Albert Lee trägt keinen Stetson und auch keine Cowboy-Stiefel. Denn schließlich bemisst sich die Qualität guter Musik nicht nach den Klamotten. Und die klang beim britischen Altmeister, der vor 40 Jahren Kalifornien zu seiner Wahlheimat auserkoren hatte, stark nach amerikanischer Country-Musik.
Nicht immer, denn schließlich ist der Künstler ein Hansdampf in allen Gassen, der sich einen feuchten Kehricht um Genre-Grenzen schert, der Rock, Blues und vor allem Rock?n?Roll genauso liebt wie den Sound aus Nashville. Das stellte er am Tag der deutschen Einheit im „TECnet Zentrum“ in Burkersdorf auf Einladung des Burgkunstadter Kleinkunstvereins „TECnet Obermain“ eindrucksvoll unter Beweis. Für die 70 Besucher war Lee mit seinem exzellenten Gitarrenspiel die Krönung des Feiertags.
„Er hat die Songs, die man von ihm erwartet, wie ,Luxury Liner‘ oder ,Country Boy‘ gespielt. Was will man als Fan mehr?“
Günter Zachert,
Fan aus Ebersdorf
Einen Musiker, der Größen der internationalen Musikszene, wie Emmylou Harris, Joe Cocker oder Jon Lord („Deep Purple“) auf ihren Alben oder Tourneen begleitet hat und seit 56 Jahren auf der Konzertbühne steht, erlebt man nicht alle Tage in der fränkischen Provinz. Einer, nach dem sogar eine Gitarre benannt ist: die „Albert Lee Signature“ der amerikanischen Firma Music Man. So kam es, dass die eingefleischten unter den Fans nicht ihr Idol, sondern dessen Markenzeichen, seine rote Gitarre, vor dem Konzert auf ihr Smart-Phone bannten.
„Ich bin bereit für den Rock?n?Roll und wenn es sein muss, dann spielen wir bis morgen früh um drei Uhr“, hallte es lautstark und im rockigen Ton durch das „TECnet Zentrum“. Das Versprechen aus dem altehrwürdigen, spritzigen Fats Domino-Klassiker „I?m Ready“ hielt Lee zwar nicht ein, aber dafür war es der vielversprechende Auftakt für ein kurzweiliges Konzert, das die Lebensgeister weckte, Emotionen auslöste und geistige Erbauung schenkte.
Sogar eine Gitarre nach ihm benannt
Gleich danach öffnete Lee, der einen Abend lang sein klares, präzises Gitarrenspiel zum Besten gab, das Schmuckkästchen der Country-Musik und heraus kam die fröhlich-entspannte Country-Musik-Perle „Two Step“, die wie Balsam auf die Seele war. Weitere hochkarätige Songs aus diesem Genre sollten folgen, wie das von Gram Parsons geschriebene und von Emmylou Harris bekannt gemachte „Luxury Liner“ oder seine wohl bekannteste Eigenkomposition „Country Boy“.
Bei diesem Lied gab er der Country-Musik gehörig die Sporen. Wieselflink flitzten seine Finger über den Hals seiner Gitarre. In Lees Innerstem brannte das Feuer der Leidenschaft, das den Zuhörer aufwühlte. Am Liebsten hätte man vor Freude gejodelt oder einem Cowboy gleich „Yippie Yeah“ gerufen. Doch die Fans bewahrten die Contenance. Genauso wie beim „Everly Brothers“-Klassiker „No One Can Make My Sunshine Smile“, bei der er seine nasale Bob Dylan-Stimme gegen einen schmachtenden Falsetto-Gesang eintauschte, so als wollte er den Zuhörern gehörig auf die Tränendrüsen drücken.
Ab und an glänzte der 72-jährige Lee auch als Pianist. Gemeinsam mit seinem ebenfalls wunderbar aufspielenden Keyboarder-Kollegen JT Thomas erzeugte er eine atmosphärische Dichte vom Feinsten. Bassist Will MacGregor und Schlagzeuger Jason Smith waren das rhythmische Fundament des erstklassigen Musikabends. Nur einen einzigen Wermutstropfen gab es beim Konzert in Burkersdorf: Bereits nach rund 90 Minuten war Schluss. Doch einen Lee-Fan wie Hans Günter Zachert aus Ebersdorf bei Coburg kann das nicht erschüttern: „Er hat die Songs, die man von ihm erwartet, wie ,Luxury Liner‘ oder ,Country Boy‘ gespielt. Was will man als Fan mehr?“