem Vortrag eine ganz besondere Note verleiht. Darüber hinaus ist es der faszinierende Sound des Trios – einem Parforceritt der Emotionen und der Improvisationen gleichend – der immer wieder aufs Neue die Sprachbarrieren einreißt. Man spürt, dass Musik eine universelle Sprache ist. Anstatt sich auf Worte zu konzentrieren, lässt man sich fallen in einen Klangteppich, der einen auf Abenteuerreise schickt. Die Künstler begeben sich auf ein Terrain, wie man es von Interpreten und Gruppen wie Loreena McKennitt oder „Dead Can Dance“ kennt. Diese Musik und ihre Texte verfügen über keine Grenzen, weder geografisch, noch stilistisch, thematisch oder zeitlich. Da wird der Briefwechsel zwischen dem zweiten amerikanischen Präsidenten John Adams und seiner Frau Abigail ebenso zur Quelle der Inspiration wie der Physiker Albert Einstein.
Williams und Hodian haben schon die halbe Welt bereist, immer auf der Suche nach interessanten Texten. In Armenien, dem Land seiner Vorfahren, wurde Hodian fündig. Hier stieß der mit dem Fernsehpreis Emmy ausgezeichnete Film- und Bühnenmusiker auf die Texte des armenischen Poeten und Priesters Mkrtich Nagash, der im späten Mittelalter vor der Obrigkeit ins Exil fliehen musste. In der Fremde reflektiert der Verstoßene seine Beziehung zu Gott. Ein Thema, wie es angesichts der Flüchtlingskrise, nicht aktueller sein könnte.
Für gewöhnlich lässt Hodian die Texte vom armenischen Naghash-Ensemble interpretieren. In Burkersdorf sind es Hodian, Williams und Stein, die einen Hauch von spiritueller Mystik verströmen.
Von der „Himmelfahrt“
Die von Williams als „Himmelfahrt“ angekündigte Weise wird zu einem Stück Musik, in dem sich Ekstase und hypnotisierende Kraft verbinden. Jetzt versteht der Zuhörer den Bezug zum Bandnamen, der sich auf die Epiphanie, das Erscheinen des Göttlichen in der Welt bezieht. Und die Besucher wurden Zeuge eines wahrhaft göttlichen Konzertes, wie man es nicht alle Tage erlebt.